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„Kein Kommentar“ widmet sich der Aufklärung gegen die herrschenden Zwecke in Demokratie und Marktwirtschaft und gegen die Kumpanei der kritischen staatstragenden Medien. „Statt unnütze Systeme für das Glück der Völker aufzustellen, will ich mich darauf beschränken, die Gründe ihres Unglücks zu untersuchen.“ (Giammaria Ortes, zit. nach Karl Marx, Das Kapital)

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Das Produkt der Arbeit wird heutzutag verteilt im umgekehrten Verhältnis zur Arbeit – der größte Teil an die, die niemals arbeiten, der nächstgrößte an die, deren Arbeit fast nur nominell ist, und so, auf absteigender Skala, schrumpft die Belohnung zusammen, im Maße wie die Arbeit härter und unangenehmer wird, bis die ermüdendste und erschöpfendste körperliche Arbeit nicht mit Sicherheit auch nur auf Gewinnung der Lebensbedürfnisse rechnen kann.“ (John Stuart Mill, zit. nach Karl Marx, Das Kapital)Aus dem bisher Entwickelten folgt, daß in einer freien Nation, wo Sklaven nicht erlaubt sind, der sicherste Reichtum aus einer Menge arbeitsamer Armen besteht.“ (Bernard de Mandeville, zit. nach Karl Marx, Das Kapital)Die kapitalistische Produktion entwickelt daher nur die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen alles Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter.“ (Karl Marx, Das Kapital)So sehen wir also, daß der Krieg nicht bloß ein politischer Akt, sondern ein wahres politisches Instrument ist, eine Fortsetzung des politischen Verkehrs, ein Durchführen desselben mit anderen Mitteln. Was dem Kriege nun noch eigentümlich bleibt, bezieht sich bloß auf die eigentümliche Natur seiner Mittel.“ (Carl von Clausewitz, Vom Kriege) „Der Krieg ist der Vater aller Dinge und der König aller. Die einen macht er zu Göttern, die andern zu Menschen, die einen zu Sklaven, die andern zu Freien.“ (Heraklit)
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„Kein Kommentar“ widmet sich der Aufklärung gegen die herrschenden Zwecke in Demokratie und Marktwirtschaft und gegen die Kumpanei der kritischen staatstragenden Medien. „Statt unnütze Systeme für das Glück der Völker aufzustellen, will ich mich darauf beschränken, die Gründe ihres Unglücks zu untersuchen.“ (Giammaria Ortes, zit. nach Karl Marx, Das Kapital)

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Das Produkt der Arbeit wird heutzutag verteilt im umgekehrten Verhältnis zur Arbeit – der größte Teil an die, die niemals arbeiten, der nächstgrößte an die, deren Arbeit fast nur nominell ist, und so, auf absteigender Skala, schrumpft die Belohnung zusammen, im Maße wie die Arbeit härter und unangenehmer wird, bis die ermüdendste und erschöpfendste körperliche Arbeit nicht mit Sicherheit auch nur auf Gewinnung der Lebensbedürfnisse rechnen kann.“ (John Stuart Mill, zit. nach Karl Marx, Das Kapital)Aus dem bisher Entwickelten folgt, daß in einer freien Nation, wo Sklaven nicht erlaubt sind, der sicherste Reichtum aus einer Menge arbeitsamer Armen besteht.“ (Bernard de Mandeville, zit. nach Karl Marx, Das Kapital)Die kapitalistische Produktion entwickelt daher nur die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen alles Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter.“ (Karl Marx, Das Kapital)So sehen wir also, daß der Krieg nicht bloß ein politischer Akt, sondern ein wahres politisches Instrument ist, eine Fortsetzung des politischen Verkehrs, ein Durchführen desselben mit anderen Mitteln. Was dem Kriege nun noch eigentümlich bleibt, bezieht sich bloß auf die eigentümliche Natur seiner Mittel.“ (Carl von Clausewitz, Vom Kriege) „Der Krieg ist der Vater aller Dinge und der König aller. Die einen macht er zu Göttern, die andern zu Menschen, die einen zu Sklaven, die andern zu Freien.“ (Heraklit)
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Folgt nun eine vorläufigen Einordnung einiger seiner bisherigen Aktivitäten und Ankündigungen, erst mal die Innenpolitik betreffend. Americafirst versus Amerika … und die ganze Welt! Jetzt ist er also wieder da, tatendurstig wie eh und je. Seinem einzigen Erfolgsrezept bei der Betörung seiner Follower ist er treu geblieben: Er hat sich als Person unermüdlich und in allen Varianten als die Inkarnation von „Americafirst“ inszeniert, und alle seine Widersacher mit Hasspredigten überzogen, weil die seine Mission – „Make America Great again“ – sabotieren wollen: Konkurrierende Politiker sind korrupte Verbrecher und Verräter, die Justiz ist ihr Mittel bei der „Hexenjagd“, und die Medien, sofern sie ihm nicht zu Füßen liegen, die repräsentieren – auf deutsch – die „Lügenpresse“. Das alles vermutlich rein instinktiv und ohne ein Studium von „Mein Kampf“, wo es heißt: „Das Volk sieht zu allen Zeiten im rücksichtslosen Angriff auf einen Widersacher den Beweis des eigenen Rechts, und es empfindet den Verzicht auf die Vernichtung des anderen als Unsicherheit in bezug auf das eigene Recht …“ (Mein Kampf S. 371) Die moralische Verdammung aller Gegner und Hindernisse ist die Ankündigung und Vorwegnahme dessen, was denen bevorsteht, sobald er wieder da ist: Sie kriegen die legitime Macht des Staates zu spüren, die ihm nun zur Verfügung steht. Das amerikanische Volk hat ihn schließlich gewählt. „ Das goldene Zeitalter Amerikas beginnt genau jetzt. Von heute an wird unser Land wieder aufblühen und weltweit respektiert werden. Alle Nationen werden uns beneiden, und wir werden uns nicht länger ausnutzen lassen. An jedem einzelnen Tag der Trump-Administration werde ich Amerika ganz einfach an die erste Stelle setzen. Unsere Souveränität wird zurückgefordert. Unsere Sicherheit wird wiederhergestellt. Die Maßstäbe der Gerechtigkeit werden neu ausbalanciert. D ie bösartige, gewalttätige und unfaire Umwandlung des Justizministerium s und unsere r Regierung zu einer Waffe wird ein Ende haben.“ (Antrittsrede) Wenn man die Ansage n und die manischen Aktivitäten der ersten Tage d ies es goldenen Zeitalters zur Kenntnis nimmt, dann hat sich der Mann nicht mehr und nicht weniger als eine regelrechte Neugründung der USA vorgenommen. Und eine Neuordnung der Welt, was für ihn ohnehin zusammenfällt. Wer im Auftrag des Führers das Gesetz bricht, handelt rechtens! Prominent erwähnt Mr. President die Frage der „Balance“ in Sachen Gerechtigkeit im Justizwesen und in den dafür zuständigen Behörden; es geht um den Gewaltapparat. Der wurde schließlich zu einer „Waffe“ gegen ihn „umgewandelt“ und dadurch missbraucht. Zur Erinnerung: „ Am 6. Jänner 2021 hatten Anhänger des damaligen Präsidenten Trump den Parlamentssitz in Washington gewaltsam gestürmt. … Trump hatte seine Unterstützer zuvor in einer Rede und über Wochen zuvor mit unbelegten Behauptungen angestachelt, ihm sei der Wahlsieg durch Betrug gestohlen worden. Infolge der Krawalle kamen damals fünf Menschen ums Leben.“ (standard.at) „ Kurz nach der Begnadigung aller Straftäter der Kapitol-Attacke durch den neuen US-Präsidenten Donald Trump sind viele Verurteilte wieder auf freiem Fuß – und triumphieren. … Trumps rigorose Totalbegnadigung von aberhunderten Straftätern vom 6. Jänner 2021 überraschte selbst Menschen aus seinem Umfeld. … Trump rechtfertigte seine Entscheidung und sagte, viele Strafen seien ‘lächerlich’ und ‘exzessiv’ gewesen. Sein Schritt beweist einmal mehr, dass der Republikaner keinen Tabubruch scheut. Es zeigt aber auch, wie lädiert das amerikanische Justizsystem ist – und wie gefährdet die amerikanische Demokratie.“ (ebd.) Also seine Hooligans, Putschisten, sein Mob oder sein Pöbel, sein „Druck der Straße“ – Wie soll man die Typen nennen? – werden amnestiert, sie haben alles richtig gemacht, und das ist der Dank. Damit es in Zukunft gar nicht erst zu einem Dissens zwischen dem Recht und dem Willen des Führers kommen kann, sich also Justiz und Bundespolizei als seine persönlichen Instrumente bewähren, wird aufgeräumt und gesäubert. Was zählt, ist die persönliche Loyalität gegenüber dem mittlerweile wieder gewählten Führer, und die steht über den Pflichten der Ämter und Behörden, über der Justiz: Bundes p olizei und Justiz: Auf dem Weg zur Prätorianergarde ! „ I n den USA sind … Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Bundespolizei FBI zum Ausfüllen eines Fragebogens über ihre Arbeit an Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Angriff auf das US-Kapitol am 6. Jänner 2021 angewiesen worden. In der Liste der Fragen, die von der Nachrichtenagentur Reuters eingesehen werden konnte, werden die FBI-Mitarbeiter aufgefordert, ihre Berufsbezeichnung anzugeben und jede Rolle, die sie bei den Ermittlungen zum Aufstand der Anhänger von US-Präsident Donald Trump am 6. Jänner gespielt haben, zu beschreiben. … Der amtierende stellvertretende Generalstaatsanwalt Emil Bove soll zuletzt die obersten Staatsanwälte der Bundesstaaten angewiesen haben, eine Liste aller Staatsanwälte und FBI-Bediensteten zu erstellen, die an den Ermittlungen zum Sturm auf das Kapitol beteiligt waren. Laut Bove hatte Trump die Arbeit der Betroffenen als ‘schwere nationale Ungerechtigkeit’ bezeichnet.“ (orf.at) „ Das US-Justizministerium entlässt Medienberichten zufolge mehrere Mitarbeiter, die an den Untersuchungen gegen den nun amtierenden Präsidenten Donald Trump beteiligt waren. Der kommissarische Justizminister James McHenry habe Zweifel daran, ‘dass sie bei der getreuen Umsetzung der Agenda des Präsidenten helfen’ … “ ( s tandard.at) Was ist denn nun Demokratie: Die Herrschaft des Rechts und / oder / mit / wegen / gegen – die Herrschaft des vom Volk gewählten Herrschers?! Zur obigen heißen Frage, „ wie lädiert das amerikanische Justizsystem ist – und wie gefährdet die amerikanische Demokratie“ – nun, was ist denn genau genommen die Demokratie: Ist es die Herrschaft des Volkes und / oder / mit / wegen / gegen die Herrschaft des Rechts ?! Die Antwort von Mr. Trump ist eindeutig, es ist die Herrschaft des Volkes; mit ihm ist das gesunde Volksempfinden an die Macht gewählt worden, in seiner Diktion steht damit ein Umsturz an, die „Revolution des gesunden Menschenverstandes“ . Also steht er über dem bisherigen Recht, und hat es im Namen des Volkes zu gestalten. Nicht nur im unmittelbaren Gewaltapparat, im gesamten Staatsapparat ist nun die Loyalität – wenn es geht, die bereits bewiesene persönliche Loyalität zum Präsidenten auch neben und jenseits der Rechtslage – die entscheidende Qualifikation bei den anstehenden Säuberungen. Das mutet vor dem Hintergrund der europäischen Geschichte an wie ein absolutistisches Staatsverständnis – „Der Staat bin ich!“ –, aber ist es das oder ist es doch mehr ein der Notlage der Nation angemessenes Verständnis von Souveränität ? Oder fällt das zusammen? „ Über viele Jahre hat ein radikales und korruptes Establishment unseren Bürgern Macht und Reichtum entzogen, während die Säulen unserer Gesellschaft zerbrochen und scheinbar irreparabel daliegen. Wir haben jetzt eine Regierung, die nicht einmal eine einfache Krise im eigenen Land bewältigen kann, während sie gleichzeitig in eine endlose Liste katastrophaler Ereignisse im Ausland stolpert. Sie versagt beim Schutz unserer großartigen gesetzestreuen amerikanischen Bürger, bietet aber gefährlichen Verbrechern Zuflucht und Schutz, von denen viele illegal aus Gefängnissen und Irrenanstalten der ganzen Welt in unser Land eingereist sin d. … “ (Antrittsrede) Zurück zur Frage nach dem Justizsystem und der amerikanischen Demokratie: mit den berühmten „checks and balances“ der amerikanischen Gewaltentrennung ist gemeint, dass sich die politische Macht also auf Legislative, Exekutive und Jurisdiktion verteilt, so dass sich die politische Klasse in einem institutionalisierten Prozedere permanent mit sich selbst einigen muss. Das kann man auch kritisch hinterfragen, das Problem wälzen, wer denn nun letztlich das Sagen hat, in „gods own country“ – der Präsident, der Kongress, das Oberste Gericht mit der Kernkompetenz der Auslegung der heiligen Verfassung? Kommen noch dazu die Bundesstaaten mit ihren Kompetenzen. Zur Vermeidung von Missverständnissen: Da sollte man sich besser nicht einbilden, bei den „checks and balances“ handle es sich um die Sicherstellung der Rechte und Interessen der Bürger gegen die politische Macht – es geht um die Sicherstellung der jeweiligen Staatsräson gegen die Willkür der Machthaber! Und wenn einer eine existierende Staatsräson, die ganze innere Organisation und die Ordnung der Welt gleich mit, „revolutionär“ umgestalten will, dann hat er einiges zu tun. Er leidet erst mal wie alle „Populisten“ am status quo der geteilten Staatsmacht; und bei deren Bereinigung ist Trump schon ziemlich weit gekommen: Die Parlament hat er angeblich via Republikanische Partei in der Tasche, das Oberste Gericht besteht inzwischen zum Gutteil aus von ihm ernannten Richtern, ebenso die von ihm ernannten Richter an den Bundesgerichten. Nachdem aber manche Executive Orders des Präsidenten von Richtern aufgehoben werden, weil sie dem geltenden Recht widersprechen, und ihre Finanzierung vom Kongress erst noch bewilligt werden muss, steht umso notwendiger die allgemeine Bundesverwaltung zur Säuberung an, von illoyalen Mitarbeitern und damit von unerwünschten, im Grunde genommen „unamerikanischen“ Aktivitäten: Kulturkampf von oben für den Backlash „ Diese Woche werde ich auch die Regierungspolitik beenden, die versucht, Rasse und Geschlecht in jeden Aspekt des öffentlichen und privaten Lebens hineinzu konstruieren . Wir werden eine Gesellschaft schmieden, die farbenblind und leistungsorientiert ist. Von heute an wird es die offizielle Politik der Regierung der Vereinigten Staaten sein, dass es nur zwei Geschlechter gibt: männlich und weiblich.“ (Antrittsrede) Mit anderen Worten, die bisherige Liberalität, wonach jede spezielle „Identität“ inner- oder auch außerhalb oder zwischen der großen Rubriken „Rasse und Geschlecht“ ihre Anerkennung als konstruktiver Beitrag zum american way of life und damit ein Plätzchen in der Mitte der Gesellschaft verdient, die ist vorbei. Auch wenn diverse Abweichungen vom Standardprogramm – die Familie besteht aus Mann, Frau, Kindern – geduldet sind, so sind sie eben als randständige Erscheinungen geduldet, neben den erwünschten sowohl staatsnützlichen als auch gottgefälligen Arrangements des „heteronormativen“ menschlichen Zusammenlebens. „ Nachdem die US-amerikanischen Bundesbehörden vergangene Woche darüber informiert worden waren, dass sie 60 Tage Zeit hätten, ihre Diversitätsprogramme abzuschaffen … wird der Diversität nun auch online an den Kragen gegangen. Die Behörden wurden angewiesen, ‘alle nach außen gerichteten Medien (Websites, Konten in den sozialen Medien usw.), die eine Gender-Ideologie verbreiten oder fördern’, … vom Netz zu nehmen. Seitdem sind zahlreiche Websites und tausende Webpages offline gegangen, die unter anderem Informationen zu Impfstoffen, Hassverbrechen oder wissenschaftlicher Forschung enthielten und mal mehr, mal weniger mit Diversität in Zusammenhang stehen. … In vielen Fällen enthielten die entfernten Seiten jedoch Wörter wie ‘ Inklusion’ oder ‘Transgender’. Auch Wörter wie ‘Schwangere’ oder ‘Climate Justice’ (‘Klimagerechtigkeit’) können zu einer Abschaltung geführt haben.“ Ein Journalist „teilte … eine Mail an die National Oceanic and Atmospheric Administration, in der die Behörde aufgefordert wurde, Materialien zu entfernen, die Wörter wie ‘schwarz’, ‘Fairness’, ‘Empathie’ und ‘Behinderung’ enthielten.“ (standard.at) G eneralabbau der „Bürokratie“ – und der bislang davon geschützten Interessen! N un, diese Richtlinien samt Durchführung fallen halt dem kritischen euro p äischen Blick auf die neue Administration besonders auf, sie sind allerdings nur die Spitze des Eisbergs . Die vielen einzelnen Berichte und Aspekte fügen sich zu einem Standpunkt, der finanztechnisch „Null-Budget“ genannt wird. A lle staatlichen Aufgaben – und Aufgaben sind Ausgaben – müssen sich ganz neu und von Grund auf rechtfertigen. Das Gesamtkunstwerk soll sich ja zu einem Umsturz v on oben – wahlweise auch „Putsch“ oder „ Staatsstreich“ genannt – zusammenaddieren. Dass die bisherigen staatlichen Behörden für bislang als notwendig erachtete Aufgaben zuständig waren und dafür auch finanziell und personell ausgestattet wurden, zählt nicht mehr. Die Trump-Administration behält sich vor, jedwedes Staatshandeln zu überprüfen und gegebenenfalls wegzuschmeißen. Das gilt nicht nur für alles, was que e r zu r neuen Linie in Sachen Familie steht, auch die Bildungseinrichtungen der Nation sind speziell im Visier, die Amerikaner haben nämlich die Sklaverei abgeschafft, was offenbar böswillig verschwiegen wird ! Kommt dazu alles, was mit Natur- und Umweltschutz bzw. mit dem Klimawandel zu tun hat. Kartellrecht, Konsumentenschutz, Regulierungen des big business , u nd und und. „ Elon Musk hat in seiner Rolle als Donald Trumps Kostensenker einen offiziellen Status in Washington bekommen. … US-Präsident Trump hatte ihn mit der Senkung der Staatsausgaben betraut. Dafür wurde auch nach einem Namensvorschlag von Musk ein Gremium mit dem Namen Doge gegründet. … Department of Government Efficiency … Der Zugang von Doge-Mitarbeitern zum Zahlungssystem des Finanzministeriums wurde am Wochenende durch US-Medienberichte bekannt. Präsident Donald Trump bestätigte dies am Montag. Ziel sei aber lediglich, dass Musk Informationen sammeln könne, auf deren Basis Regierungsbeschäftigte entlassen werden könnten, wenn der Tech-Milliardär dies für nötig halte – ‘und wir mit ihm einverstanden sind’, sagte Trump.“ (standard.at) Klar, vielen Direktiven des Präsidenten steht (noch) die bisher gült ige Rechtslage gegenüber, sein Zerstörungswerk sollizitiert erst mal unzählige Gegensätze und Streitfragen, von denen manche schon den Instanzenweg bis zum obersten Gericht schaffen werden – aber wem gilt in der Zwischenzeit die Loyalität der Verwaltung, dem Ges e tz oder dem W illen des Führers?! D ie Frage, ob Trump das alles auch gelingt, ob er alle Hindernisse überwindet und wie lange es dauert, die kann man sich schenken – darum werden sich Trump bzw. Musk schon kümmern: „ Trump stürzt Amerikaner mit Ausgabenstopp ins Chaos. Ein Gericht verzögert das Inkrafttreten des Ausgabenstopps, der drei Billionen an öffentlichen Geldern einfrieren soll. Schulprogramme, Katastrophenhilfen und Suizidprävention sind akut gefährdet.“ (ebd.) Sie haben viel zu tun, und sie packen es an. D as Kernstück seiner Wahlversprechen: Es braucht Soldaten im Kampf gegen die feindliche n Zivilisten! Die bisherige Regierung „versagt beim Schutz unserer großartigen gesetzestreuen amerikanischen Bürger, bietet aber gefährlichen Verbrechern Zuflucht und Schutz, von denen viele illegal aus Gefängnissen und Irrenanstalten der ganzen Welt in unser Land eingereist sin d. … Zunächst werde ich den nationalen Notstand an unserer Südgrenze ausrufen. Jegliche illegale Einreise wird sofort gestoppt und wir werden damit beginnen, Millionen und Abermillionen krimineller Ausländer an die Orte zurückzubringen, aus denen sie gekommen sind.“ D as muss man sich mal vorstellen: So sind sie, kommen extra aus Gefängnissen und Irrenhäusern ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten … Ab jetzt nicht mehr! Kern ist die Ausrufung des Notstandes , das besagt schlicht und ergreifend, dass die Souveränität des Staates und die Sicherheit des Volkes bedroht sind, von einer Invasion aus dem Süden, was den Einsatz des Militärs im Inneren der USA erheischt. Und wegen des Versagens seiner Vorgänger befinden sich schon Millionen dieser Feinde im Inneren des Landes. „‘ Amerikas Souveränität steht unter Beschuss’, lautet seine Erklärung: ‘Unsere südliche Grenze wird von Kartellen, kriminellen Banden, bekannten Terroristen, Menschenhändlern, Schmugglern, nicht überprüften Militärangehörigen ausländischer Gegner und illegalen Drogen überschwemmt, die Amerikanern sowie Amerika schaden.‘ … Es handle sich um einen ‘Angriff auf das amerikanische Volk’ und stelle eine ‘ernste Bedrohung für unsere Nation’ dar. … ‘Als Oberbefehlshaber habe ich keine feierlichere Pflicht, als das amerikanische Volk zu schützen.‘“ (fr.de) Vielleicht können sich die Deportierten bald glücklich schätzen, vergleichsweise. Die Perspektive der anderen ist das KZ Guantanamo. Die Frage angesichts dessen ist, wo bleibt das Positive? Wenn „America first“ brachial gegen das alte Amerika vor- und auf Amerika losgeht , wofür das alles ? Wie sieht die neue Ordnung aus? Was sind ihre Prinzipien? Das Telos? Davon demnächst.…
 
Die FPÖ gegen die bisher übliche Öffentlichkeit: Die ersten zwei Gewalten im Staat in freiheitlicher Hand gegen die vierte Ein kurzweiliger Abend mit Folgen Ausgangspunkt der Debatte FPÖ vs. Öffentlichkeit ist ein öffentlich angekündigter und beworbener „Politischer Stammtisch“ der FPÖ in Simmering, bei dem zwei freiheitliche Abgeordnete für die gute Laune zuständig waren. Deren Auskünfte sind keineswegs sensationell, etwa vom Abg. Tschank: „ Genau genommen gehöre ‘die ÖVP eigentlich mit einem Regierungsverbot ausgestattet und auf die Oppositionsbank geschickt’, findet er. Und: ‘Die ÖVP ist natürlich in einem jämmerlichen Zustand. Sie ist machtgeil und möchte natürlich in ihren Positionen bleiben. Und deswegen können wir ruhig die Latte ein bisserl höher hängen, wir können durchaus zeigen, dass wir die stärkere Partei sind, dass wir unsere Inhalte durchsetzen.’“ (Alle Zitat aus Standard.at) Das wird man ja wohl noch sagen dürfen, vor allem, weil es weitgehend zutrifft. Auf durchaus ähnliche Weise hat Parteichef Kickl die ÖVP zu Regierungsverhandlungen eingeladen. Auch die Ausführungen über Migration sind dem Inhalt nach längst etabliert. Abschreckung ist, falls der STANDARD es nicht gemerkt haben sollte, der aktuelle Standard der europäischen Migrationspolitik, basierend auf der legitimen Gewalt des Staates : „ Darin sieht und hört man Markus Tschank, wie er sagt, dass man Migrantinnen und Migranten oder ‘diese Menschen’, wie sie Tschank nennt, ‘mit aller Rigorosität, mit aller Staatsgewalt vor die Türe setzen’ müsse. Alle. Und Stefan betont, seine Partei habe immer gesagt: ‘Es muss für diese Leute möglichst unangenehm sein. Dann kommen sie auch nicht, weil das ist der Hauptschmäh.’“ Die Wortwahl orientiert sich am „Stammtisch“, wenn sich Politiker unter das gewöhnliche Volk mischen – und dass es für Migranten „unangenehm“ sein soll, das war von der Diktion her der gemeinsame Gesichtspunkt der vorvorigen türkis-blau-schwarzen Koalition, den die folgende türkis-grüne Koalition in der Sache nahtlos übernommen hat. In Bezug auf die EU ist der STANDARD auf den Popanz der ÖVP reingefallen und registriert nicht die durchaus bekannte Orbán-Linie als freiheitliche Perspektive: „ Und während die Koalitionsverhandler der ÖVP nicht müde werden, einen ‘Öxit’ als ‘rote Linie’ zu bezeichnen, sagt Stefan: ‘Eigentlich müssten wir eh austreten’, nur sei das ‘keine echte Option’, obwohl ‘Überwachungsmaßnahmen, die Beschneidung der Meinungsfreiheit’ in der EU ein Wahnsinn seien. Man müsse sich ‘mit anderen zusammenschließen und dagegenhalten, das wird ein harter Kampf, aber man muss ihn führen, deswegen machen wir das Ganze ja’, schließt Stefan.“ In der EU – gegen die EU! Diesen Kampf wollen sie aufnehmen; den angeblich drohenden „Öxit“ beschwört die ÖVP, um auf dieser Basis einen Scheinerfolg bilanzieren zu können. Einige landeskundliche Details über Afghanistan verraten demgegenüber, dass die Freiheitlichen da womöglich mit ihrer eigenen Vision für Österreich sympathisieren: „‘ Das ist ja in Afghanistan so. In der Stadt da hat man das ziemlich im Griff. Und wenn sich einer in der Stadt deppert verhält, dann wird er aufs Land gschickt. Da sind dann so regionale Stammeshäuptlinge. Und die haben das dann auch halbwegs im Griff, und wenn dann ana no immer ned spurt, dann wird er nach Europa gschickt. Das heißt, das ist wirklich so, ja, wir kriegen das letzte Gesindel’, erklärt Stefan die afghanische Gesellschaftsstruktur aus seiner Sicht. ‘A normaler Afghane is ja ned des, was bei uns da herumläuft. Das san ja ordentliche Leut.’“ Kurz, in Afghanistan ist es so, wie es bald in Österreich sein wird: Dort gibt es nämlich schon jetzt in Stadt und Land welche, die alles „halbwegs im Griff“ haben, wodurch dort überwiegend „ordentliche Leut“ anzutreffen sind; und für die nicht-normalen Leute in Afghanistan haben die zuständigen „Stammeshäuptlinge“ immerhin die E-Migration vorgesehen … Ziemlich inspirierend! Die freiheitliche Expertise zu Afghanistan zielt unübersehbar darauf, die dortigen Zustände würden einfach keinen Grund für Asylanträge in Europa hergeben; der Kampf um Frauenrechte gilt der Partei ohnehin gern mal als Gender-Wahnsinn, es sei denn, es geht hetzerisch gegen Muslime hierzulande; aber dort, wo die islamische Normalität zu Hause und ganz bei sich ist, da ist die Partei auch nicht von der westlich-imperialistischen „Universalität der Menschenrechte“ überzeugt. Der Versuch des STANDARD, mit Hilfe französischer Medien besagten Stammtisch zum Skandälchen aufzublasen, ist dann auch versandet. Wohlgemerkt, das Blatt hat bloß öffentlich getätigte Äußerungen freiheitlicher Abgeordneter referiert, von „fake news“ oder „alternativen Fakten“ kann keine Rede sein. Von der Reaktion freiheitlicher Politiker her hat man allerdings den Eindruck, die hätten nur auf einen beliebigen Anlass gewartet, um ihrerseits Klarstellungen loszuwerden, darüber, was sich für staatlich geförderte und mit Inseraten gefütterte Medien – und für alle anderen auch – gehört und was nicht. Der wahre Skandal aus Sicht der FPÖ: Sogar wenn der STANDARD – Sicher in entlarvender Absicht, aber worin sollte denn die Entlarvung bestehen? Bis auf die Sprüche über Afghanistan, die niemanden aufregen, nur politischer Alltag? – sogar wenn freiheitliche Wortspenden nur wiedergegeben werden, aber unkontrolliert, ohne ausdrückliche Genehmigung und zwecks überflüssiger Entlarvung, sogar dann vergeht sich der STANDARD am freiheitlichen Auftrag, agiert wie die „Stasi“ und erntet eine Ankündigung, seine künftige finanzielle Ausstattung betreffend: „‘ Fünf gute Jahre, wenn es mit diesem ‚Scheißblatt‘ endlich vorbei ist’, schreibt Nepp in Anlehnung an die Nationalratswahlkampagne der FPÖ auf X – und fügt den Hashtag an: ‘#presseförderungnurnochfürechtequalitätsmedien’. … Auch der freiheitliche Landesparteisekretär in Wien droht dem STANDARD offen. ‘Politischer Aktivismus sollte jedoch keinesfalls über die Presseförderung mit öffentlichen Steuergeldern finanziert werden.’ Auf die Frage, ob Medien wie dem STANDARD die Presseförderung gestrichen gehöre, meinte Hafenecker, dass die 2024 erstmals ausgeschüttete Qualitätsjournalismusförderung von ÖVP und Grünen ‘auf linke Postillen hingezimmert’ worden sei. … ‘Wir denken darüber nach, generell die Presseförderung auf neue Beine zu stellen’ – und zu schauen, ‘wie Medienförderungen künftig verteilt werden’.“ (Alle, auch die folgenden Zitat aus Standard.at) Die fundamentale Unzufriedenheit der Freiheitlichen mit dem Staatsfunk ist ohnehin ständig präsent. Wohin die Reise geht, ist offenkundig „ Neben Diskursverschiebung und gezielten verbalen Grenzüberschreitungen ist die Zerstörung von unabhängigen Medien fixer Bestand des Playbooks, nach dem die neuen Rechte in der westlichen Welt Gesellschaften und Staaten umbauen. … Der Parteipropagandakanal FPÖ-TV beliefert das geneigte Publikum seit Jahren täglich in unterschiedlichen Formaten mit Nachrichten aus dem Parteiuniversum. … Parallel dazu läuft die Abwertung der freien, unabhängigen Medien sowie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. ‘Systemmedien’, ‘linke Postillen’, ‘Lügenpresse’ oder ‘Rotfunk’ sind nur einige der Verunglimpfungen, die seit Jahren zum Vokabular der FPÖ-Politiker und -Politikerinnen gehören. Die Rechtspopulisten entziehen sich mit ihren Auftritten in diesen Medien und auf den parteieigenen Kanälen systematisch der Medienkritik, die ihnen in den unabhängigen Medien begegnen würde. Gleichzeitig füttern sie aber ihre Anhänger und Anhängerinnen regelmäßig mit parteiischen Inhalten, während sie demokratische und freie Medien diffamieren und sich dem demokratischen Diskurs entziehen. Das ist ‘im Kern demokratiefeindlich’ … Medien als ‘vierte Gewalt’ sind eine wichtige Kontrollinstanz der Demokratie. Die Sympathisanten der Rechtspopulisten befinden sich also seit Jahren in einer antidemokratischen, journalismusfreien, medialen Echokammer, in der es keine Kritik und keine Gegenstimme gibt, sondern lediglich parteiische und ideologische gefärbte Inhalte. … Viktor Orbán, das große Vorbild Kickls, hat die ungarische Medienlandschaft sukzessive nach seinem Wunsch umgebaut. Repressive Mediengesetze brachten die Öffentlich-Rechtlichen unter Kontrolle, Behörden und staatliche Unternehmen schalteten keine Anzeigen mehr in kritischen Medien, kritische Sender bekamen keine Frequenzen mehr, befreundete Oligarchen kauften Medienhäuser auf.“ Da stellen sich dann doch zwei Fragen: Wie geht der übliche Journalismus, und was hat die FPÖ dagegen? Wie geht sie denn, die so angefeindete bisher übliche Kritik der Medien? Die von der FPÖ inkriminierten Medien verstehen sich nicht einfach als Sprachrohre der Mächtigen, sondern als die kritische und genau darin staatsnützliche vierte Gewalt. Man will den User nicht bloß mit Ereignissen bekanntmachen, ihm mitteilen, was politisch gelaufen ist bzw. was deswegen auf ihn zukommt, sondern einen ständigen Test auf die Qualität des Produktes Politik (und natürlich auch auf Wirtschaft und Kultur) veranstalten. Geboten wird eine Überprüfung des politischen Lebens mit dem Gestus, es sei keineswegs selbstverständlich, dem Lauf der Welt und speziell der Politik zustimmend zu begegnen, sondern man behalte sich eine ideelle, prüfende Distanz zum politischen Getriebe vor, auch wenn man sich, wie jeder andere ordentliche Bürger, praktisch anpasst. Die etablierten Muster der Kritik und die Maßstäbe des kritischen Räsonnements sowohl der öffentlich-rechtlichen als auch der privatwirtschaftlichen Organe der Meinungsbildung sind nicht übermäßig originell, sie lassen sich – zu etwa 90 %?! – folgendermaßen sortieren: Kritischer Journalist 1 zum Politiker: „Sie haben vorige Woche dieses verkündet, gestern hingegen jenes! Warum denn das; was gilt nun wirklich; und fürchten Sie jetzt um ihre Glaubwürdigkeit?“ Kritischer Journalist 2 zum Politiker: „Sie haben dieses oder jenes angekündigt oder gar vor der Wahl versprochen, es ist aber nicht viel d a raus geworden. S ind Sie gescheitert und w arum?“ Kritischer Journalist 3 zum Politiker: „Sie verkünden dieses oder jenes, der Politiker XY von der Opposition hat Sie dafür scharf kritisiert, was sagen S ie dazu?“ Nach dem Modus kommen natürlich auch staatlich zertifizierte Fachleute – Ökonomen etwa – direkt oder indirekt im Diskurs vor. Was ist mit diesen kritischen Fragen geleistet? Nicht nur die politische Macht, Fakten zu setzen, auch die Deutungshoheit , die Macht über die Narrative und die Diskurse gehört auf diese Weise der „politischen Klasse“. Die ist die erste Instanz, die vorgibt, wie ihre mit ihrer Macht gültig gemachten Entscheidungen zu sehen sind, und auf dieser Basis darf dann problematisiert werden, indem das jeweilige Medium den Politiker mit sich selber bzw. mit der Opposition ins Gespräch bringt. Die erwähnten Stichworte – Politiker ändert etwa seine Position oder „bricht ein Wahlversprechen“ –, die sind normalerweise ein Kinderspiel für jeden halbwegs routinierten Dampfplauderer: Da haben sich etwa irgendwelche Umstände geändert und / oder der Politiker ist gescheiter geworden, so dass er seinen Standpunkt geändert hat; ein bislang völlig unbekanntes Hindernis – etwa ein Budgetdefizit – kommt den angekündigten guten Werken in die Quere, die natürlich bloß aufgeschoben sind … So kürzt sich diese „Kritik“ wesentlich darauf zusammen, wie geschickt oder ungeschickt ein Machthaber seine Selbstdarstellung hauptsächlich im TV bewerkstelligt, wie schlagfertig er mit dieser Sorte Nörgelei oder ganz „spontanen“ Versuchen der Blamage umgeht, für die der ORF einen eigenen Komiker abstellt, der so tut, als würde er Fragen stellen. Auch der Bezug auf den Parteienpluralismus, auf konkurrierende Politiker, sollte für den versierten Schwurbler kein großes Problem darstellen: Dann hat der „geschätzte Kollege“ von der Opposition halt wieder mal keine Ahnung, weil ihm seine „Ideologie“ den Blick auf die Realität und daher auf die einzig senkrechte Politik verstellt. Denn so, als Kulisse des guten oder schlechten Eindrucks, den Politiker auf das Publikum machen möchten, als Material , mit dem diese Typen mehr oder weniger beeindruckend hantieren, so kommt die Lage der Nation dann schon vor, von der Wirtschaftskrise über die Staatsschuld bis zur nötigen Kriegsfähigkeit . Als kritischer Personenkult wird anhand des souveränen Eindrucks, den die amtierenden Machthaber vermitteln und den die Konkurrenten verhindern wollen, so wird sowohl die politische Lage durchgequatscht als auch der Rahmen der zulässigen, der „konstruktiven“ Kritik abgesteckt: K onstruktiv , also ein positiver Beitrag zum Gelingen der Nation und ihrer Anliegen soll das journalistische Genörgel schon sein. Der zulässige Umfang der konstruktiven Kritik ergibt sich wesentlich aus dem von den Parteien repräsentierten Pluralismus, der Meinungspluralismus einer Nation, wie er sich in TV-Diskussionen bis zu Leserbriefen darstellt, ist ein Wurmfortsatz dieses Pluralismus. So sind die Medien dann das Sprachrohr der Machthaber, die in konkurrierenden Parteien organisiert sind; genau so werden die Meinungen der Herrschenden zur herrschenden Meinung . Die „Kontrollinstanz“, als die eine „vierte Gewalt“ nützlich sein will, besteht in dem ganz formellen Gestus, auch gewählte Machthaber dürften sich nicht alles leisten, auch die würden beaufsichtigt und hätten sich zu rechtfertigen – wenn auch nur vor den Kriterien des nationalen Erfolgs und der nationalen Werte , die sie selber in die Welt setzen und an die Öffentlichkeit verfüttern. Diese Öffentlichkeit transportiert die Sprachregelungen der jeweils Mächtigen, und ihr wesentliches Prinzip ist der Opportunismus, derzeit in den USA im Umgang mit dem neuen US-Präsidenten zu besichtigen. Öffentlichkeit – das ist die Aufbereitung des institutionalisierten Parteiengezänks, sie hat kein eigenes Gewicht. Sowohl die Themen als auch die relevanten Gesichtspunkte ihrer „kritischen“ Problematisierung der nationalen Erfolge bekommt sie von der Politik serviert. Mit dieser Zusatzveranstaltung, und vor allem mit viel geheucheltem Respekt der Machthaber vor den Damen und Herren der Presse ist die Welt – nach deren Meinung – in Ordnung, und die Demokratie verdient Vertrauen . Die einzig praktische Konsequenz der „vierten Gewalt“ und ihrer Tätigkeit, die verbleibt ganz innerhalb der „politischen Klasse“, als positive oder negative Auswirkung auf das jeweilige „Image“, weswegen heutzutage ganze Regimenter von Spin-Doktoren mit der Manipulation dieser bislang halbwegs pluralistischen „Echo-Kammer“ durch „Message-Control“ beschäftigt sind. Was für eine Idylle! Doch dann kamen die Populisten und deren Internetplattformen, die „sozialen Medien“. Und was stört die FPÖ an der bisherigen demokratischen Vertrauensfabrik? Genau das stört sie: Der ganze Gestus der „kritischen“ Befragung, der Gestus, die Machthaber bzw. die rechten Aspiranten auf die Macht müssten sich noch extra erklären, womöglich sogar rechtfertigen – wo sie doch längst und umfassend im Recht sind , aus dem schlichten und völlig ausreichenden Grund, dass sie schließlich das Volk vertreten, also die höchste Instanz der Demokratie ! Auch wenn die Wahlergebnisse der Selbsternennung zum Volkskanzler vielleicht hinterherhinken, ist für die Rechten klar, dass sie die Volksbeauftragten sind, weswegen sie den Propagandadienst verlangen, den sie sich in ihrer eigenen Medienlandschaft längst eingerichtet haben. Diese durch Wahlergebnisse und vorher durch Angeberei beanspruchte demokratische Legitimation steht in der rechten Weltsicht meilenweit über dem Anspruch der Medien, im Namen ihrer Leser – also schon im Namen eines Teil-Volkes – alle, also auch die rechten Politiker zu nerven, und zwar aktuell unter Berufung ausgerechnet auf die etablierten politischen Standards und die moralischen Werte der Nation, denen die Rechten gerade den Kampf angesagt haben. Niemand anderer als die von der FPÖ angefeindeten bisherigen Volksvertreter aus ÖVP und SPÖ sind schließlich die Protagonisten der bisherigen politischen und moralischen Kultur, aus denen die Öffentlichkeit die Maßstäbe ihrer kritischen Begutachtung bezieht. Nicht die rechte Politik, vielmehr die Medien haben sich nun zu rechtfertigen, vor den aufstrebenden Machthabern; die erklären sich die im Grunde genommen konservativen, hergebrachten Standards der Öffentlichkeit – in Sachen des offiziellen Antifaschismus- Gedenkens und Anti- Rassismus und im Verhältnis zur Europäische Union – gern damit, die Gazetten seien eben durch Presseförderung und Inserate gekauft, was die FPÖ nun zu ihren Gunsten modifizieren will. Die Medien werden zum Ziel der freiheitlichen Attacken, weil sie als die Sittenwächter in der gewohnten Tradition der „Zweiten Republik“ amtieren, und die freiheitlichen „Diskurs verschiebungen “ daher als „Grenz überschreitungen “ und „ Tabubrüche “ denunzieren. (Altgediente Meinungsmacher sehen bekanntlich mit dem Volkskanzler die „Dritte Republik“ heraufdämmern.) Zweitens sind die Medien im Visier, weil die Rechten eine andere Auffassung vom Volk und dessen herzustellender Einheit in der Volksgemeinschaft haben, die wesentlich anti-pluralistisch , wesentlich homogen zu sein hat, was den Umkreis der anerkannten, respektablen Meinungen gehörig reduzieren sollte. Wenn der Bundespräsident nach der letzten Wahl verkündet – „ Und das Volk, das sind wir alle. … Und wir sind unterschiedlich. Und unterschiedliche Dinge sind uns wichtig. Deshalb wählen wir auch unterschiedliche Parteien. Und niemand kann alleine das ganze Volk für sich beanspruchen.“ (Van der Bellen) – dann steht das quer zum Politikverständnis der Rechten. Die (anderen) Parteien, auch „Systemparteien“ oder „Einheitspartei“ tituliert, die vermitteln im FPÖ-Verständnis nicht den Volkswillen von unten nach oben, in die herrschaftlichen Instanzen, sondern die trennen das gute Volk von seiner Herrschaft, weil sie eigensüchtig auf die eigenen partikularen Vorteile bedacht gegen die wahren freiheitlichen Vertreter des ganzen Volkes opponieren, und das Volk damit um die Führung betrügen, auf die es Anspruch hat. Das wahre, nicht von der „Lügenpresse“ hinters Licht geführte Volk ist nicht „unterschiedlich“, sondern homogen; das muss es auch sein, weil es als Volk nun einmal den einen wesentlichen Auftrag hat: Es muss sich gegen andere Völker um seiner Freiheit willen behaupten. Das entnimmt der Rechte zumindest „der Geschichte“ als einem ewigen Völkerringen. Zum Nachlesen: Lehren aus Trumps Umgang mit der Presse: https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/lehren-trumps-amerika-ueber-demokratische-presse Der Kampf um die Öffentliche Meinung: https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/netz-versus-serioese-oeffentlichkeit Zur Wiederwahl und Inauguration von Donanld Trump https://de.gegenstandpunkt.com/archiv/dossiers/zur-wiederwahl-inauguration-donald-trumps…
 
Kickl ante portas, oder: Sternstunden der lebendigen Demokratie Eine kleine Erinnerung an die demokratische Wahl: Eine Ermächtigung Bevor man sich aktuell im Nachhinein über demokratisch gewählte Politiker beschwert, empfiehlt sich noch einmal ein Blick in die Verfassung: „ Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.“ (Art. 1) „Die Gesetzgebung des Bundes übt der Nationalrat gemeinsam mit dem Bundesrat aus.“ (Art. 24) „Der Nationalrat wird vom Bundesvolk auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Wahlrechtes … nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt.“ (Art. 26) „Die Mitglieder des Nationalrates und die Mitglieder des Bundesrates sind bei der Ausübung dieses Berufes an keinen Auftrag gebunden.“ (Art. 56) Beschlossen wird das Recht auch in Österreich von den dazu Bevollmächtigten, „ausgehen“ tut es insofern vom Volk, das sich dann daran halten muss, als dieses periodisch in einem genau festgelegten Procedere, durch gleiche und geheime Stimmabgabe eine Mandatsverteilung herbeiführt, in die das Individuum mit seinem Millionstel-Anteil – und damit ohne jeden berechenbaren Einfluss – eingeht. Es ist, als sollte extra die sozialkindliche Lehre dementiert werden, wonach es sich bei der Wahl um den Ersatz einer gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung handle, wegen des Fehlens genügend großer Marktplätze, die seinerzeit im alten Griechenland noch vorhanden waren. Bei der Wahl wird kein gemeinsamer Wille gebildet, indem die vielen Einzelnen ihre Anliegen zusammentragen und kompromisslerisch verallgemeinern; jeder politische Wille, sofern vorhanden, wird von vornherein und blanko an die Gewählten abgetreten . Die allein und niemand sonst sind durch ihr Mandat für die Deutung dessen zuständig, was „der Wähler“ eigentlich wollte, denn der Wähler hat in der Tat nichts äußern können, was einem bestimmten Anliegen, Auftrag oder Interesse auch nur entfernt ähnlich sieht – und wenn er es dennoch tut, ist der Stimmzettel ungültig. Die Gründe, die ein Wähler haben mag oder auch nicht, sind gleich-gültig, weswegen sie in seinem Wahlkreuz gar nicht erst zum Ausdruck kommen. Zusammengefasst wird in der Wahl die reine Quantität der Stimmen, ohne sonstigen Inhalt. Den expliziten Hinweis, dass die Gewählten „an keinen Auftrag gebunden“ sind, hätte sich der Vater der österreichischen Verfassung insofern ersparen können – durch ein Wahlkreuz kann gar keiner erteilt werden. Diese Betonung des „freien Mandats“ liest sich, als sollten extra alle Idealismen widerlegt werden, die eine Wahl als Auftrag des Wählers an die Gewählten deuten. Durch das Verfahren ist sichergestellt, dass sich kein Bürger, selbst wenn er wollte, in das Metier der Politik einmischen kann. Unter skeptischen Bürgern existiert die Auffassung, auch wenn man durch das Wählen „nicht viel“ erreichen könne, sei die Nutzung dieser „Mitsprachemöglichkeit“ angebracht, weil sonst andere „über den eigenen Kopf hinweg“ entscheiden würden. Diese Skepsis ignoriert, dass beim Wählen diese vorgeblichen Alternativen kombiniert werden: In der Wahl stimmen die Wähler zu, dass andere, die Gewählten, während der nächsten Legislaturperiode über ihre Köpfe hinweg entscheiden. Wahlen sind Ermächtigungen, durch die die Gewählten auf nichts festgelegt sind, nicht einmal auf ihre eigenen Ankündigungen („Wahlversprechen“) und schon gar nicht auf den Nutzen der Wähler. In seiner unverbindlichen Meinungsäußerung darüber, wer regieren soll, entscheidet der Wähler auf alle Fälle sich dazu, regiert zu werden, er bestätigt seine Stellung als Untertan der Gewählten. Wobei „der Wähler“ genau genommen nicht einmal seine Chefs auswählt, sondern den Gewählten eine Sitzverteilung im Parlament als Grundlage für Koalitionsverhandlungen beschert. Die Gewählten entscheiden jedenfalls über alle Lebensbedingungen, vom nächsten Sparpaket bis zur Frage von Krieg und Frieden. Sinnlos ist die Wahl also keineswegs – für die Gewählten. Die sind im Besitz eines Mandats, dessen Inhalt nur sie festlegen, eines Auftrags, den sie selber definieren. Sie sind legitimiert, alles zu unternehmen, was dem Staat nützt, und die Bürger dafür zu benutzen, egal ob bzw. wie die vorher gewählt haben. Es nützt nichts, wenn man anderer Meinung ist als die Gewählten, und das auch durch eine abweichende Stimmabgabe oder Wahlenthaltung ausgedrückt hat: Erspart bleibt einem dadurch nichts. Diese Ermächtigung der Regierung ist durch den Wahlakt in aller Freiheit zustande gekommen, auch wenn sie nie zur Wahl stand. Der Wähler ist bloß ein Wahlhelfer Der Wahlkampf erinnert die Bürger an eine ihrer vielen Pflichten. Zusätzlich zur Arbeit oder zur Arbeitslosigkeit, neben der Kinderbetreuung und dem Abliefern von Steuern ist vorgesehen, dass man öfter ein Votum abgibt, aus dem die Gewählten ihr Mandat beziehen. Dabei hilft ihnen der Wähler. Was haben sie denn nun auf Basis der letzten Wahl angestellt, die Gewählten? Wie wirtschaften sie mit dem Vertrauen der Wähler? Wir erleben immerhin … Jänner 2025: Sternstunden der lebendigen Demokratie! Da ist ganz oben zu beginnen, also beim Herrn Bundespräsid ent en . Der hat nach dem bekannten Wahlergebnis vom 29. September so getan, als würde er die Absage der ÖVP an einen Kanzler Kickl glauben, weil der angeblich ein „Sicherheitsrisiko“ ist – auch wenn allgemein bekannt ist, dass Abgrenzungen der ÖVP zur FPÖ das Papier nicht wert sind, auf dem sie verlautbart werden; wir erinnern uns an die letzten Landtagswahlen in Niederösterreich und Salzburg. Unmittelbar nach der Wahl beauftragt er also die drei stärksten Parteien damit, eine Ehrenrunde zu drehen um „untereinander auszuloten, wie man zu einer tragfähigen Mehrheit kommen könnte.“ ( www.puls24.at ) Kurz nach dem vorher feststehenden Ergebnis – ÖVP-Chef Nehammer betont, er „ sei zunächst für einen Regierungsbildungsauftrag an die stärkste Partei gewesen, FPÖ-Chef Herbert Kickl sei aber gescheitert, denn er habe keinen Partner für eine Regierungsbildung gefunden“ (Standard mit Datum 25.10.24) – geht es also richtig los. Nehammer erhält den Auftrag zur Regierungsbildung und beginnt Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ und den NEO S . D ie Kunst des Verhandelns … B ei solchen Verhandlungen geht es natürlich nicht darum, die diversen Programme und Ankündigungen abzugleichen und daraus – womöglich mit einigen Kompromissen – ein Regierungsprogramm zu destillieren. Das wäre leicht und schnell zu haben. Es geht darum, sich durchzusetzen , um die se Verhandlungen zu gewinnen . Das ist eine elementare demokratische Notwendigkeit. Schließlich muss dem Wähler – der wie immer als Zaungast begeistert oder peinlich berührt oder angewidert beobachten darf –, dem Wähler also muss schon klar gemacht werden, dass seine Stimme auch Gewicht hat und deswegen bei der jeweiligen Partei in den besten Händen ist; weil die sich durchsetzt. Womit, ist ziemlich egal. Daher das weitschweifig mäandernde Getöber von Forderungen, Vorschlägen, Übereinstimmungen und Zurückweisungen in zermürbenden Gesprächsrunden. Weil schon die Dauer der Verhandlungen b e weist, wie schwierig die Kompromissfindung ist, weil die Parteien bekanntlich „ wie die Löwen“ kämpfen – für sich . Die drei Parteien , die verhandeln, einigen sich immerhin darauf, dass der Zustand der Staatsfinanzen das Kernstück und die Bewährungsprobe einer jeden neuen Regierung sein muss. Das Budgetdefizit gehört angegangen, die Struktur der Staatseinnahmen und -ausgaben gehört aufgemischt und überarbeitet, nach Verlautbarungen sogar ziemlich radikal. Auch ohne das genaue Studium des „Kapital“ – „Der einzige Teil des so genannten Nationalreichtums, der wirklich in den Gesamtbesitz der modernen Völker eingeht, ist – ihre Staatsschuld. “ ( Marx, Das Kapital 1 , S. 782 ) – ist den Beteiligten klar, dass das Volk zur Sanierung der Staatsfinanzen, zu einem neu zu gestaltendem Verhältnis von St aats einnahmen und Staatsschulden herangezogen werden wird. Wer denn auch sonst, ist ja niemand anderer da … Ebenso ist den drei Parteien selbstverständlich, dass im Volk zwei wichtige ökonomische Klassen ihre Aufgaben zu erledigen haben; dass die eine Klasse für die Organisation des Kapitalwachstums zuständig ist, an dem auch die Staatsfinanzen hängen, über die Steuereinnahmen , und zwar durch die Benutzung der anderen, der arbeitenden Klasse. Deswegen darf daher erstere Klasse – vulgo: die Wirtschaft – auf keinen Fall durch die Notwendigkeiten einer „Budgetsanierung“ belästigt werden; a uch d arüber besteht Konsens. … über die Rolle der „kleinen Leute“ … Die Auseinandersetzung dreht sich um Schlagworte wie „ausgabenseitig“ oder „einnahmenseitig“, wobei ein klares „beidseitig“ ebenfalls auf der Hand liegt. Werden nur die „kleinen Leute“ wieder mal ärmer, durch Kürzung von Sozialleistungen und einer eventuellen Erhöhung der Massensteuern? Diese „kleinen Leute“ heißen ja deswegen so, weil sie alles auslöffeln müssen, was ihnen die großen Leute in Politik und Wirtschaft antun! Oder müssen diesmal auch die „starken Schultern“ der „Reichen“ etwas „beitragen“ , wie die Sozialdemokratie glauben machen will, was aber im Grunde genommen nicht geht, denn deren Reichtum ist schließlich „die Wirtschaft“, die gefördert gehört, schon weil die Arbeitsplätze der Armen an den Gewinnen der Reichen hängen. Ein sachlich gesehen sehr kleines, lösbares Problem besteht also darin, dass die SPÖ wenigstens ein sog. „Narrativ“ braucht, eine Geschichte, eine Sprachregelung, um ihre gestalterische Kraft als Schutzpatron der „kleinen Leute“ glaubwürdig darzustellen. Nach den üblichen „langen, harten und zähen Verhandlungen“ hätte sich da schon ein „Kompromiss“ und eine passende Sprachregelung gefunden, weil zumindest der ÖVP-Verhandlungsführer Nehammer wirklich glaubwürdig eine finden hätte wollen … … mit einem abrupten Ende aus Mangel an „Resilienz“ Dann passiert etwas Unvorhergesehenes, das die anderen – Bundespräsident, ÖVP und SPÖ – auf dem falschen Fuß erwischt: Die NEOS – unerfahren in so schwierigen Verhandlungen, wie gern betont wird – schmeißen die Nerven weg und steigen aus. Wie das? Nun, die NEOS waren die einzige Partei, die voll Enthusiasmus und Sendungsbewusstsein in die Koalitionsverhandlungen eingestiegen ist – endlich duften sie mitmachen, wurden sie wirklich gebraucht, weil ohne NEOS eine praktikable Mehrheit im Parlament nicht zu haben war. Und siehe da, Idealisten gibt es nicht nur unter Linken und grünen „Gutmenschen“, die gibt es auch unter stockbürgerlichen altklugen Besserwissern. Als Idealisten einer wahrhaft bürgernahen Politik und einer wirklichen Marktwirtschaft – wofür nur die NEOS als Newcomer und nach eigener Meinung wirklich kompetent sind – so waren sie angetreten und mussten frustriert erleben, dass ÖVP und SPÖ von ihnen nicht so begeistert waren, wie die NEOS von sich selber. Gerade das kreuzbrave Bedürfnis der SPÖ nach einem gesichtswahrenden „Narrativ“ war ihnen besonders zuwider, als Verstoß gegen die reine Lehre der staatlichen Dienste am Kapital, um die es doch wohl gehen muss. Eine kleine Reminiszenz an die Anfänge anderer Idealisten, nämlich der Grünen: Die wurden früher mal als nicht politikfähig , weil rein ideologiegetrieben gehandelt – bis dann die sog. „Realos“ die Bühne betraten. Im Team der NEOS waren aber keine Realos vertreten. Dort hat man sich nach einigen Wochen zur Einsicht vorgearbeitet, dass auch in dieser Koalition nicht der Schwanz mit dem Hund wedeln wird, und – so haben sie nachher berichtet – im Verlauf eines langen Abends haben sie die eigene Beleidigtheit darüber soweit radikalisiert, dass die Trotzreaktion nicht mehr aufzuhalten war. Nachdem das außerhalb der NEOS-Blase niemand verstanden hat, musste die Vorsitzende mit viel Wortgeklingel erläutern, dass die anderen Parteien, diese Unwürdigen von den NEOS und deren faszinierend guten Ideen – doch tatsächlich nicht so fasziniert waren, wie diese von sich selber. Kickl ante portas! Dann ging alles ganz schnell. Der nun abgetretene Kanzler Nehammer wollte zwar mit der SPÖ weiterverhandeln, im Verlauf einiger Stunden haben ihm seine Parteifreunde aber klar gemacht, dass daraus nichts wird; die Fraktion, die schon vorher mit der FPÖ auch unter Kickl koalieren wollte, hat unmissverständlich durchblicken lassen, dass die parlamentarische Mehrheit von ÖVP und SPÖ – nur eine Stimme! – künftig an ihr scheitern wird. Von Sebastian Kurz ist immerhin der Satz überliefert: „Soll ich ein Bundesland aufhetzen?“ – falsch daran ist nur die Unterstellung, die Teilorganisationen innerhalb der ÖVP bräuchten eine extra Einladung, um die Bundespartei oder die Regierung zu sabotieren. Und schon war das „rituelle Obmann-Schlachten“ der ÖVP, wie das von Kennern gern genannt wird, überraschend kurz und schmerzlos erledigt. Immerhin durfte der Präsident der Industriellenvereinigung ein paar Augenblicke im Gestus auftrumpfen, er würde der ÖVP den Auftrag zu einer Koalition mit der FPÖ erteilen, aber vielleicht ist das in diesem desorientierten Haufen wirklich die einzige Konstante. Das Wahlprogramm der FPÖ war schließlich auf das „Anfüttern“ „der Wirtschaft“ hinkonstruiert, nach dem Motto – um noch ein bekanntes Bonmot aus der Kurz-Zeit zu strapazieren – wenn die ÖVP schon die „Hure der Reichen“ sein will, nun, die Reichen sind eindeutig für die FPÖ. In seiner ersten Stellungnahme nach dem Auftrag zur Regierungsbildung hat Kickl der ÖVP neben ihrer Unterwerfung unter ihn auch ausgerichtet, dass er nun Geschlossenheit verlangt, und keine solchen Mätzchen dulden wird. Wir wollen doch etwas lernen, und der demokratischen Falle ausweichen, oder? Was man als wahlberechtigter Untertan unterlassen sollte: Die Frage, wer denn nun „wirklich“ für das Scheitern der Dreierkoalition verantwortlich ist, stellt sich nicht. Es sind ohnehin immer die anderen. Wer nicht völlig blöd ist, oder Journalist, oder beides, braucht sich mit dem Problem nicht zu belasten. Es verbietet sich ebenfalls, darüber zu räsonieren, was denn die ÖVP in der nun verhandelten Koalition unbedingt alles tun müsse oder nicht tun dürfe, im Interesse Österreichs oder wenigstens im Interesse der Partei – das muss man schon der ÖVP überlassen; dazu wurde sie vom Wähler ermächtigt. – Wieder: Es sei denn, man ist blöd oder Journalist oder Politikberater. Den Lügenbaronen von der ÖVP vorzuwerfen, dass sie solche sind, und womöglich den Wähler als Opfer der Lügner darzustellen, ist geradezu lächerlich. Denn wer auf die Bemühungen dieser Partei zur Diskreditierung des Herrn Kickl reingefallen ist oder wenigstens im Nachhinein so tut, ist ein Heuchler und / oder dümmer, als die Politik erlaubt. Der Wähler ist halt der nützliche Idiot bzw. der Komplize der Gewählten; er hat es nicht besser verdient. Wenn Leute lügen, dann lügen sie halt. Dann hat man, wenn schon, darüber zu befinden, warum gelogen wird, bzw. was die Lügner damit erreichen wollen. Fertig. Es nützt einem halt praktisch nicht viel – im Unterschied zum Privatleben ist man lügenden Machthabern weiter ausgeliefert. Das ist u.U. bitter, aber eines verbietet sich kategorisch: Angesichts dessen das demokratische Angebot anzunehmen, und sich auf die Suche nach Alternativen zu begeben, denen man beim nächsten mal wieder treudoof und dumpfbackig glauben kann. Die „ r ealistisch“ sein wollende Einstellung, bei der Politik handle es sich halt um ein „schmutziges Geschäft“ – die ist weder eine Absage noch wenigstens ein Bedürfnis nach Aufklärung, sondern bloß das Zugeständnis, Politik sei eben eine moralische Sonderwirtschaftszone. Wer den Lügnern beim Lügen viel Erfolg wünschen möchte, bescheinigt denen momentan und konstruktiv ein – Glaubwürdigkeitsproblem ! So wie jetzt manche ÖVP-Politiker der zweiten oder dritten Garnitur, die demnächst Wahlkämpfe bestreiten. Wären ihnen die Lügen der eigenen Partei und / oder die FPÖ wirklich zuwider, könnten sie es ja lassen – solche Figuren mit dem Befund der „Unglaubwürdigkeit“ sind also selber „unglaubwürdig“ zum Quadrat. Lauter Lügner und ihre Fans unter sich … * Sachen zum Lachen, oder „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“: https://web.archive.org/web/20240924104138/https://www.dievolkspartei.at/Download/Tricksi-Buch/Tricksi_Buch_Partei_FREIGABE_Gesamt.pdf Eine Alternative: Demokratie: Die perfekte Form bürgerlicher Herrschaft Vortrag und Diskussion: Dienstag, 21.01.2025, 18:30 Uhr NIG Hörsaal III Universitätsstraße 7, 1010 Wien Freie Wahlen werden amtlich als Kernstück der Demokratie geschätzt. In der Demokratie, heißt es, wird nicht einfach regiert – das Volk erteilt per Abstimmung den Auftrag zur Wahrnehmung der Staatsgeschäfte. Weniger amtlich betrachten Politiker wie Wähler diese Veranstaltung ohne solche Ehrerbietung. Demokratische Politiker nehmen Wahlen nüchtern als Bedingung und Gelegenheit, auf Kosten der Konkurrenten an die Macht zu gelangen. Und mündige Bürger haben Wahlen längst als Schwindel durchschaut. Wählen gehen sie selbstbewusst ohne Illusionen, damit etwas zu „bewirken“ oder zu „verändern“. Sowohl die hohe Meinung über die hehren Grundsätze demokratischer Machtausübung wie auch das abschätzige Urteil über die praktische Betätigung des Volkswillens übergehen allerdings, was das Institut der freien Wahlen tatsächlich leistet: Mit den Wahlkreuzen legitimiert sich immerhin eine Herrschaft, die sich auf ihre Unabhängigkeit von ihrer Basis – vom „Druck der Straße“ – viel zugute hält und von ihrer Freiheit regen Gebrauch macht. Und auch wenn es aufgeklärten Zeitgenossen „letztlich doch egal“ ist, von wem sie regiert werden; egal sollte es ihnen nicht sein, dass sie von ihrer demokratisch gewählten Herrschaft alle Lebensbedingungen serviert bekommen, mit denen sie praktisch zurechtkommen müssen. https://gegenpositionen.at/aktuell/demokratie-die-perfekte-form-buergerlicher-herrschaft…
 
Der Nationalsozialismus und seine nachträgliche Verdichtung (Teil 5 ) Bemerkungen zur nationalsozialistischen Herrschaft – und den ideologischen Verrenkungen nachher Die Verdichtung nachher am End punkt: Der deutsche Katechismus „ Zu den meisten Kriegsverbrechen, Massakern u n d Schlächtereien in der Geschichte gibt es eindeutige Stellungnahmen. Ein Massaker im Rahmen eines kolonialen Krieges wird entweder mit dem Hinweis auf militärische oder politische Notwendigkeiten gerechtfertigt oder aus humanitären Gründen verurteilt. Der Sinn eines solchen Massakers ist aber auch seinen Kritikern einsichtig. Man verurteilt das Verbrechen, weiß aber, warum es stattfindet. Bei Auschwitz stellt sich das anders dar. Die Verurteilung des Massenmordes an den europäischen Juden ist (fast) einhellig. Dafür wird in der Regel davon ausgegangen, daß sich in diesem Fall das letztendliche Motiv für dieses Verbrechen der Kenntnis und der Nachvollziehbarkeit der Kritiker entzieht.“ (Stefan Grigat, Ökonomie der „Endlösung“? „Weg und Ziel“ 1997) In der Tat: „ Kriegsverbrechen, Massaker und Schlächtereien in der Geschichte“ – da gehört Auschwitz hin, von Einzigartigkeit bislang keine Rede. Die Gegenüberstellung – ein Massaker wird entweder gerechtfertigt oder verurteilt – die stimmt allerdings nicht: Beides ist der Fall, die Veranstalter rechtfertigen, und die Opfer oder Unbeteiligte verurteilen. Es stimmt auch nicht, dass jedes Massaker, sobald durch eine militärische oder politische Zweckmäßigkeit begründet , damit auch schon gerechtfertigt ist: Das hängt eben von der Parteienstellung des Betrachters ab, das gilt schnörkellos nur für die je „eigene“ Seite, für die Nation, die den Veranstalter gibt; da gilt: zweckmäßig gleich gerechtfertigt; das gilt auch nicht nur für die meisten, sondern für alle „Kriegsverbrechen“. Auf der anderen Seite gilt die Umkehrung, dem Massaker der Gegner wird jeder politische oder militärische Zweck, damit auch jedes Verständnis verweigert bzw. abgesprochen. Übrig bleibt dann „das Böse“ – das ist eine moralische Konstruktion, das grundlose Massaker um seiner selbst willen, also ohne jene Rechtfertigungen und ohne das Verständnis , das die je „eigenen“ Schlächtereien üblicherweise genießen. Der Unterschied zwischen den üblichen Massakern und Auschwitz liegt nach dieser Darstellung auch woanders, nämlich nicht in der Sache, sondern erst mal in der mangelnden „ Kenntnis und Nachvollziehbarkeit“ durch die Kritiker. Diese sind bei Auschwitz angeblich nicht gegeben bzw. es „wird davon ausgegangen“, dass dem nicht so sei. Aber , w enn man etwas nicht weiß, den Grund für ein Massaker nicht kennt, dann ist das eine Auskunft über die Kenntniss e der Kritiker , ein Befund über die erkennende n Subjekt e , die sich halt nicht auskennen, und nicht über die Sache selbst. Die offenkundige Gemeinsamkeit von „Auschwitz“ mit anderen Massakern, Schlächtereien etc. ist gegeben: Auch dieser Völkermord wurde gerechtfertigt, von seinen Veranstaltern nämlich, die ihre Motive ausführlich geäußert haben, und das gute deutsche Volk damit überschüttet und erfolgreich agitiert haben. ( „Verbrechen“ ist die Verharmlosung, das war Realpolitik!) Hitler hat seine Motive unermüdlich breitgetreten, hat sich den Mund fusselig geredet und bei jeder Gelegenheit seine Hasspredigten verbreitet, kennen könnte man das Motiv schon, da müsste man es halt zur Kenntnis nehmen – die Nachvollziehbarkeit , also die Frage, ob das Motiv auch in die eigene Weltsicht passt, in die eigenen Vorstellungen von Politik, ist ohnehin eine andere. Wenn man nun glaubt, die breit geäußerten Motive der Täter hätten mit der Tat nichts zu tun, dann wäre das zu erläutern. Die Darstellung ist insofern ein Dokument der Ignoranz; denn die erwähnte (fast) einhellige Verurteilung ist ein Resultat der Niederlage des Dritten Reichs, sie tritt erst nachher in Kraft. „ Mit ihrer Auffassung, die Shoah sei nur im Rahmen der umfassenden, weitere Vernichtungen einschließende Modernisierungspläne der Nazis zu begreifen, laufen sie (Aly/Heim) Gefahr, den Unterschied zwischen der antisemitisch motivierten Massenvernichtung in Auschwitz einerseits und dem imperialistisch-rassistischen Feldzug gegen die sonstige Bevölkerung andererseits einzuebnen. Selbstverständlich gab es diese umfassenden Vernichtungspläne bezüglich Russen, Polen und anderen slawischen Völkern. … Bei den Vernichtungsplänen gegen Russen, Polen etc. ging es um klar definierte Zwecke. Die an ihnen begangenen Untaten fallen in jene eingangs erwähnte Kategorie von Verbrechen, bei denen auch dem Kritiker die Ziele dieser Taten offen vor Augen liegen. … Daß die deutsche Wehrmacht auch dabei mit in der Geschichte fast beispielloser Brutalität vorging darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß diese Handlungen zweckgebunden waren. Eine endgültige Vernichtung des ‘Russentums’ war nie genuines Ziel der nationalsozialistischen Ideologie.“ (ebd.) Was als subjektives Unwissen des Kritikers eingeführt wurde, ist nun die objektive Bestimmung der Sache: Keine Ziele, keine Zwecke, es gibt nichts zu wissen. Aber warum und aus welchen Motiven kommt man eigentlich auf das Bedürfnis, zwischen den diversen Leichenbergen, die das Dritte Reich produziert hat, noch einmal zu selektieren? Sozusagen Opfer erster Güteklasse von Opfern minderen Ranges zu unterscheiden – wobei der Unterschied in den Zweck en liegen, wegen der Russen, Polen, Angehörige slawische Völker getötet wurden; Juden aber nicht. Staaten, auch das Dritte Reich gehen nun einmal über Leichen, wenn es ihnen militärisch, strategisch etc. nützt – weltfremd will man offenbar nicht sein, und dass die vom „eigenen“ Staat produzierten Leichen von dessen Anhängern durch diese Zwecke auch gerechtfertigt sind, ist bekannt. Wenn nun der deutsche Patriot seinem „natürlichen“ Rechtfertigungsbedürfnis nicht nachgeben darf – Deutschland musste sich schließlich zur Schuld am Völkermord bekennen, das war die conditio sine qua non für den deutschen Neubeginn unter den Fittichen der USA – dann ist diese Unterscheidung der Güteklasse der Opfer eine unterstützende Handreichung : Wenn es denn wirklich sinnlos, zwecklos, nutzlos ist, das massenhafte Umbringen von Juden, dann ist damit jedem Rechtfertigungsbedürfnis die Grundlage entzogen. Bedingungslose Verurteilung erheischt die Zwecklosigkeit . Der bürgerliche Verstand, in dem Fall der deutsche bürgerliche Verstand sichert sich ab – die Verurteilung der sog. „Verbrechen“ wird durch die Unerkennbarkeit wasserdicht. Womöglich hat das deutsche Nationalbewusstsein instinktiv den Verdacht, die Verurteilung, die kompromisslose Ablehnung wäre durch die Kenntnis se der Motive gefährdet. Wenn das Massaker einen – irgendeinen nachvollziehbaren! – Zweck hätte, wäre die bedingungslose Verurteilung gefährdet, das Verstehen könnte in Verständnis münden. Besonders, vielleicht einzigartig ist in dem Fall, dass das, was sonst für den Feind gilt – keine Gründe, also böse – in diesem Fall für die deutsche Befassung mit der eigenen Geschichte gilt, man darf im Rückblick keine Interessen, keine Zwecke entdecken. Das Bedürfnis der Unterscheidung zwischen den diversen Leichenbergen des Dritten Reiches ist keine Erfindung dieser Debatte und dieser Kritiker, sondern eine praktische deutsche Errungenschaft: (S. 274) „ Es ist bezeichnend, daß die westdeutsche Regierung an Juden ‘Wiedergutmachungszahlungen’ leistet, jedoch nicht an Kommunisten und andere verfolgte, radikale Gegner der Nazis.“ (Postone) Daraus haben gute Superdeutsche – offenbar – auf die Singularität von Auschwitz geschlossen. Die BRD hätte tatsächlich nachher noch einmal und zwar rein moralisch selektiert, und die Opfer des Nationalsozialismus nach den Kriterien „zweckmäßig und zielgerichtet“ bzw. „völlig sinnlos“ sortiert, und den „völlig sinnlosen“ – den reinen, den unbefleckten – eine Vorzugsbehandlung angedeihen lassen. Das ist noch nicht alles! Dazu passt die neudeutsche Erlösungslehre, der „Katechismus“. Die Bezeichnung stammt von Dirk Moses, einem australischer Historiker und Völkermordforscher, der die Resultate der „Vergangenheitsbewältigung“ bewältigt, indem er sie mit Hohn und Spott übergießt: Von der Schuld , über das Bekenntnis zur Sünde , zur Vergebung und Erlösung : „ Die Erinnerung an den Holocaust als Zivilisationsbruch ist für viele das moralische Fundament der Bundesrepublik. Diesen mit anderen Genoziden zu vergleichen, gilt ihnen daher als eine Häresie, als Abfall vom rechten Glauben. Es ist an der Zeit, diesen Katechismus aufzugeben. … Millionen Deutsche haben während der vergangenen Jahrzehnte verinnerlicht, dass für die sündige Vergangenheit ihrer Nation nur über den Katechismus Vergebung zu erlangen ist. Kurz gefasst impliziert der Katechismus eine Heilsgeschichte, in der die ‘Opferung’ der Juden durch die Nazis im Holocaust die Voraussetzung für die Legitimität der Bundesrepublik darstellt. Deshalb ist der Holocaust für sie weit mehr als ein wichtiges historisches Ereignis: Er ist ein heiliges Trauma, das um keinen Preis durch andere Ereignisse – etwa durch nichtjüdische Opfer oder andere Völkermorde – kontaminiert werden darf, da dies seine sakrale Erlösungsfunktion beeinträchtigen würde. Für den Historiker Dan Diner etwa nimmt der Holocaust als Zivilisationsbruch den Platz ein, der vormals Gott zukam.“ (https://geschichtedergegenwart.ch/der-katechismus-der-deutschen/) Habe das nicht weiter verfolgt, das ist ein logischer Endpunkt der deutschen Selbstbeweihräucherung via „Holocaust“, eine Art Staatsreligion. Einzigartig! Das andere Ergebnis, neben der nationalistischen Selbstvergötzung Deutschlands durch diesen Katechismus, das besteht darin, dass man analytisch, in Sachen Erkenntnis, buchstäblich auf „Null“ gelandet ist. Man weiß nichts und man kann nichts wissen – d.h. es ist damit rein gar nichts kritisiert, diskreditiert, korrumpiert, nichts ist in Misskredit gebracht. Kein Stück Staat, Politik, Nation ist tangiert. Das nicht-wissen-können ist der Freispruch für alles und jedes, oder anders: Wer theoretisch auf Null ist, ist damit praktisch handlungsunfähig. „Wehret den Anfängen“ ist ja ein netter Spruch, aber den Anfang eines grund- und zwecklosen Phänomens überhaupt zu erkennen und ihm wehren, wie soll das gehen? „ Prinzipiell ist der Hinweis von Aly/Heim auf die Bedeutung des Kriegsbeginns und später des Angriffs auf die Sowjetunion für die Radikalisierung der antisemitischen Maßnahmen richtig. … Durch den Krieg erlangten die von den Nazis selbst erneut reproduzierten Figuren des ‘Monopol-’, ‘Kollektiv-’ und letztlich auch ‘Liberalitätsjuden’ in den Augen des nationalsozialistischen Staates reale Gestalt und verfügten in Form der alliierten Kriegsgegner nun über ein tatsächliches Bedrohungspotential. Der beginnende Krieg erschien als existentieller Entscheidungskampf gegen die Juden. So gesehen wurde die Judenvernichtung mit dem Krieg rational, aber nicht im wirtschaftlichen Sinne, sondern rational innerhalb des faschistischen Wahns.“ (Grigat ebd.) In einer Hinsicht liegen Aly/Heim richtig: Ja, der Krieg gegen das „Judentum“ war ein Teil des Zweiten Weltkriegs – aber das behält man besser für sich, weil – Gehirnwäsche! – das womöglich als Verharmlosung empfunden wird, bei allen denen, die sich so wohlig in der „Einzigartigkeit“ mental eingehaust haben, in der Entpolitisierung des Völkermordes. Krieg führt ja bald wer, eine rigorose Verurteilung wäre da nicht mehr drinnen. Der finale Beschluss zur „Endlösung“ wurde um die Jahreswende 1941/42 gefasst, die Wannsee-Konferenz zur organisatorischen Durchführung datiert Anfang 1942. Damals war klar, dass das mit dem Blitzkrieg gegen die Sowjetunion nichts wird, dass sich die Schlächterei in die Länge zieht. Hitler hatte den USA den Krieg erklärt, die Vermeidung des Zweifrontenkriegs hat nicht geklappt, es kündigt sich der Endkampf, der deutsche Existenzkampf an. Also fällt die Entscheidung zur Vernichtung des Bolschewismus auch im Inneren des deutschen Machtbereichs. Auch der Völkermord ist ein Stück Realpolitik. Dem Topos vom „faschistischen Wahn“, innerhalb dessen die Judenvernichtung „rational“ wurde, ist ja zuzustimmen. In der Tat, der Nationalsozialismus hat eine Verschwörungstheorie auf das „Judentum“ angewandt. In dem Aufsatz wird aber „rational“ mit „ökonomisch nützlich“ gleichgesetzt; und was nicht ökonomisch nützlich ist, ist dann irrational bzw. unerklärlich . Das ist eine Themenverfehlung! „Die Theorie wird zur materiellen Gewalt, sobald die die Massen ergreift!“ Gilt leider auch für wahnsinnige Theorien, daher muss man dem Wahn nachgehen. Es handelt sich schon um einen Wahn; allerdings um den ganz normalen Wahn namens Volk, Staat, Nation. Die Konstruktionsprinzipien des Wahns sind im staatsbürgerliches Grundwissen enthalten, sind nationale basics: Was ist ein Volk und sein Charakter, und – „so sind wir nicht!“ Stichwort Einzigartigkeit: UN-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes Das Gelichter, das in der UNO beieinander hockt, hat zum Völkermord eine eindeutige Stellung: von „Einzigartigkeit“ kann keine Rede sein. Die Staaten gehen davon aus, dass sie selber bzw. wenigstens ihre gewaltmonopolistischen Artgenossen durchaus Gründe für Völkermorde hatten oder haben, den sie wie folgt definieren und untersagen: Unter „Völkermord“ fallen „ Handlungen, die in der Absicht begangen (werden) , eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“. „Der Text der Konvention wurde maßgeblich von Raphael Lemkin formuliert, der den Begriff des Genozids 1944 unter dem Eindruck der Vernichtung der Armenier (1915 – 1916) und der Vernichtung der Juden (1941 – 1945) geprägt hatte.“ ( https://de.wikipedia.org/wiki/Konvention_%C3%BCber_die_Verh%C3%BCtung_und_Bestrafung_des_V%C3%B6lkermordes ) Es geht um Gruppen, von denen die Staatengemeinschaft annimmt, dass sie bedroht sind. In dem Sinn, dass die bloße Zugehörigkeit eines Individuums zu so einer Gruppe für das Todesurteil ausreicht, völlig unabhängig von den Taten oder Unterlassungen des Individuums. Wie das? Nun, den Unterzeichnern ist offenbar die Unterscheidung vertraut, die Staaten öfter mal vornehmen – die zwischen erstens einem Staatsvolk , das ist die Gruppe der unbedingt Zuverlässigen, der eingeschworenen fraglosen und bedingungslosen Mitmacher, auf die Verlass ist, weil ihre nationale Identität als persönliche Eigenschaft der Individuen diese Zuverlässigkeit verbürgt, womöglich auch noch im Blut oder der DNA fixiert ist, wie das Hitler so nachdrücklich formuliert hat –, und zweitens anderen „Gruppen“, die nicht zu dieser privilegierten Menschensorte zählen, aber auch unter derselben Herrschaft leben. Wenn diese nicht so erwünschten Angehörigen von – „ nationale n , ethnische n , rassische n oder religiöse n “ – Gruppen dann wegen ihrer Diskriminierungen auch noch renitent werden, wird es möglicherweise ungemütlich, so eine Widersetzlichkeit muss aber gar nicht sein, wieder siehe Hitler. Aber wenn diese „Gruppe“ dann auf die Idee kommt, sie bräuchte einen „eigenen“ Staat, um auch voll- und gleichberechtigt als Staatsvolk leben zu können, dann ist es mit der Gemütlichkeit endgültig vorbei und die Terrorismusbekämpfung beginnt. * Die Begeisterung über die positive deutsche Identität via „Auschwitz“ lässt sich auch ohne Abflug ins Religiöse zur Darstellung bringen. Auschwitz spricht eindeutig für Deutschland , via „ Erinnerung, Reue, Verantwortung im Gestus des Geläuterten“ – haben fertig . Billiger geht’s nicht. Natürlich ziehen „wir“ uns in periodischen Ritualen den „Horror“ rein, zur Vermittlung von „Halt, Sinn und Werten“ – als Auftakt zur Feier der guten Nationallaune! Der Dichter Walser war seinerzeit offenbar der Meinung, Deutschland hätte diesen „Umweg“ nicht mehr nötig: „‘ Auschwitz’, um die Kurzformel zu gebrauchen, ist längst zum konstitutiven Bestandteil dieser Republik, ja zum Teil ihrer Verfassung geworden. … Dieses Deutschland, das glücklichste in der Geschichte, bezieht merkwürdigerweise auch seine positive Identität aus dem Menschheitsverbrechen. Wie das? Die Liste ist endlos. Die Verfassung? Nie wieder Weimar. Staatsbürgerrecht? Nie wieder wie bei den Nazis. Menschenrechte? Damals wurden sie zertrampelt, jetzt sind sie unantastbar. Pressefreiheit? Natürlich, als Bastion gegen die Totalitären. Außenpolitik? Stets in der Gemeinschaft, damit die Deutschen nie wieder dem Hegemonialwahn verfallen können. Erinnerung, Reue, Verantwortung sind Teile der ungeschriebenen Verfassung. Anfänglich hat man es dem Ausland zuliebe getan, so wie Adenauer kühl kalkulierend die Wiedergutmachung beschloß, um den USA zu gefallen. Aber daraus ist ein Stück raison d’état geworden. So stellt sich das ‘bessere Deutschland’ dar – nicht im kollektiven Flagellantentum, wie die Walsers wähnen, sondern mit dem Gestus des Geläuterten, der einen moralischen Anspruch zu verkörpern sucht. … Wenn die Nation am 9. November der ‘Kristallnacht’ gedenkt … formiert sie sich in einem Ritual, das wie alle Rituale Halt, Sinn und Werte vermittelt: Wir erinnern uns an den Horror und zelebrieren so dessen Überwindung. Wer das wie Walser als ‘Lippengebet’ verhöhnt, verkennt die lebenswichtige Funktion von scheinbar ‘leeren’ Ritualen. Müßig hinzuzufügen, daß dies auch realpolitischen Zins zuhauf abgeworfen hat.“ (Josef Joffe, Süddeutsche Zeitung 12./13.12.98)…
 
Der Nationalsozialismus und seine nachträgliche Verdichtung (Teil 4 ) Bemerkungen zur nationalsozialistischen Herrschaft – und den ideologischen Verrenkungen nachher Ein Hindernis auf dem Weg zur Weltmacht: Das feindliche Volk im Inneren Das ist der vierte Teil einer Reihe zu diesem Thema. Die Rede von der „nachträglichen Verdichtung“ ist natürlich absichtlich doppeldeutig gemeint, im Sinne der nachträglichen Verballhornung und Verfremdung des Dritten Reichs durch viel Dichtkunst, und der Zuspitzung auf den Völkermord an den Juden; Erinnerung an Moishe Postone im ersten Teil der Reihe: „ Andere Gesichtspunkte, die für den Nazismus zentral waren, sind dabei vernachlässigt worden. … Mit anderen Worten, was den Juden geschah ist instrumentalisiert und in eine Ideologie zur Legitimation des gegenwärtigen Systems verwandelt worden. Diese Instrumentalisierung [hat] die innere Beziehung zwischen Antisemitismus und anderen Aspekten des Nationalsozialismus verdeckt.“ (Postone ebd.) Nachdem ich das Projekt einigermaßen zügig abhandeln möchte, gibt es möglicherweise Probleme mit den Sendeterminen bei den freien Radios, d.h. es werden eventuell nicht alle Teile auf allen Sendern zeitnah gebracht werden. Es empfiehlt sich, ab und an auf cba.media oder auf spotify oder auf freie-radios.net reinzuschauen, Podcast Kein Kommentar . Zur Erinnerung an Hitlers Diagnose: Der erste Schritt zum Völkermord, der besteht in der Identifizierung von Juden als Angehörige eines Volkes ; da sind nicht einfach Individuen unterwegs, die selber oder deren Vorfahren auch so einem Monotheismus huldigen – und es spielt auch keine Rolle, ob die sich selber überhaupt als Juden verstanden haben. Sie sind jedenfalls Teile eines Volkskörpers, eines Volkstums, eines Judentums. Wie ist es denn nun beieinander, dieses Volk bzw. diese Rasse; hier synonym zu verstehen? Der jüdische Volkscharakter, worin besteht er? Der Jude ist das Gegenteil des Ariers. Dem fehlt nämlich die Bereitschaft zur Aufopferung und der richtige Begriff der Arbeit. Die Staatenbildung – nation building – setzt Idealismus und Opferbereitschaft voraus, das ist nicht gegeben, und das macht sich geltend, zersetzend, mitten im Weimarer Deutschland. Das Motiv für Auschwitz entzieht sich der Kenntnis? Nur durch totale Ignoranz! Eine kurze, notwendige Zwischenbemerkung: „Zu den meisten Kriegsverbrechen, Massakern und Schlächtereien in der Geschichte gibt es eindeutige Stellungnahmen. Ein Massaker im Rahmen eines kolonialen Krieges wird entweder mit dem Hinweis auf militärische oder politische Notwendigkeiten gerechtfertigt oder aus humanitären Gründen verurteilt. Der Sinn eines solchen Massakers ist aber auch seinen Kritikern einsichtig. Man verurteilt das Verbrechen, weiß aber, warum es stattfindet. Bei Auschwitz stellt sich das anders dar. Die Verurteilung des Massenmordes an den europäischen Juden ist (fast) einhellig. Dafür wird in der Regel davon ausgegangen, daß sich in diesem Fall das letztendliche Motiv für dieses Verbrechen der Kenntnis und der Nachvollziehbarkeit der Kritiker entzieht.“ (Ste ph an Grigat, Ökonomie der „Endlösung“? „Weg und Ziel“ 1997, https://contextxxi.org/okonomie-der-endlosung.html ) Geht vorläufig nur um den letzten, wahrhaft gespenstischen Satz: „Bei Auschwitz entzieht sich das Motiv der Kenntnis und der Nachvollziehbarkeit“. Wie denn das? – Immerhin hat der Nationalsozialismus das deutsche Volk mit seinen, den damals praktisch gültigen Motiven flächendeckend und ohne Unterlass bekannt gemacht, und das sogar ohne social media. Achtung, was jetzt kommt, ist das sog. „victim blaming“. Die Täter beschuldigen die Opfer, und indem sie das tun, geben sie ihre Motive bekannt – man müsste sie halt zur Kenntnis nehmen, auch wenn das verpönt oder politisch unkorrekt ist. Vielleicht – kann vorkommen – sind die Beschuldigungen auf den ersten, zweiten Blick schwer nachvollziehbar; ändert aber nichts daran, dass man sie mal kennen müsste! Es geht – nach Goldhagen – um die „moralischen Werte oder die Vorstellungen über die Opfer als Quelle für die Mordbereitschaft der Täter“. Diese Notwendigkeit der Kenntnisnahme liegt auf der Hand: Mit seinen Hasspredigten, damit und nur damit, hat Hitler das gute deutsche Volk überzeugt, was anderes wurde den Deutschen nicht geboten; aber so hat Hitler alles angesagt und angekündigt, auf Punkt und Beistrich: „ Den gewaltigsten Gegensatz zum Arier bildet der Jude. … Denn wenn auch der Selbsterhaltungstrieb des jüdischen Volkes nicht kleiner, sondern eher noch größer ist als der anderer Völker, wenn auch seine geistigen Fähigkeiten sehr leicht den Eindruck zu erwecken vermögen, daß sie der intellektuellen Veranlagung der übrigen Rassen ebenbürtig wären, so fehlt doch vollständig die allerwesentlichste Voraussetzung für ein Kulturvolk, die idealistische Gesinnung. Der Aufopferungswille im jüdischen Volke geht über den nackten Selbsterhaltungstrieb des einzelnen nicht hinaus. … Sein Aufopferungssinn ist nur ein scheinbarer. Er besteht nur solange, als die Existenz jedes einzelnen dies unbedingt erforderlich macht. … Daher ist auch der jüdische Staat – der der lebendige Organismus zur Erhaltung und Vermehrung einer Rasse sein soll – territorial vollständig unbegrenzt. Denn eine bestimmte räumliche Fassung eines Staatsgebildes setzt immer eine idealistische Gesinnung der Staatsrasse voraus, besonders aber eine richtige Auffassung des Begriffes Arbeit. … Da der Jude niemals einen Staat mit bestimmter territorialer Begrenzung besaß und damit auch nie eine Kultur sein eigen nannte … ist und bleibt (er) der ewige Parasit, ein Schmarotzer, der wie ein schädlicher Bazi llus sich immer mehr ausbreitet; sowie nur ein günstiger Nährboden dazu einlädt.“ ( Mein Kampf S. 329 ff.) Das war damals die gängige Auffassung, das damals übliche Bild „des Juden“, des „Judentums“: Das staatenlose Volk. Der jüdische Staat ist „territorial unbegrenzt“ – wo ein Jude unterwegs ist, ist er als Agent eines „Judentums“ tätig. „Rasse“ ist da wieder die Überhöhung des Volkes ins Naturgegebene, ins Naturgesetzliche; jenseits so wolkiger religiöser Bekenntnisse. Ein Jude ist als Agent des Judentums tätig, mit der gleich Zwangsläufigkeit, mit der gleichen Unerbittlichkeit, die – unter Anleitung des Führers – der Arier an den Tag legt. Dieses Bild haben sich die Nationalisten, und zwar quer durch Europa im 19. Jh. im Zuge ihrer eigenen Staatsgründungen , ihrer nationalen Einigungen, erarbeitet. (Die alten religiösen Geschichten – Juden schlimm wegen Schuld am Tod des Herrn Jesus – sind Quatsch; es geht hier um den politischen Antisemitismus.) Die politische Bezeichnung „Antisemit“ in Absetzung zur Religion wurde erst damals als Selbstbezeichnung von einem deutschen Publizisten erfunden; Hannah Arendt notiert, dass es politische „antisemitische Bewegungen“ erst seit dem letzten Drittel des 19. Jhdt. gibt. Dieses Bild vom „Juden“ ist nicht mit sachlichen Auskünften über ein reales „Judentum“ zu kontern, im Sinn von – die sind gar nicht so. Ausgangspunkt von Hitlers Rassenkunde ist die elende Lage Deutschlands, die Forderung an die guten Deutschen, endlich zu Kämpfen, und das vorfindliche Desinteresse der Landsleute, alles auf Basis des nationalistischen Dogmas „so sind wir nicht!“ Daraus folgen auch keine Vorurteile , das sind handfeste, ernste Feindschafts- und Kriegserklärungen , weil sich der nationale Verstand auf die Suche nach Schuldigen macht! Und diese Rassenkunde war keine Besonderheit des Nationalsozialismus: Dass die Juden „ein Volk“ sind, mit dem etwas nicht stimmt, weil ohne Staat, das haben die damaligen Nationalisten in Europa im Zuge ihrer eigenen Staatsgründungen im 19. Jahrhundert entdeckt. Nach der russischen Revolution und den (Welt)Wirtschaftskrisen wurde dieses Bild entscheidend elaboriert. Das, was der Staat braucht – unsere , die nationale Wirtschaft – ist eine nützliche Einrichtung; wenn sie krisenhaft zusammenkracht bzw. wenn da welche den Klassenkampf ausrufen, dann als Folge fremden, auswärtigen Einflusses, denn „so sind wir nicht“, „wir“ machen doch nicht „unsere“ Wirtschaft kaputt. Aus einem Buch über den Austrofaschismus: Judentum = Bolschewismus „ Der Antisozialismus in Form des Antimarxismus war bei der Christlichen Arbeiterbewegung immer auch mit antisemitischen Motiven durchmischt. In allen ihren programmatischen Äußerungen – insbesondere auch im Linzer Programm der christlichen Arbeiter Österreichs 1923 waren Antimarxismus und Antikapitalismus durch den Antisemitismus verknüpft. Die marxistische Form des Sozialismus und die liberale Form des Kapitalismus waren für die Theoretiker der Christlichen Arbeiterbewegung gleichermaßen Produkt des internationalen Judentums, dessen Einfluß zu bekämpfen war.“ (Anton Pelinka, Christliche Arbeiterbewegung und Austrofaschismus, in: Talos / Neugebauer, Austrofaschismus, Wien 1984, S. 130) Ebenso: „ Ein Naziplakat bietet ein plastisches Beispiel für diese Wahrnehmung: Es zeigt Deutschland – dargestellt als starken, ehrlichen Arbeiter – das im Westen durch einen fetten, plutokratischen John Bull bedroht ist und im Osten durch einen brutalen, barbarischen, bolschewistischen Kommissar. Jedoch sind diese beiden feindlichen Kräfte bloße Marionetten. Über den Rand des Globus, die Marionetten fest in der Hand, späht der Jude. Eine solche Vision war keineswegs Monopol der Nazis. Der moderne Antisemitismus ist dadurch gekennzeichnet, daß die Juden für die geheime Kraft hinter jenen Widersachern, dem plutokratischen Kapitalismus und dem Sozialismus gehalten werden.“ (Moishe Postone, Antisemitismus und Nationalsozialismus, aus: Deutschland, die Linke und der Nationalsozialismus. Politische Interventionen, ca ira 2005) „Das Problem jener Theorien – wie der Max Horkheimers –, die sich wesentlich auf die Identifizierung der Juden mit dem Geld … beziehen, besteht darin, daß sie nicht imstande sind, die antisemitische Vorstellung einzufangen, Juden stünden hinter Sozialdemokratie und Kommunismus.“ ( Postone ebd. ) Das ist er, der Zusammenhang von Antimarxismus und Antikapitalismus: Das Judentum! Der moderne Antisemitismus, so Postone, ist in der Tat ein Produkt der Moderne, die „Moderne“ in Gestalt des Nationalstaates nämlich, der durch internationales Kapital und durch die internationale Arbeiterbewegung bedroht ist. Immerhin gab es damals noch eine Kommunistische Internationale ! „ Was dem Marxismus die staunenswerte Macht über die breiten Massen gegeben hat, ist keineswegs das formale, schriftlich niedergelegte Werk jüdischer Gedankenarbeit, als vielmehr die ungeheuerliche rednerische Propagandawelle … ( Mein Kampf S . 528) Indem ich den Juden als Führer der Sozialdemokratie erkannte, begann es mir wie Schuppen von den Augen zu fallen. … die Partei, mit deren kleinen Vertretern ich seit Monaten den heftigsten Kampf auszufechten hatte, lag in ihrer Führung fast ausschließlich in den Händen eines fremden Volkes … Je mehr ich den Juden kennenlernte, um so mehr musste ich dem Arbeiter verzeihen. ( ebd. S . 64 ff.) Nur die Kenntnis des Judentums allein bietet den Schlüssel zum Erfassen der inneren und damit wirklichen Absichten der Sozialdemokratie. ( ebd. S. 54) Das Finanzjudentum wünscht … nicht nur die restlose wirtschaftliche Vernichtung Deutschlands, sondern auch die vollkommene politische Versklavung. Die Internationalisierung unserer deutschen Wirtschaft, d.h. die Übernahme der deutschen Arbeitskraft in den Besitz der jüdischen Weltfinanz, läßt sich restlos nur durchführen in einem politisch bolschewistischen Staat. Soll die marxistische Kampftruppe des internationalen jüdischen Börsenkapitals aber dem deutschen Nationalstaat endgültig das Rückgrat brechen … ( ebd. S. 702) Im russischen Bolschewismus haben wir den im zwanzigsten Jahrhundert unternommenen Versuch des Judentums zu erblicken, sich die Weltherrschaft anzueignen …“( ebd. S. 751) „Wenn es dem internationalen Finanzjudentum in und außerhalb Europas gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen, dann wird das Ergebnis nicht die Bolschewisierung der Erde und damit der Sieg des Judentums sein, sondern die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa.“ (Hitler, Rede 30. 1.1939, zit. nach ‘Die Zeit’ 30.1.2019) „ Für Hitler waren das kommunistische wie gleichzeitig auch das kapitalistische System jüdisch dominiert, im Fall der Sowjetunion aber der ‘jüdische Bolschewismus’ die unmittelbare Gefahr. Es ging ihm nicht nur um Eroberung und Ausbeutung, sondern ganz konkret um Vernichtung.“ (Hans Rauscher, Standard 19.6.2021) Der Zusammenhang und Zusammenschluss von Judentum und Bolschewismus ist in der nationalsozialistischen Weltanschauung durchgängig, der ist nicht zu übersehen, sofern man sich damit befasst. Wie alle Leistungen „des Menschen“ und der Menschheit sind aus völkischer Sicht auch politische und geistige Strömungen völkisch zuzuordnen . Nicht „der Russe“, schon gar nicht „der Deutsche“, sondern „der Jude“ war aus dieser Sicht der Erfinder und Aktivist des Bolschewismus, und Russland war aus damaliger deutscher Sicht vom Judentum in seiner Ausprägung als Bolschewismus beherrscht. Der Nationalsozialismus hat „das Judentum“ nicht nur als gemeinschaftsunfähig punziert, weil nicht opferbereit, er hat es – noch einmal, damals der Mainstream! – auch mit dem Bolschewismus identifiziert. Es gab eine Arbeiterbewegung; die war aus nationalsozialistischer Sicht der aktive, militante Arm des Judentums, das in Deutschland tätig und in der Sowjetunion schon an der Macht war. Der proletarische Internationalismus wurde mit dem jüdischen Intern ationalismus identifiziert, der sozialistische Proletarier als „vaterlandsloser Geselle“ mit dem staatenlosen, dem international tätigen „Volk“ zusammengeschlossen . Deutschland war Opfer einer negativen Sozialpartnerschaft von jüdischem Kapital und „marxistischer Kampftruppe“: Der jüdische Kapitalist – oder der deutsche Kapitalist als „Nachahmungstäter“ –, die lassen den deutschen Arbeiter verkommen, dann kommt der jüdische Bolschewist und hetzt den Arbeiter auf, gegen Deutschland. Der Nationalsozialismus hat die Lage der Nation konsequent völkisch gedeutet; alles, was Deutschland schadet – denn: „So sind wir nicht!“ – muss von außerhalb kommen, denn die Volksgemeinschaft ist ein in sich homogener Verband, dessen Mitglieder gar nicht anders können, als miteinander ihre deutsche Agenda zu vollziehen. Falls eine Faschismusforschung nun zum Ergebnis kommen sollte, das alles sei nicht ernst zu nehmen, dann wäre das schon zu begründen, einfach ignorieren gilt nicht. Damit wurde das deutsche Volk immerhin flächendeckend und permanent zugeschüttet. Wer es überprüfen will, möge das tun, aber vor allem: Das Zeug ist ernst zu nehmen, und nicht von vornherein als absurder, deplatzierter Schwachsinn abzutun. Man darf das auch gern für Wahnsinn halten, aber dann stellt sich erst recht die Frage: Wie geht Wahnsinn? Denn dass „die Theorie zur materiellen Gewalt wird, wenn sie die Massen ergreift“, das gilt leider auch für wahnsinnige Theorien. (Dazu auch: „Die Juden – Opfer sinnloser Verbrechen“, in: https://www.vsa-verlag.de/uploads/media/VSA_Gutte_Huisken_Alles_Bewaeltigt_nichts_begriffen.pdf ) Drei Ergänzungen zum damaligen internationalen Standard der „Judenfrage“. Erstens: Eine Konferenz in Evian 1938 geht über die damalige jüdische Flucht und Migration , die teilnehmenden Staaten stellen sich die Frage: „was machen wir mit denen“ – Antwort: „wir wollen sie auch nicht“. Analog zu den aktuellen Flüchtlingen bzw. Migranten. Leute wurden bekanntlich sogar über den Atlantik zurückgeschickt. Die deutsche Presse berichtet begeistert: Juden sind überall unbeliebt. Zweitens: Die deutsche Wehrmacht hatte zwischen Frankreich und der Ukraine keine Schwierigkeiten, lokale Hilfswillige für das Einsammeln und den Abtransport der lokalen jüdischen Bevölkerung zu rekrutieren. Ausnahmen mögen die Regel bestätigen; an einer Verweigerung der jeweiligen anderen zivilisierten Völker ist da nicht viel gescheitert. Drittens: Der Stellenwert der Vernichtungslager für die Alliierten. Die waren den Westmächten seit 1942 bekannt, und während die Gräueltaten des Feindes normalerweise propagandistisch ausgeschlachtet werden, waren die Alliierten diesbezüglich ungefähr so diskret wie das Dritte Reich selber. Erst nachher, im Zuge der Umerziehungs-Gehirnwäsche, wurde „Auschwitz“ hochgespielt und instrumentalisiert. Eine vulgäre Frage der Zeitgeschichte lautet: Warum wurden die Bahnlinien nach Auschwitz nicht bombardiert?! Die schlichte Antwort: Die Rettung von Juden war kein Kriegsziel. Der Zusammenhang von Judentum und Bolschewismus wurde nach 1945 aufgelöst, wegen der Instrumentalisierung des Dritten Reiches im Kalten Krieg: Der Kommunismus war der weiterexistierende Gegner, die Sowjetunion nach wie vor des Reich des Bösen. Manche überlebende Juden haben sich um eine für den Westen strategisch nützliche Staatsgründung bemüht, die eine ähnliche Stellung als Frontstaat gegen den arabischen Nationalismus eingenommen hat, wie Deutschland gegen den Ostblock. Deutschland hat sich nach 1945 ausdrücklich als Rechtsnachfolger des Dritten Reiches aufgestellt, von einem totalen „Bruch“ konnte nicht die Rede sein, Nachfolge war angesagt, und zwar so: Deutschland zahlt die Schäden, natürlich nur ausgewählte, als „Wiedergutmachung“ – und erhebt Ansprüche auf die Außenstände, gegen die Sowjetunion, in Gestalt der DDR. Eine Erinnerung an Postone im ersten Teil der Reihe: Wiedergutmachung wurde an Juden, aber nicht an Kommunisten und andere Gegner gezahlt – das ist ungenau. Die „Wiedergutmachung“ für die einen wurde – über die „Rechtsnachfolge“ – zum Hebel gegen die anderen! Insofern konnte die materielle Wiedergutmachung und der moralische Opferbonus nur Juden zugutekommen, wg. Israel, aber nicht Kommunisten, wegen DDR: „ Es wäre auch gar zu albern gewesen, hätte die Bundesregierung mit ähnlichen Zahlungen womöglich genau die Sowjetunion für den Verlust von 20 Millionen Bürgern ‘entschädigen’ wollen, der von der BRD ihr Interesse an einer verbündeten DDR bestritten und vom Westen ein atomarer Weltkrieg angedroht wurde. Und mit gleichartiger ‘Großzügigkeit’ gegen die genau so konsequent ausgerotteten Zigeuner Europas hätte die BRD weder ein beachtenswertes diplomatisches Zeichen gesetzt – noch die USA bei der Alimentierung ihres nahöstlichen Vorpostens entlastet …“ ( Konrad Hecker: Der Faschismus und seine demokratische Bewältigung, München 1996, S. 275) Dazu auch: „Die Juden – Opfer sinnloser Verbrechen“, in https://www.vsa-verlag.de/uploads/media/VSA_Gutte_Huisken_Alles_Bewaeltigt_nichts_begriffen.pdf * Kurze Nachbemerkung: „Als einzige Schicht (blieb) die Arbeiterschaft verhältnismäßig immun gegen den Antisemitismus, vor allem in Deutschland, wo sie marxistisch geschult war.“ ( Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totalitärer Herrschaft, München 1986. S . 62) Nun ja, soweit marxistisch geschult, waren Arbeiter womöglich der Meinung, der Kampf der Klassen ist das, worauf es ankommt. Von Marx hätten sie auch lernen können, dass der Kapitalismus aus sich heraus, aus innerer Dynamik, Krisen und Zusammenbrüche produziert. Andererseits: Die NSDAP hat sich nicht zufällig so benannt: National und Sozialistisch, Deutsche und Arbeiter Partei! Hitler hat den Kampf um die nationale Mission des Proletariats aufgenommen, als dezidiertes Gegenprogramm zum proletarischen Internationalismus; er hat das Proletariat erfolgreich in die Volksgemeinschaft integriert, für den nationalen Befreiungskampf.…
 
Der Nationalsozialismus und seine nachträgliche Verdichtung (Teil 3 ) Bemerkungen zur nationalsozialistischen Herrschaft – und den ideologischen Verrenkungen nachher Das Mittel auf dem Weg z ur Weltmacht : Der deutsche Mensch in seinem Drang – Gemeinnutz geht vor Eigennutz Das ist der dritte Teil einer Reihe zu diesem Thema. Die Rede von der „nachträglichen Verdichtung“ ist natürlich absichtlich doppeldeutig gemeint, im Sinne der nachträglichen Verballhornung und Verfremdung des Dritten Reichs durch viel Dichtkunst, und der Zuspitzung auf den Völkermord an den Juden; Erinnerung an Moishe Postone im ersten Teil der Reihe: „ Andere Gesichtspunkte, die für den Nazismus zentral waren, sind dabei vernachlässigt worden. … Mit anderen Worten, was den Juden geschah ist instrumentalisiert und in eine Ideologie zur Legitimation des gegenwärtigen Systems verwandelt worden. Diese Instrumentalisierung [hat] die innere Beziehung zwischen Antisemitismus und anderen Aspekten des Nationalsozialismus verdeckt.“ Nachdem ich das Projekt einigermaßen zügig abhandeln möchte, gibt es möglicherweise Probleme mit den Sendeterminen bei den freien Radios, d.h. es werden eventuell nicht alle Teile auf allen Sendern zeitnah gebracht. Es empfiehlt sich, ab und an auf cba.media oder auf spotify oder auf freie-radios.net reinzuschauen, Podcast Kein Kommentar . „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ Das anspruchsvolle Programm der Eroberung von Lebensraum im Osten als Weg zur deutschen Weltmacht erheischt das Zusammenschweißen des deutschen Volkes zur Kampfgemeinschaft, die wie ein Mann hinter dem Führer steht. Ich erspare mir viele Einzelheiten bei der Nachzeichnung der inneren Umgestaltung Deutschlands nach der nationalsozialistischen Regierungsübernahme; die große Linie: Der damalige Volkskanzler 1.0 hätte den heutigen österreichischen Bundespräsidenten energisch bekämpft, wenn dieser behauptet, in der Nation ginge es pluralistisch zu, und das gehöre sich auch: „ Und das Volk, das sind wir alle. … Und wir sind unterschiedlich. Und unterschiedliche Dinge sind uns wichtig. Deshalb wählen wir auch unterschiedliche Parteien. Und niemand kann alleine das ganze Volk für sich beanspruchen.“ (Van der Bellen) Genau darin hat der Volkskanzler 1.0 seine Aufgabe gesehen: Die nationale Einheit herzustellen! Ein Volk, ein Reich, ein Führer – demokratisch gewählt oder nicht! Der Faschist will vereinen, nicht spalten, indem die spaltenden Elemente im Volk eliminiert werden. (1) Die politische Spaltung in Parteien – gemeint sind konkurrierende Politiker, die nur ihre Partikularinteressen vertreten und daher gegeneinander arbeiten, statt „gemeinsam“ fürs Vaterland –, die kommen auf „Fahndungslisten“ und gehen ins KZ. (2) Die S paltung in gegensätzliche Klassen – die Organisationen der Arbeiterbewegung werden aufgelöst, die Führer der Arbeiterbewegung wandern ins KZ. (3) Die völkische Spaltung – die ist noch zu erläutern. Das Ergebnis ist die nationale Einheit: Wer sich nicht hinter dem Volkskanzler einreiht, gehört eben nicht zum Volk, wird ausgegrenzt und eliminiert. So geht Volkskanzler! In Absetzung gegen Van der Bellen: „Wir“, in unserer Eigenschaft als „Volksgenossen“, sind nämlich nicht „unterschiedlich“, da sind wir alle gleich, und „uns“ sind auch nicht „unterschiedliche Dinge wichtig“. „Wir“, das Volk, sind letztlich nur mit einem „Ding“ beschäftigt, nämlich mit „unserer“ Behauptung, „unserer“ Durchsetzung gegen andere Völker – nur das ist „uns“ wichtig! Daher damals die Konklusion: „I. Die deutsche Armee muss in 4 Jahren einsatzfähig sein. II. Die deutsche Wirtschaft muss in 4 Jahren kriegsfähig sein.“ (Denkschrift Hitler 1936, zit. nach Konrad Hecker: Der Faschismus und seine demokratische Bewältigung, München 1996, S.146.) Deutschland setzt sich also (übrigens schon vorher) über die militärischen Restriktionen der Siegermächte hinweg, die Ökonomie wird staatsdirigistisch auf Kriegswirtschaft eingestellt. Einschub: Die berühmte nationalsozialistische „Massenbewegung“: Woher aus der Klassengesellschaft kommen die Follower des Führers? Die linke und die bürgerliche Forschung hat gefragt, woher denn die devianten Anhänger des Führers gekommen sind, die ihm nie hätten folgen dürfen. Alle Abteilungen der Klassengesellschaft sind durchgesehen worden: Von links hat man die ganz oberen und die ganz unteren Schichten entdeckt – das Finanzkapital, die Schwerindustrie und das sog. „Lumpenproletariat“; mehr bürgerlich gestimmte Forscher sahen das Proletariat in seiner Eigenschaft als Arbeitslosigkeit in der Verantwortung; bei Linken wurde das sog. „Kleinbürgertum“ entdeckt, denn die Proletarier sollten es ja nicht gewesen sein usw. Der Witz am und der Grund für den Erfolg des Nationalsozialismus ist ein anders akzentuierter Charakter, ein klassenübergreifender Typ: der „Citoyen“ nämlich, ist gleich der Patriot, ist gleich der Nationalist, oder auf faschistisch: der Volksgenosse. (vgl. ev.: Linker Nationalismus, https://cba.media/683061 ) Dazu ein kleines Bildungselement: „ Wo der politische Staat seine wahre Ausbildung erreicht hat, führt der Mensch nicht nur im Gedanken, im Bewußtsein, sondern in der Wirklichkeit … das Leben im politischen Gemeinwesen, worin er sich als Gemeinwesen gilt, und das Leben in der bürgerlichen Gesellschaft, worin er als Privatmensch tätig ist, die andern Menschen als Mittel betrachtet, sich selbst zum Mittel herabwürdigt und zum Spielball fremder Mächte wird. … Die Differenz zwischen dem religiösen Menschen und dem Staatsbürger ist die Differenz zwischen dem Kaufmann und dem Staatsbürger, zwischen dem Taglöhner und dem Staatsbürger, zwischen dem Grundbesitzer und dem Staatsbürger, zwischen dem lebendigen Individuum und dem Staatsbürger. … In dem Staat dagegen, wo der Mensch als Gattungswesen gilt, ist er das imaginäre Glied einer eingebildeten Souveränität, ist er seines wirklichen individuellen Lebens beraubt und mit einer unwirklichen Allgemeinheit erfüllt. “ (Karl Marx, Zur Judenfrage, MEW Bd. 1) Wir führen ein doppeltes Leben, wir existieren alle im Doppelpack, als Bourgeois und als Citoyen – mit „Bourgeois“ ist hier jedes Mitglied der kapitalistischen Erwerbsgesellschaft angesprochen, also klassenübergreifend Taglöhner , Kaufmann , Grundbesitzer , die ihre jeweilige Einkommensquelle bewirtschaften. Der citoyen, der Staatsbürger, das ist der Deutsche, der Österreicher, der Franzose etc. Die Massenbasis des Nationalsozialismus sind die Massen in ihrer Eigenschaft als Deutsche, die damaligen Österreicher immer mitgedacht – denen gelten die Appelle „Deutschland erwache!“, „Deutschland über alles“! Es gibt in der modernen Welt nicht den Arbeiter, den Kapitalisten, den Bauern – es existiert der italienische Arbeiter, der österreichische Bauer, der britische Kapitalist, der französische Arbeitslose. Jeder ist in Personalunion Bourgeois und Citoyen, Mitglied einer nationalen und einer Klassengesellschaft . Und so wie zur Klassenlage muss man sich auch zum jeweiligen nationalen Verein positionieren; zustimmend, ablehnend, gleichgültig ( das geht eher nicht) . In welchem Verhältnis stehen der Bourgeois und der Citoyen? (Hier mit „Nationalist“ übersetzt, oder Patriot, ist identisch.) Nun, um überhaupt als Bourgeois , als Mitglied einer modernen geldverdienenden Gemeinde tätig werden zu dürfen , muss man zuerst mal als Citoyen, als Rechtsperson vom Staat mit den dafür gültigen Rechten und Pflichten ausgestattet sein. Mag sein, dass das relativiert ist, indem diverse Sorten von Ausländern in Europa zum Gelderwerb berechtigt sind – das ändert aber nichts daran, dass es sich dabei um diskriminierte Ausnahmen von der Regel handelt: Wer nicht Vollwertstaatsbürger ist, muss mit befristeten Bewilligungen und rechtlichen Beschränkungen und Schikanen zurechtkommen. Um nun als Deutscher in und von, und in diesem Sinn durch Deutschland existieren zu können, muss der Bürger ab und an auch bereit sein, für Deutschland zu leben und gegebenenfalls dafür zu sterben. Sobald nämlich Deutschland in Not ist. Spätestens wenn es um das Sterben für das Vaterland geht, führt sich zwar die Vorstellung von einem Privatleben in und von und durch Deutschland endgültig ad absurdum, die vorgebliche Gewissheit, der Staat sei das Lebensmittel der Bürger, die schlägt praktisch ins Gegenteil um – der Bourgeois tritt jedenfalls zurück, geht im Citoyen bzw. im Volksgenossen auf und ist nur noch für Deutschland tätig! Anders: Wer bis zum Krieg alles mitmacht, macht i.d.R. auch im Krieg alles mit! [Der Verweis auf Marx ist sachlich überflüssig, ein triviales Faktum. Kleiner Seitenhieb gegen Marxologen, die das nationale Fundament der Klassengesellschaft ignorieren bzw. für nicht weiter wichtig erachten und die den Nationalsozialismus oder zumindest den Antisemitismus aus der Marktökonomie bzw. einer verzerrten Vorstellung der Marktökonomie erklären wollen. (Ware, Wert, Geld, Fetisch, abstrakt, konkret … ) Der citoyen ist dann „ mit einer unwirklichen Allgemeinheit erfüllt“. Über das „materielle“ , das „ wirkliche individuelle Leben“ , das Marx in der „Kritik der Politischen Ökonomie“ in Grund und Boden kritisiert hat, kann man gern ein andermal diskutieren. In einer klassischen Variante liest sich der Zusammenhang vom gewöhnlichen Zustand in der Erwerbsgesellschaft und der Bereitschaft zu außerordentlichen Aufopferungen so, m.E. korrekt: „ Unter Patriotismus wird häufig nur die Aufgelegtheit zu außerordentlichen Aufopferungen und Handlungen verstanden. Wesentlich aber ist er die Gesinnung, welche in dem gewöhnlichen Zustande und Lebensverhältnisse das Gemeinwesen für die substantielle Grundlage und Zweck zu wissen gewohnt ist. Dieses bei dem gewöhnlichen Lebensgange sich in allen Verhältnissen bewährende Bewußtsein ist es dann, aus dem sich auch die Aufgelegtheit zu außergewöhnlicher Anstrengung begründet.“ (Hegel, Rechtsphilosophie § 268) Wer sich im „gewöhnlichen Zustand und Lebensverhältnis“ die aufgezwungene Einstellung erarbeitet, das „Gemeinwesen für die substantielle Grundlage“ zu halten, für die absolute Bedingung seiner Existenz, weil er als Deutscher nur von und durch Deutschland leben kann, der ist dann auch zu den „außerordentlichen Aufopferungen“ bereit und imstande.] Der deutsche Mensch in seinem Drang … Das wesentliche Mittel des deutschen Aufbruchs zur Weltmacht war, in Ermangelung anderer, die Einsatzbereitschaft des deutschen Volkes. Im deutschen Menschen sah Hitler ein ganz großartiges Potential für die nicht-wirtschaftsfriedliche Eroberung von Lebensraum. Das musste er auch, etwas anderes als das Kommando über die Leute hatte er nicht. Damit stellt sich für den Nationalsozialismus die entscheidende Frage: Wer ist ein Deutscher und was macht ihn aus? Wer ist geeignet und würdig, bei diesem anspruchsvollen Programm dabei zu sein?! Hitlers Antwort: „ Dieser Aufopferungswille zum Einsatz der persönlichen Arbeit und, wenn nötig, des eigenen Lebens für andere ist am stärksten beim Arier ausgebildet. Der Arier ist nicht in seinen geistigen Eigenschaften an sich am größten, sondern im Ausmaße der Bereitwilligkeit, alle Fähigkeiten in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen. Der Selbsterhaltungstrieb hat bei ihm die edelste Form erreicht, indem er das eigene Ich dem Leben der Gesamtheit willig unterordnet und, wenn die Stunde es erfordert, auch zum Opfer bringt. … das innerste Wesen jeder Organisation beruht darauf, daß der einzelne auf die Vertretung seiner persönlichen Meinung sowohl als seiner Interessen verzichtet und beides zugunsten einer Mehrzahl von Menschen opfert. … Die wunderbarste Erläuterung dieser Gesinnung bietet sein Wort ‘Arbeit’, unter dem er keineswegs eine Tätigkeit zum Lebenserhalt an sich versteht … aus ihr allein heraus kann man verstehen, wie so viele ein kärgliches Leben in Redlichkeit zu ertragen vermögen, das ihnen selber nur Armut und Bescheidenheit auferlegt, der Gesamtheit aber die Grundlagen des Daseins sichert. Jeder Arbeiter, jeder Bauer, jeder Erfinder, Beamte usw., der schafft, ohne selber je zu Glück und Wohlstand gelangen zu können, ist ein Träger dieser hohen Idee, auch wenn der tiefere Sinn seines Handelns ihm immer verborgen bliebe.“ (Mein Kampf S. 326 f.) Das mag bombastisch klingen, doch Hitler beherrscht wie seine demokratischen Kollegen das elementare Politikerhandwerk: Er verlegt sein Projekt und damit seine Ansprüche an das gute deutsche Volk in selbiges hinein; er erklärt sich und sein Vorhaben zur Inkarnation dessen, was das Volk will: So sind wir, sagt der spätere Führer! Der Arier ist vielleicht nicht der Hellste – er ist nicht in seinen „geistigen Eigenschaften“ großartig –, aber in Sachen Opferbereitschaft kann ihm keiner das Wasser reichen! Das, was der Nationalsozialismus mit Deutschland vorhatte und den Deutschen abverlangte, Dienst, Opferbereitschaft, das eigene Leben im Krieg hinzugeben, damit Deutschland lebt, womit der tote Volksgenosse dann im Deutschtum weiterlebt – das liegt im Arier fix und fertig vor; der ist geradezu der Auftrag an den Staat, ihm diese, seine Lebensart zu gestatten. Dieses Dienen, die Bereitschaft zum Opfer, die gilt nicht erst im Krieg, sondern schon im Frieden: Arbeit ist beim Faschisten eine moralische Kategorie, Arbeit ist praktizierte Selbstlosigkeit und kann, zumindest beim Arier, mit der banalen Produktion für den Lebensunterhalt nicht verwechselt werden; Arbeit, das ist der Aufbau der Nation auf Kosten derer, die sie aufbauen. Woher kennt Hitler so viel edle Gesinnung? Aus der Anschauung des wirklichen Lebens im Kapitalismus, Arbeit und Kapital sind die Arbeitsbeauftragten der Nation – in der Demokratie wie im Faschismus! Hitler führt in Sachen Arbeit wieder vor, was jeder demokratische Politiker beherrscht: Das, was er vorhat, ist im Volk als dessen Streben längst verankert. Das „innerste Wesen jeder Organisation beruht auf Verzicht“ – dass sich Leute zusammentun und zweckmäßig organisieren, um ihre gemeinsamen Interessen voranzubringen, das kann nicht sein. Faschistisch gesehen. (Zum Verhältnis deutsch – arisch vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Arier) Irgendwo steht: „ Die Proletarier haben nicht s zu verlieren als ihre Ketten . Sie haben eine Welt zu gewinnen!“ Dem ersten Teil hat Hitler begeistert zugestimmt – sie haben nichts, haben daher nichts zu verlieren. Sie haben auch nichts zu gewinnen, denn ein „ kärgliches Leben in Redlichkeit, Armut und Bescheidenheit“ – das ist ihre Bestimmung. Darum sollten sie es gar nicht erst versuchen, sondern gleich dem Höheren dienen, dem nationalen Wesen, das größer ist als sie selbst. Ihr schönster Lohn besteht in der Ehre, als deutscher Arbeiter an Deutschland mitwirken zu dürfen. Also ist es das große Verbrechen und die Todsünde des Kommunismus, die Proletarier damit zu konfrontieren, dass da schon mehr drinnen wäre; da wäre womöglich etwas „zu gewinnen“. Sie müssten bloß einer Wirtschaftsweise eine Absage erteilen, die den Arbeitenden ein „ kärgliches Leben in Redlichkeit, Armut und Bescheidenheit auferlegt“! – Soviel zum Unterschied zwischen „rot“ und „braun“. … ist eine klassische Gestalt Was Hitler am Arier erläutert, das ist, in heutiger Diktion, die nationale Identität , damals als Rasse gefasst und gleich ins Blut naturalisiert, heute auch als Identität oder als Kultur bekannt. Das, was einen Menschen ausmacht, was sein Wesen definiert, das ist seine Zughörigkeit zu einem national bestimmen und unverwechselbaren Haufen, als inwendige Eigenschaft: Man kann qua Natur, also durch das Blut verbürgt, gar nicht anders als mitzumachen, und zwar vor und unabhängig von jeder eigenen Entscheidung, vorgelagert vor jedem willentlichen Entschluss; das Individuum ist determiniert, bestimmt, völlig unfrei im Verhältnis zur Nation – aber bestimmt nur durch sich selbst , durch sein deutsches Wesen, durch seine eigene Art. Die Verlegung äußerlicher nationaler Ansprüche und Pflichten in die innere Natur verbürgt die bedingungslose Benutzbarkeit, indem sie gerade nicht erzwungen und aufgenötigt sein will, sondern als Naturzustand gilt: Dass der Deutsche für Deutschland ist, und zwar total, das muss kein Politiker verlangen oder erzwingen, weil das eben so ist – und das ist ihm nicht vorzuwerfen, eben weil das so ist. Es ist die Verabsolutierung nationaler Ansprüche an das Individuum. Die Vorstellung so einer nationalen Identität ist eine Gemeinsamkeit von Demokratie und Faschismus; obzwar die Bezeichnung Rasse heute politisch nicht korrekt ist. Adorno hat mal notiert: „Das vornehme Wort Kultur tritt anstelle des verpönten Ausdrucks Rasse“ … (Schuld und Abwehr) Was ist los mit den Deutschen? Mit dieser Gewissheit blickt der spätere Führer auf Deutschland und ist am Verzweifeln: Land und Leute sind in keiner Weise für dieses Aufbruchsprogramm geeignet. Der Staat ist schwach , das Volk verwahrlost bis verkommen . Egoismus statt Gemeinsinn dominiert, viele denken nur an sich und an das eigene Durchkommen. Überall „zersetzende“ Strömungen – wie Liberalismus, Hedonismus, Individualismus, erst recht Internationalismus, Kommunismus, Sozialismus, eine entartete Kultur oder auch nur Leute, die sich um Deutschland nicht kümmern. Sogar die Produktion des deutschen Menschen durch die deutsche Frau war unzulänglich. Der Nationalsozialismus hat angesichts des Weimarer Sauhaufens auf seine Weise die Frage gestellt: „Wie ist das nur möglich?“ Denn fest steht: „So sind wir nicht!“ Angesichts der miserablen Lage der Nation, angesichts der glasklaren Konsequenzen – deutscher Freiheitskampf gegen „Versailles“ um „Lebensraum“ und „Weltmacht“ –, angesichts dessen, dass jeder anständige normale Deutsche die Welt doch genau so sehen müsste wie der Nationalsozialismus und an den deutschen Zuständen genauso leiden müsste – wie ist es da möglich, dass der Nationalsozialismus nur eine Minderheitenposition ist? Desinteresse, Defätismus, Pazifismus nach dem verlorenen Krieg, und schließlich: Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit, Klassenkampf, sozialistische und kommunistische Parteien – lauter eigentlich unmöglich Phänomene, zumindest in Deutschland, weil „so sind wir nicht“! Die Selbstverständlichkeit, dass der Deutsche die Welt konsequent durch die nationale Brille besichtigt, auf deutsche Interessen und Rechte fixiert ist, den Nationalismus im Blut hat und angesichts der tristen Lage an Deutschland leidet – das alles war kaum gegeben. Der spätere Führer schaut sich um und fragt: Was ist los mit den Deutschen? Was stimmt nicht mit den Deutschen? Wenn die Frage so gestellt wird, ist die Antwort schon auf Schiene. Das Deutschtum war verunreinigt und zersetzt, das bedingungslos deutsche Fühlen, Denken und Streben war ziemlich beschädigt: „ Und damit ergibt sich die Tatsache, daß zwischen uns eine nichtdeutsche, fremde Rasse lebt, nicht gewillt und auch nicht im Stande, ihre Rasseneigenarten zu opfern, ihr eigenes Fühlen, Denken und Streben zu verleugnen und die dennoch politisch alle Rechte besitzt wie wir selber.“ (Hitler. Sämtliche Aufzeichnungen 1905 – 1924 S. 88, Hrsg. E. Jäckel, nach Hecker S. 134) Das ist er, der erste Schritt zum Völkermord, er besteht in der Identifizierung von Juden als Angehörige eines Volkes ; da sind nicht einfach Individuen unterwegs, die selber oder deren Vorfahren auch so einem Monotheismus huldigen oder auch nicht – und es spielt auch keine Rolle, ob die sich selber als Juden verstanden haben. Sie sind jedenfalls Teile eines anderen Volkskörpers, eines Volkstums, eines Judentums. Wie ist es denn nun beieinander, dieses Volk bzw. diese Rasse; hier synonym zu verstehen?…
 
Der Nationalsozialismus und seine nachträgliche Verdichtung (Teil 2 ) Bemerkungen zur nationalsozialistischen Herrschaft – und den ideologischen Verrenkungen nachher Das nationalsozialistische Programm: Deutschland wird Weltmacht durch die Eroberung von Lebensraum im Osten Das ist der zweite Teil einer Reihe zu diesem Thema. Die Rede von der „nachträglichen Verdichtung“ ist natürlich absichtlich doppeldeutig gemeint, einmal im Sinne der nachträglichen Verballhornung und Verfremdung des Dritten Reichs durch viel Dichtkunst, und dann die Zuspitzung auf den Völkermord; Erinnerung an Moishe Postone im ersten Teil der Reihe: „ Andere Gesichtspunkte, die für den Nazismus zentral waren, sind dabei vernachlässigt worden. … Mit anderen Worten, was den Juden geschah ist instrumentalisiert und in eine Ideologie zur Legitimation des gegenwärtigen Systems verwandelt worden. Diese Instrumentalisierung [hat] die innere Beziehung zwischen Antisemitismus und anderen Aspekten des Nationalsozialismus verdeckt.“ (Postone ebd.) Nachdem ich das Projekt in vier bis fünf bis sechs Teilen einigermaßen zügig abhandeln möchte, gibt es eventuell Probleme mit den Sendeterminen bei den freien Radios, d.h. es werden eventuell nicht alle Teile auf allen Sendern zeitnah gebracht werden. Auf cba.media oder auf freie-radios.net (dort auch die Mitschrift) oder bei spotify finden sich alle Beiträge, Podcast Kein Kommentar . Das nationalsozialistische Programm, zusammengefasst in drei Stichpunkten: – „Deutschland wird entweder Weltmacht oder überhaupt nicht sein“ – „Lebensraum im Osten“ – „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ Deutschland wird Weltmacht durch die Eroberung von Lebensraum Der Nationalsozialismus ist ein politisches Projekt, eine Variante von Politik im Dienst der Nation: In Gestalt der Weimarer Republik nach dem Ersten Weltkrieg war Deutschland auf dem besten Weg zum „failed state“, wie man heute sagt; war nach damaligen und heutigen Maßstäben in der Dauerkrise, völlig desolat. Einige Erinnerungen an den Vertrag von Versailles: Deutschland verlor in Europa ca. 10% Volk und 13% Raum, an Dänemark, Frankreich, Belgien und die neuen Staaten Polen und Tschechoslowakei. Die bisherigen Kolonien wurden vom Völkerbund als „Mandatsgebiete“ an Siegermächte vergeben. Reparationen als „Wiedergutmachung“ der Kriegsschäden waren zu zahlen – Reichtum fließt daher einseitig ab, die neue Republik muss diese ihre Enteignung teilweise durch Kredite finanzieren, für die Enteignung auch noch Zinsen berappen. In weiser Voraussicht wurden dem Militär einige Schranken auferlegt: „Die Stärke der Militärmacht … wurde durch Artikel 160 des Versailler Vertrages geregelt. Die Größe des Landheeres wurde auf 100.000 und die der Marine auf 15.000 Berufssoldaten begrenzt. Der Unterhalt von Luftstreitkräften, Panzern, schwerer Artillerie, U-Booten und Großkampfschiffen war dem Reich untersagt.“ ( https://de.wikipedia.org/wiki/Weimarer_Republik ) „ Die Revision des Versailler Vertrages war ein Ziel, auf das sich … alle Parteien der Weimarer Republik einigen konnten. … Stresemann strebte diese Revision mit ausschließlich friedlichen Mitteln (an) … Anders als gegenüber den Westmächten betrieb die Weimarer Republik gegenüber Polen und der Tschechoslowakei keine Verständigungspolitik. … In einem Brief … bekannte sich Stresemann zum Ziel einer ‘Wiedergewinnung von Danzig, vom polnischen Korridor und eine Korrektur der Grenze in Oberschlesien’“. (ebd.) Gegen die Folgen der Niederlage – „Versailles“ – gab es also einen breiten politischen Konsens, auch die Ansprüche gegen Polen und die Tschechoslowakei waren allgemein anerkannt; die Vorstellung, diese Ziele mit friedlichen Mitteln erreichen zu können, das war die Trennlinie zur NSDAP. „ Teile der Arbeiterschaft beließen es im Zuge des Kapp-Putsches nicht bei passivem Widerstand … Im sogenannten Ruhraufstand kam es zu bürgerkriegsähnlichen Kämpfen zwischen der ‘Roten Ruhrarmee’ und Einheiten der Putschisten … Die Spaltung in Sozialdemokraten, die auf Erhaltung der Republik setzten, und Kommunisten, die ihre Zerschlagung betrieben, gehört zu den von Anbeginn wirksamen schweren Belastungsfaktoren des Weimarer Staatswesens.“ (ebd.) Auch eine z.T. dezidiert staatsfeindliche, kämpferische Arbeiterbewegung war damals unterwegs; Hitler hat den Unterschied zwischen staatstragenden Sozialdemokraten und Kommunisten übrigens nie gelten gelassen. „ Der die Weltwirtschaftskrise einleitende Kurssturz … der New Yorker Börse im Oktober 1929 hatte in Deutschland besonders gravierende Auswirkungen. … Im Sommer 1931 kulminierten Kredit- und Staatsfinanzkrise in der deutschen Bankenkrise … die deutsche Währung wurde für die nächsten Jahrzehnte eine Binnenwährung.“ (ebd.) Wirtschaft kaputt, Währung kaputt. „ Die Aufteilung“ – der politischen Parteien – „ nach Interessengruppen und Sozialmilieus wie Arbeiterbewegung oder Katholiken wurde als Partikularismus gescholten. Im Reichstag, dem Parlament, waren zeitweise bis zu 17 und selten weniger als 11 verschiedene Parteien vertreten. In 14 Jahren gab es 20 Kabinettswechsel. Elf Minderheitskabinette waren von der Duldung durch Parteien abhängig, die nicht zur Regierungskoalition gehörten. … Seit dem Sommer 1932 verfügten die republik- und demokratiefeindlichen Parteien, neben der NSDAP die rechtskonservative Deutschnationale Volkspartei (DNVP) und die linksradikale Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), zusammen über eine negative Mehrheit im Reichstag.“ (ebd.) Mit einem Wort, Deutschland war unregierbar, und zwar durch die demokratischen Mechanismen. Diese waren und sind eben keine Verfahren, die einen Konsens aller politischen und ökonomischen Strömungen und Interessen herstellen könnten. Der berühmte „Konsens der Demokraten“, eine von allen Parteien geteilte und anerkannte Staatsräson muss schon gegeben sein, wie nach 1945, damals war alles wichtige vor-entschieden: Kapitalismus als Wirtschaftsweise, Demokratie als Staatsform, Souveränität beschränkt, nationale Perspektive nur als Frontstaat gegen den Ostblock. Ein universell anwendbares, unschlagbares Mittel zur Herstellung einer nationalen Einheit sind Wahlen, Parteien und Parlamente jedenfalls nicht. Soweit die Lage im „failed state“. Wie geht es weiter? Wie wird wieder was aus Deutschland? Was tun, „to make Deutschland great again“? Vorschläge, Strategiepapiere und „Denkschriften“ zirkulieren. Die nationalsozialistische Bewegung formiert sich und formuliert einen nicht kompromissfähigen Vorwurf: Auf Basis der europäischen Nachkriegsordnung, unter Anerkennung der Folgen der Niederlage ist da nichts zu machen. Deren friedliche Revision ist unrealistisch; der nächste Waffengang muss leisten, was der vorige vergeigt hat. Der Vorwurf an die anderen Parteien lautet, dass die den deutschen Wiederaufstieg mit untauglichen Mitteln anstreben, oder überhaupt resigniert hätten. In den damaligen Auseinandersetzungen profiliert sich Hitler als Realpolitiker, indem er den Projekten der anderen Parteien Absagen erteilt, z.B. der „wirtschaftsfriedlichen Eroberung“: „ Da alle großen Völker heute Industrievölker sind, ist die sogenannte wirtschaftsfriedliche Eroberung der Welt nichts anderes als der Kampf mit Mitteln, die solange friedlich sein werden, solange die stärkeren Völker mit ihnen siegen zu können glauben, d.h. aber in Wirklichkeit mit friedlicher Wirtschaft die anderen töten zu können. Denn das ist das wirkliche Resultat eines Sieges eines Volkes mit wirtschaftlichen Mitteln über ein anderes Volk. Das eine Volk erhält durch sie die Möglichkeit zum Leben, und dem anderen werden sie dadurch entzogen.“ (Hitlers zweites Buch, zit. nach Konrad Hecker: Der Faschismus und seine demokratische Bewältigung, München 1996, S. 196) Offenbar ein Visionär – der Mann hat damals schon die Globalisierung sehr skeptisch betrachtet; der Weltmarkt ist keine Veranstaltung zum Nutzen aller Beteiligter. Daher ist auch eine deutsche Zukunft als Billiglohnland mit Überbevölkerung – heute: als Schwellenland – nicht akzeptabel: „ S o würde eine Konkurrenzfähigmachung der deutschen Exportwaren durch Senkung der Erzeugungskosten etwa infolge eines Abbaus unserer sozialen Gesetzgebung … uns nur dorthin bringen, wo wir am 4. August 1914 gelandet waren.“ (Hitlers zweites Buch, nach Hecker S. 122) „Das Brachliegenlassen von Millionen menschlicher Arbeitsstunden ist ein Wahnsinn und ein Verbrechen, das zur Verarmung aller führen muß.“ (Reichstagsrede, nach Hecker S. 83) „Deutschland kann mehr“, war sich Hitler sicher. Der erwähnte „Abbau unserer sozialen Gesetzgebung“ ist heute übrigens unter dem Titel „Senkung der Lohnnebenkosten“ bekannt. Der „wirtschaftsfriedlichen“ Konkurrenz muss man gewachsen sein, was Deutschland nicht war. Wenn etwas Hitlers Einschätzung bestätigt, dann der deutsche Aufstieg nach 1945 durch die „wirtschaftsfriedlichen Eroberungen“ einer Exportnation , die ein Wirtschaftswunder hinkriegt: Auf Basis einer „Anschubfinanzierung“, einer üppigen Kreditierung durch den Marshall-Plan – statt des einseitigen Abflusses von Reichtum in Form der Reparationen; auf Basis der von den USA erteilten Erlaubnis zur Teilnahme am gerade gegründeten Weltmarkt mit offenen Märkten; auf Basis von Währungskrediten und einer fixen Parität zum Dollar als Kalkulationsgrundlage der Exportwirtschaft – so geht „wirtschaftsfriedliche Eroberung“! Der damals schon grassierenden Paneuropa-Idee , um der aufstrebenden Weltmacht USA eine europäische Union entgegenzustellen, stand Hitler ebenfalls skeptisch gegenüber, warum sollten auch die Siegermächte und Konkurrenten ausgerechnet ein vereintes Europa als Vehikel eines deutschen Wiederaufstiegs zulassen? Abgesehen davon, dass sich der Führer das berechnende Aufgeben von Souveränität in einem Bündnis, um diese Souveränität zu stärken, nicht vorstellen konnte: „ Der Versuch aber, durch einen rein formalen Zusammenschluß europäischer Völker den paneuropäischen Gedanken zu verwirklichen, ohne in jahrhundertelangen Kämpfen von einer europäischen Vormacht erzwungen zu werden, würde zu einem Gebilde führen, dessen gesamte Kraft und Energie genauso durch die inneren Rivalitäten und Streitigkeiten absorbiert würde, wie einst die Kraft der deutschen Stämme im deutschen Bund. Erst als durch die Übermacht Preußens die innere deutsche Frage endgültig gelöst war, konnte ein vereinter Krafteinsatz nach außen erfolgen.“ (Hitlers zweites Buch, nach Hecker S. 198) Hitler wäre also EU-Skeptiker gewesen; nach herrschender Meinung laboriert Europa schon immer genau daran, und wegen „Trump“ heute erst recht, der Mann ist bekanntlich ein „Weckruf“. Die damals auch propagierte Revision des Kriegsergebnisses a llein war dem Realpolitiker Hitler wieder viel zu wenig, der Status quo ante reichte doch nicht, für Deutschland, bewiesen durch die Niederlage im Weltkrieg; dieses Projekt bringt nur wieder den Krieg mit den Westmächten: „ Die Grenzen des Jahres 1914 bedeuten für die Zukunft der deutschen Nation gar nichts … Der Abstand von England wird nicht verkürzt, die Größe der Union wird nicht erreicht; ja, nicht einmal Frankreich würde eine wesentliche Schmälerung seiner weltpolitischen Bedeutung erfahren.“ (Mein Kampf, nach Hecker S . 185) „ Sie bringt uns zwangsläufig in Konflikt mit allen Staaten, die am Weltkrieg teilgenommen haben.“ (Hitlers zweites Buch, nach Hecker S. 1 85 ) „Lebensraum im Osten“ Die durchschlagende „Lösung“ Hitlers ist unter dem Titel „Bodenpolitik“, besser als „Lebensraum im Osten“ bekannt. Wenn Deutschland zu klein ist, die wirtschaftsfriedliche Eroberung nicht geht, dann muss es eben die kriegerische Eroberung bringen: „ Das sind die Räume, die nach der militärischen Entwicklung bis weit nach Russland hinein, bis weit in den Ural, einmal als Rohstoffbasis mit Arbeitern für große, auch Kulturaufgaben (zur Verfügung stehen), die als Heloten … für uns eingesetzt werden müssen.“ (Reinhard Heydrich, nach Hecker S. 1 07 f.) So sollte die deutsche Macht entscheidend zulegen, und auf dieser Basis perspektivisch wieder wirtschaftsfriedlich konkurrenzfähig werden, um mit Großbritannien und den USA „auf Augenhöhe“ verkehren zu können. Die Art und Weise der Einverleibung des Ostens bis zum Ural, die war nach heutigen Maßstäben einer „Osterweiterung“ von NATO und Europäischer Union nicht korrekt; heute bemühen sich diese Länder ja selbst um die wirtschaftsfriedliche Eroberung durch den Westen und seine Konzerne. Damals allerdings galt der Kolonialismus als Goldstandard des Imperialismus; Eroberung, Ausrottung mindestens der dortigen Eliten, Sicherung des deutschen Nutzens dieser Territorien durch Deutsche vor Ort, nämlich durch die Gründung von Siedlungen in den eroberten Gebieten; pure Erweiterung des deutschen Herrschaftsgebietes: Vorbild Großbritannien! „ Der russische Raum ist unser Indien, und wie die Engländer es mit einer Handvoll Menschen beherrschen, so werden wir diesen unseren Kolonialraum regieren.“ (Hitler, Monologe im Führerhauptquartier, nach Hecker S. 1 08) Der Führer war bekanntlich ein großer Bewunderer britischer Staatskunst. Warum ausgerechnet nach Osten? Im Osten haust die Sowjetunion, die hat sich zwar konsolidiert, die Interventionen nach der Revolution überstanden; die wird aber als Paria-Staat von allen relevanten Mächten angefeindet, und steht allein und ohne Verbündete da. Diese Option war übrigens ein Grund, aus dem die Antikommunisten in den Westmächten dem Aufstieg des Dritten Reiches sympathisierend gegenüberstanden; indem sich Deutschland und Russland perspektivisch wechselseitig militärisch aufreiben. Dass Demokraten prinzipiell etwas gegen Faschisten hätten, war damals so gelogen wie heute; die gehen alle berechnend miteinander um. Dieses Programm nach Osten „ setzt ebenfalls große militärische Machtmittel zur Durchführung voraus, bringt aber Deutschland nicht unbedingt in Konflikt mit sämtlichen europäischen Großmächten.“ (Hitlers zweites Buch, nach Hecker S. 1 98 ) Mit der Eroberung dieses „Lebensraums“ hat Hitler jedenfalls ein Ziel anvisiert, das dem imperialistischen Kräfteverhältnis und der Schwäche Deutschlands Rechnung tragen sollte. Der Zweifrontenkrieg hätte „nicht unbedingt“ sein müssen – soweit seine Lehre aus der Niederlage. Diese Konfliktvermeidung hat im Resultat dann doch nicht geklappt. Warum? Zur ersten Phase der Wiederherstellung von Deutschlands Größe gehörte bekanntlich die Heimholung aller Deutschen ins Reich. Die Handhabung speziell von Südtirol dabei weist Hitler wieder als Realpolitiker aus: Italien unter Mussolini war die verbündete „Achsenmacht“, die Südtiroler erhielten daher das Angebot, durch Auswanderung „heim ins Reich“ zu kommen. Nicht wenige haben dieses Angebot angenommen, deswegen gibt es heute nicht nur in Nordtiroler Städten Stadtteile, die „Südtiroler-Siedlung“ heißen. Den schon vorher erledigten territorialen Anschluss Österreichs hatten die Siegermächte akzeptiert, die Abtrennung des Sudetenlandes im Münchner Abkommen selbst unterschrieben, den Einmarsch in die Rest-Tschechei hingenommen – wir erinnern uns: Über diese Projekte der Wiedervereinigung bestand Konsens im demokratischen Weimarer Deutschland, ebenso darüber, dass Danzig eine urdeutsche Stadt ist. Angesichts dieser Erfolge haben sich manche Deutsche während des und nach dem Krieg den Kopf über der Frage zerbrochen: „Warum Polen?“ Warum wurde ausgerechnet die Heimholung polnischer Gebiete zum casus belli? Nun, dem Einmarsch in die Rest-Tschechei hatten die Westmächte entnommen, dass Deutschland seine Neuordnung ohne Rücksicht auf ihre Interessen vorantrieb. Frankreich und Großbritannien hatten eine „Garantieerklärung“ für Polen abgegeben – heute würde man von einer „Beistandspflicht“ sprechen, und nach dem Angriff auf Polen erklärten diese Staaten dem Deutschen Reich den Krieg. Warum? Warum „mourir“, „sterben für Danzig“? Natürlich starb und stirbt kein Franzose je „für“ Danzig. Er stirbt ausschließlich für das Recht Frankreichs, die Ordnung Europas mit zu bestimmen. So eine Garantieerklärung muss im Fall des Falles nicht viel bedeuten, welcher „Beistand“ dann jeweils fällig ist, entscheiden Staaten in der Regel ad hoc, anlassbezogen. Allerdings hatten kurz vor dem deutschen Angriff auf Polen die Herren Ribbentrop und Molotow den sogenannten „Hitler-Stalin-Pakt“ unterzeichnet. Der beinhaltete eine sowjetische Neutralitätserklärung bezüglich des deutschen Angriffs auf Polen – die Sowjetunion würde den Krieg gegen Polen (noch) nicht als Angriff auf sich interpretieren, als Start für das deutsche Projekt „Lebensraum“. Das deutsche Bedürfnis war klar: Hitler war der Meinung, Deutschland sei noch nicht so weit, in Sachen Aufrüstung. Das geheime Zusatzprotokoll in diesem Abkommen über die Aufteilung Osteuropas in Einflusssphären war, wie die Bezeichnung nahelegt, geheim – die Sowjetunion hat sich auf dieser Basis Estland und Lettland einverleibt, bald darauf auch Litauen –, aber das Resultat dieses Paktes war auch ohne Zusatzprotokoll unmissverständlich: Die Westmächte hatten in Europa nichts mehr zu melden, im Grunde war dieser Pakt das Ende der Nachkriegsordnung von „Versailles“, der Erste Weltkrieg war vergeblich gewonnen worden. Die Perspektive des Krieges zwischen Deutschland und der Sowjetunion war durch den Pakt obendrein hinfällig, auch wenn Hitler nur Zeit gewinnen wollte, aber wer konnte das wissen … Folgt: Die innere Herrichtung Deutschlands für die großen Aufgaben!…
 
Der Nationalsozialismus und seine nachträgliche Verdichtung (Teil 1) Bemerkungen zur nationalsozialistischen Herrschaft – und den ideologischen Verrenkungen nachher „Umerziehung“, „Vergangenheitsbewältigung“, Gehirnwäsche … Bedenken von Moishe Postone und Daniel Goldhagen Das ist in keiner Weise ein historisches Thema. Es läuft in „heavy rotation“ in den Medien mit Höhepunkten an nationalen Gedenktagen, an denen „wir“ uns an die Vergangenheit „erinnern“, um die Gegenwart zu preisen, und zwar so, dass weder die Vergangenheit noch die Gegenwart als Thema überhaupt vorkommen. Das würde die dabei gebotene Darstellung von Betroffenheit und Ergriffenheit nur stören. Der Nationalsozialismus ist ständig präsent, denn zwei Staaten – Israel und Deutschland – beziehen aus dem einen selben Völkermord an den Juden ihre allerhöchsten Werte, ihre absolute Legitimation, ihr ultimatives weiß-warum, ihre unantastbare Güteklasse. Dazu kommt die ergänzende alltägliche Benutzung, auch wenn diese ein wenig der gängigen Vorstellung von der „Einzigartigkeit“ der Hitlerei widerspricht, indem der Mann als Untoter immer wieder auftaucht: ein Politiker, der dem Westen im Weg ist, ist naturgemäß ein politischer Verbrecher, also Hitler; vom damaligen ägyptischen Präsidenten Nasser über Ho Chi Minh in Vietnam über Milosevic über Saddam Hussein und den aktuellen Russen-Hitler in Moskau. Für Israel sind sowieso alle Gegner die Wiedergänger des Führers, aber auch Kollege Erdogan beherrscht die Klaviatur und entdeckt umgekehrt in Netanjahu den Hitler unserer Zeit; von den Bemühungen ganz zu schweigen, Donald Trump so zu enttarnen, an denen sich auch sein nunmehriger Vize mal beteiligt hat. Hitler always and everywhere! Aber den Schluss, dass es sich bei Hitler offenbar doch um einen ziemlich normalen Deutschen Politiker gehandelt hat, den will daraus niemand ziehen. (Die Beteiligung der Österreicher am damaligen deutschen Staatsdienst ist übrigens immer mitgedacht.) Wenn es ein Problem gibt, bei der Darstellung der nationalsozialistischen Herrschaft, dann ist das die Ausschlachtung seit 1945, die wir alle über uns ergehen lassen müssen. „ Auschwitz“ ist bekanntlich alles, was man über das Dritte Reich wirklich wissen muss, und das deutsche und österreichische Nachkriegsvolk hat die aufgenötigte Lektion – Hitler war ein größen wahnsinniger Irrer ; Juden umbringen, das geht gar nicht, das war nämlich nutz los ; und das alles hat mit Politik nichts zu tun ! – verinnerlicht und ausgebaut. Demzufolge will ich mit zwei Beispielen für Bedenken gegen die übliche „Vergangenheitsbewältigung“ beginnen, und nach den folgenden Beiträgen, die das Thema wohl brauchen wird, darauf zurückkommen. Moishe Postone mit Bezug auf eine Fernsehserie namens „Holocaust“ Ende der 70er Jahre: „ Die Betonung des Antisemitismus diente dazu, den angeblich totalen Bruch zwischen dem Dritten Reich und der BRD zu unterstreichen. Eine Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen und strukturellen Wirklichkeit des Nationalsozialismus, die 1945 nicht plötzlich verschwunden war, wurde so vermieden. Es ist bezeichnend, daß die westdeutsche Regierung an Juden ‘Wiedergutmachungszahlungen’ leistet, jedoch nicht an Kommunisten und andere verfolgte, radikale Gegner der Nazis. Mit anderen Worten, was den Juden geschah ist instrumentalisiert und in eine Ideologie zur Legitimation des gegenwärtigen Systems verwandelt worden.“ (Moishe Postone, Antisemitismus und Nationalsozialismus, aus: Deutschland, die Linke und der Nationalsozialismus. Politische Interventionen, ca ira 2005 ) Postone bemüht hier den Vorwurf der Unglaubwürdigkeit bei der Darstellung eines „totalen Bruchs“ , aber ohne „Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus“; er drückt sich ein wenig um die schlichte Einsicht, dass so eine „Auseinandersetzung“ für den Wiederaufbau der BRD gar nicht gebraucht wurde – alles Wichtige wurde durch das Diktat der Sieger fixiert; und das war er, der totale Bruch! In der Tat, es war nicht so, dass nach einer ausführlichen „Auseinandersetzung“ dann Konsequenzen für den Aufbau von Staat und Gesellschaft gezogen worden wären, nein, sondern: Anschließend war Legitimation war angesagt, wie Postone festhält; also das so tun, als ob der Wiederaufbau einem antifaschistischen Auftrag und einem diesbezüglichen Grundkonsens gefolgt wäre. Die Studentenbewegung nach 1968 hat sich auch daran empört: Viele schon im Nationalsozialismus bewährte Fachkräfte konnten in höheren Positionen ihre Karrieren nahtlos oder nach kleinen Karriereknicken fortsetzen, was die Vorstellung eines totalen Bruchs mit der Vergangenheit etwas blamiert; den Schluss, das es offenbar viele Überschneidungen und Gemeinsamkeiten von Demokratie und Faschismus gibt, wollte allerdings kaum jemand ziehen. Postone hält aber daran fest, damals sei etwas versäumt worden, und er meint, das konnte nicht ohne Folgen für die Psyche der Deutschen bleiben: „ Ein antinazistischer Umschwung der Massen stand jedoch nicht auf der Tagesordnung. Das Ziel war … eine Normalität, die ohne Auseinandersetzung mit der Vergangenheit erreicht werden sollte. Die starke Identifikation mit jener Vergangenheit wurde nicht überwunden, sondern einfach unter Unmengen von Volkswagen begraben. Das Ergebnis war psychische Selbstverleugnung und Verdrängung. … Die Mehrheit der Bevölkerung ging schlafwandelnd durch den Kalten Krieg, durch das ‘Wirtschaftswunder’ und durch das Wiederauftauchen von Politik während der Studentenbewegung.“ (ebd.) Wieder: Dann wird es den „antinazistischen Umschwung“ halt nicht gebraucht haben, und dann war die „starke Identifikation mit der Vergangenheit“ bei der täglichen Benutzung der Leute kein Problem. Die Bevölkerung war keineswegs bei getrübtem Bewusstsein, sondern voll konzentriert mit Kaltem Krieg und Wirtschaftswunder beschäftigt; und nachdem Postone schon den Kalten Krieg erwähnt: Das war die eigentliche, die „materielle“, die imperialistisch produktive praktische Rehabilitierung Deutschlands und der Deutschen, die Rückkehr in den Kreis der zivilisierten Völker. Nicht die Verrenkungen der Umerziehung und Vergangenheitsbewältigung, das Aufwachsen als Frontstaat gegen das Reich des Bösen im Osten, abgerundet durch die „Wiedergutmachung“ an Israel – das hat Deutschland moralisch auf die Seite des Guten gestellt und damit das deutsche Nationalbewusstsein wieder aufgemöbelt. Die Deutschen wurden gebraucht, und die deutsch-alliierte Kooperation bei der Abwicklung der Schuldfrage – durch den Sündenbock Hitler und ein paar Schauprozesse gegen handverlesene Kriegsverbrecher –, das hat die Deutschen juristisch und moralisch rehabilitiert. „Befreit“ worden waren sie ja obendrein. Im Großen und Ganzen zumindest; daneben gab es als Ausreißer ein paar deutsche Gewissenswürmer, die wie Postone der Meinung waren, eigentlich wäre da wesentlich mehr an „Auseinandersetzung“ fällig gewesen, in der – leicht naiven – Ansicht, eigentlich hätte das deutsche Nationalbewusstsein moralisch erschüttert, durch Schuldgefühle angeknackst sein müssen, ein selbst-anklägerischer Ruck der Bestürzung wäre angebracht gewesen, eine „Trauer“ über die eigenen „Verbrechen“ oder so. Dass dergleichen sehr selten zu sehen war, bewältigt Postone mit der Vorstellung der „Selbstverleugnung und Verdrängung“. Stattdessen wäre zu registrieren, dass Patrioten über Vernichtungsaktionen, Blutbäder und Schlächtereien, sofern vom eigenen Staat angeordnet, in der Regel einfach kein schlechtes Gewissen ausbilden und ein solches daher auch nicht zu bewältigen oder zu verleugnen oder zu verdrängen haben. Deswegen war das deutsche nationale „wir“ sehr verwundert, geradezu irritiert, was ihm da nachträglich – in Gestalt dieser TV-Serie „Holocaust“ – nachgesagt wurde! Man war längst sicher: So sind wir nicht! Die zweite kritische Anmerkung zur Vergangenheitsbewältigung bestätigt auf ihre Weise die Behauptung über das alleweil gute Gewissen von Patrioten. Sie datiert aus dem Jahr 1996, gemeint ist das Erscheinen des Buches „Hitlers willige Vollstrecker. Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust“ von Daniel Goldhagen. Vor allem die deutsche Faschismusforschung hatte auf Basis des nationalistischen Dogmas – „So sind wir nicht!“ – ihre falsche Fragestellung elaboriert, nämlich: „Wie war das möglich, dass die Deutschen dabei waren und mitgemacht haben, wo sie doch eigentlich dagegen oder wenigstens nicht dafür waren?“ Diese Sorte Forschung hat also herausgefunden, dass der von Postone vermisste „antinazistische Umschwung der Massen“ und die „Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus“ überflüssig war, weil die Massen ohnehin nicht dabei waren, zumindest nicht mit dem Herzen dabei waren, die starke „Identifikation mit jener Vergangenheit“ gar nicht gegeben war, weil die Deutschen bloß als „Mitmacher wider Willen“ dabei waren, wie Huisken das charakterisiert. (Download kostenlos:) https://www.vsa-verlag.de/uploads/media/VSA_Gutte_Huisken_Alles_Bewaeltigt_nichts_begriffen.pdf Goldhagen wirft dem etablierten Stand der deutschen Forschung völlig zurecht das Dogma vor, „ dass die Täter ihren Handlungen zumindest neutral, wenn nicht sogar ablehnend gegenüberstanden. Die Deutungen laufen also auf die Frage hinaus, wie man Menschen dazu bringen kann, Taten zu begehen, denen sie innerlich nicht zustimmen und die sie nicht für notwendig oder gerecht halten. Dabei ignorieren, leugnen oder verkleinern diese Interpretationen die nationalsozialistische oder andere von den Tätern vertretene Ideologien, die Bedeutung ihrer moralischen Werte oder die Vorstellungen über die Opfer als Quelle für die Mordbereitschaft der Täter.“ (Daniel Jonah Goldhagen, Hitlers willige Vollstrecker – Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust, Pantheon Verlag 2012, S. 27) Das – die Bedeutung ihrer moralischen Werte oder die Vorstellungen über die Opfer als Quelle für die Mordbereitschaft der Täter – ist auch die kommende Aufgabe. Zusammenfassung nach wikipedia: „Die Deutschen wurden nicht gezwungen, Juden zu töten; sie taten es freiwillig, sie waren willige Vollstrecker. Die Ansichten, Hitlers negative Meinung über die Juden könne von den Deutschen unmöglich geteilt worden sein, und die Verfolgung und Vernichtung der Juden könne von den Deutschen unmöglich gutgeheißen worden sein, sieht Goldhagen als Irrtum an. Er kommt zu dem Ergebnis, dass das scheinbar Undenkbare in Wahrheit das einzig Naheliegende ist …“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Goldhagen#cite_note-4) Das „scheinbar Undenkbare“ ist eben nur dann undenkbar, wenn das Dogma – „so sind wir nicht und so waren wir nicht “ – die Forschung beherrscht; das Ergebnis ist sicher kein Irrtum, sondern eine Folge der Fragestellung. Tatsächlich haben die guten Deutschen mitgemacht, weil sie dafür waren. An das erinnert Goldhagen durch das schiere Ausgraben von allgemein zugänglichem historischem Material, massenhaft, und deswegen wurde er damals angefeindet. Die naheliegende Wahrheit besteht eben darin, dass die damaligen Deutschen überwiegend dabei waren, weil sie Hitlers Ziele teilten. Das schließt ein, dass ihnen nicht nur die „Verfolgung und Vernichtung der Juden“ eingeleuchtet hat, sondern ebenso die Liquidierung aller anderen, die dem deutschen Programm des nationalen Wiederaufstiegs im Weg waren. Die herrschenden Erklärungen gingen und gehen schlicht und primitiv von der moralischen Verurteilung des Völkermordes aus, die erst nach dem Krieg und durch die Niederlage und das Verdikt der Sieger gültig wurde. Sie projizieren diese heutige Stellung in die Vergangenheit und fingieren, die habe auch im nationalsozialistischen Deutschland eigentlich schon gegolten oder hätte wenigstens gelten müssen – ein klarer Erfolg der Gehirnwäsche namens „Umerziehung“ –, und stellen dann die blöde Frage, wie das, was niemand gebilligt haben kann, dennoch gemacht und mitgemacht wurde. Demgegenüber nochmal Goldhagen: „ D as Jüdische galt als schädlich und verderblich, wenn nicht gar als lebensbedrohend für alles Deutsche“ . Warum? Das ist zu klären. Kleiner Zwischenschritt zur Erinnerung: Wofür waren sie denn nun, die Deutschen? Hitlers und seiner Anhänger entscheidendes Ziel war schon Deutschland , Deutschlands Größe, Deutschlands Wiederaufstieg , zusammengefasst in kraftvollen Losungen wie „ Deutschland, erwache!“ oder „ Make Deutschland great again“ oder „ Deutschland über alles“ oder „ Deutschland first“ oder „Alles für Deutschland!“ – mithin lauter Botschaften, die für Patrioten international unwiderstehlich sind. Aus diesem nationalen Drang heraus, aus diesem „pro“, aus diesem eindeutig gefassten „dafür“ sind u.a. Juden als Hindernis ins Visier geraten, wieder plakativ zusammengefasst: „ Die Juden sind unser“ – der Deutschen – „Unglück!“ Gefolgt von der Therapie „ Juda, verrecke!“ Warum? Darum soll es gehen. Die andere Konsequenz – neben der Weißwaschung der Deutschen als diese „Mitmacher wider Willen“ – ist sehr folgerichtig die Eliminierung eben des politischen Programms des Nationalsozialismus. Nach dem Befund, die Deutschen hätten unmöglich mitgemacht , eigentlich, ist auch das Programm , bei dem sie – im Grunde genommen eben nicht – mitgemacht haben, in ein einziges großes Rätsel verfabelt worden. Nochmal Postone: „ Andere Gesichtspunkte, die für den Nazismus zentral waren, sind dabei vernachlässigt worden. … Mit anderen Worten, was den Juden geschah ist instrumentalisiert und in eine Ideologie zur Legitimation des gegenwärtigen Systems verwandelt worden. Diese Instrumentalisierung [hat] die innere Beziehung zwischen Antisemitismus und anderen Aspekten des Nationalsozialismus verdeckt.“ ( Postone ebd. ) Wieder: Diese „innere Beziehung“ zu klären, das ist die Aufgabe. Die passende Anekdote zur „Instrumentalisierung“ stammt aus Österreich, aus dem Jahr 1987 Im Zuge der sogenannten Waldheim-Affäre wurde dem damaligen Bundespräsidenten vorgeworfen, er habe in seiner Biographie seine Tätigkeit als Offizier der Wehrmacht am Balkan und in Griechenland vernachlässigt. Der damalige Generalsekretär der ÖVP, Michael Graff, hat ihn mit folgender Stellungnahme verteidigt; in einem Interview mit einem französischen Journalisten: „ So lange nicht bewiesen ist, daß er [Waldheim] eigenhändig sechs Juden erwürgt hat, gibt es kein Problem.“ ( https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Graff ) Das war dann sogar für damalige österreichische Verhältnisse zu vulgär, Graff musst zurücktreten – aber warum? Er hat offen, geradezu triumphierend die Funktion dieses unappetitlichen Nachkriegs-Philosemitismus ausgesprochen: Eben die Instrumentalisierung von Juden für die Legitimation der Gegenwart. Lebende Juden sind wandelnde Persilscheine; aber das in unverschämter Offenheit und fordernd auszusprechen, sich auf eine durchgesetzte Heuchelei so zu berufen, dass sie offengelegt wird, das geht nicht. Wer keine Juden umbringt, ist ein feiner Max? Ja, schon, aber so darf man das nicht formulieren! Apropos Instrumentalisierung: Neulich gab es wieder hässliche Töne, als ein hoher Repräsentant der Republik Österreich ebendiese Republik bzw. deren höhere Ehre und damit sich selbst im Wege des Erinnern und Gedenken repräsentieren wollte, und ein paar jüdische Statisten die für sie vorgesehenen Plätze verweigert haben, weswegen der Nationalratspräsident seither beleidigt ist, weil er davon ausgegangen ist, dass so eine Feierlichkeit seine und nur seine Show ist. Das muss man sich mal vorstellen – statt dankbar zu sein, weil sich des „jüdische Leben“ nicht vor ihm „fürchten“ muss, wie der hohe Herr höchstpersönlich versichert –, stattdessen haben da einige Statisten die Inszenierung geschmissen … Zur Rolle des deutschen Volkes beim Völkermord noch eine Klarstellung, wieder nach Goldhagen: „ Wir zögern ja auch nicht, die Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika, die in Vietnam kämpften, um die Ziele ihrer Regierung durchzusetzen, als ‘Amerikaner’ zu bezeichnen – und dies aus gutem Grund. Dasselbe gilt für den Holocaust. Die Täter waren in diesem Fall Deutsche, so wie die Soldaten in Vietnam Amerikaner waren, auch wenn nicht alle Staatsbürger die Bemühungen ihres Staates unterstützten.“ (Goldhagen ebd. S. 19) Wenn „die Amis“ in Vietnam waren, dann waren auch „die Deutschen“ in Auschwitz. Das ist der normale Sprachgebrauch, wenn National-Kollektive als Subjekte genannt werden, die „hinter“ den Handlungen dieser Staaten in Krieg und Frieden stehen. Was stimmt, ohne die Bereitschaft der Bürger, sich als ausführende Organe zur Verfügung zu stellen, würden die Staaten ihre innen- und außenpolitischen Glanzleistungen nie und nimmer auf die Reihe kriegen. Bei allen Berichten über „die Amerikaner in Vietnam“ etc. ist unterstellt, dass nicht alle in Vietnam waren; dass nicht wenige US-Bürger heftige Einwände gegen die US-Politik zum Ausdruck brachten, ist auch bekannt. So wie auch nicht jeder Deutsche „eigenhändig“ Juden umgebracht hat – das war auch nicht verlangt. Es lebt die politische Herrschaft davon, dass „jeder an seinem Platz seine Pflicht tut“, und dadurch für die nationale Sache tätig ist. Dass die USA in Vietnam Krieg führen, das konnte kein Amerikaner übersehen, aber ausgerechnet der ausführlichst propagierte deutsche Krieg gegen das jüdische Volk, der soll an den Zeitgenossen völlig vorbei gelaufen sein? Das wollte Goldhagen blamieren, das ist ihm nicht wirklich gelungen. Ein offizielles Geschichtsbild hängt eben nicht an schnöden Fakten. Die Deutschen blieben diese „Mitmacher wider Willen.“…
 
Linker Nationalismus heute – so bescheuert wie damals Es soll also noch einmal um das leidige Thema Nationalismus gehen – Nationalismus erst mal verstanden als individuelles, subjektives Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, auf Basis von Merkmalen, die heutzutage durchaus variieren; aber die werden von Anhängern des Nationalismus ohnehin beigesteuert. Vorweg auch die Behauptung, dass es sich bei Nationalismus und Patriotismus um die identische Einstellung zu geliebte Vaterland handelt. Mit „Patriotismus“ wird in der Regel eine positive, zustimmende Stellung zu dieser Einstellung ausgedrückt, mit „Nationalismus“ eine negative oder zumindest problematische. Nationalismus wird öfter als überschießende Form, als ein Zuviel einer an sich wünschenswerten Vaterlandsliebe gedeutet, die keineswegs zwingend in die Abwertung anderer Vaterländer münden müsse – und das haut so nicht richtig hin. Das Argument dafür ist ein Blick ins volle Staatenleben entlang der Frage, wie stehen sie denn nun zueinander, die von „ihren“ Patrioten jeweils geliebten Vaterländer? Wickeln sie ihre nationalen Anliegen quasi parallel und gleichgültig zueinander ab – oder treten sie in regen Verkehr miteinander, machen Interessen an den anderen geltend, erheben Ansprüche an andere, erleben darüber manche Enttäuschungen und arbeiten sich darüber zu heftigen Konflikten vor?! Zweiteres ist bekanntlich der Regelfall, und darum ist die ach so unschuldige Liebe zum Vaterland die entscheidende Quelle des Hasses gegen alles, was dem geliebten Vaterland im Ausland im Weg ist. Bin bei verschiedenen Gelegenheiten darauf aufmerksam gemacht worden, dass sich unter Linken, Abteilung Marxisten-Leninisten, die Ausführungen von Stalin und Lenin nach wie vor einer gewissen Beliebtheit erfreuen, die beiden nach wie vor als Autoritäten gelten, und gern zitiert werden. Daher der Bezug darauf. „ Eine Nation ist eine historisch entstandene stabile Gemeinschaft von Menschen, entstanden auf der Grundlage der Gemeinschaft der Sprache, des Territoriums, des Wirtschaftslebens und der sich in der Gemeinschaft der Kultur offenbarenden psychischen Wesensart. Dabei versteht sich von selbst, daß die Nation, wie jede historische Erscheinung überhaupt, dem Gesetz der Veränderung unterworfen ist, ihre Geschichte, ihren Anfang und ihr Ende hat . “ (Stalin: Marxismus und nationale Frage). Sprache Gut, einmal historisch entstanden und veränderlich , das trifft auf alles und jedes zu. Ansonsten hat man es mit der stinknormalen bürgerlichen Vorstellung einer Gemeinschaft zu tun, die vor und unabhängig von Politik und Herrschaft existiert, auf Basis von Faktoren und Elementen, die sich zum Teil nicht vermeiden lassen, und von denen zum anderen Teil die Herrschaft , die sie erzeugt , einfach weggedacht wird. Der Reihe nach: Da hätten wir einmal die „Gemeinschaft der Sprache“, die keine Gemeinschaft ist, weil die Kenntnis einer Sprache nun einmal kein gemeinsames Interesse, keine gemeinsamen Zwecke zwischen denen stiftet, die doch bloß deutsch oder englisch sprechen. In einer Interpretation dieses Zitats ist zu lesen: „ Nun kann man sich zum Staat und dem Kapitalismus positiv oder negativ verhalten. Sprachliche und kulturelle Prägung sind dagegen kaum das Ergebnis einer individuellen Entscheidung. Und es ergibt auch wenig Sinn, in diesem Sinne eine ablehnende Haltung zur Nation einzufordern.“ (https://www.kommunistischepartei.de/wp-content/uploads/2018/07/Spanidis-Standpunkt-gegen-den-Marxismus.pdf) Das ist er, der bürgerliche Blödsinn in Reinform: „Sprachliche Prägung“ – ja, das hätten sie wohl gern, die Fanatiker der „nationalen Identität“, dass man durch das Lernen einer Sprache eine Prägung, eine Formung, womöglich eine Festlegung erfährt, so wie das Goldstück durch Prägung zur Münze wird. In der bürgerlichen Vorstellung der „Prägung“ wird die Doppeldeutigkeit von deutsch denken, formulieren, reden ausgeschlachtet, ohne es zu thematisieren. Wer deutsch redet, denkt, formuliert, bedient sich eben der deutschen Sprache, um seine individuellen Überlegungen, Interessen, Einwände – was auch immer – vorzutragen. Zu welchen Befunden er über Staat, Kapital und Nation kommt, ist dadurch nicht festgelegt. Für Nationalisten bedeutet „deutsch denken“ hingegen, die Welt von einem nationalen Standpunkt aus zu betrachten, eben durch die nationale Brille, also deutsche Interessen zu kennen, zum Ausgangspunkt seiner Betrachtungen zu nehmen, und den Rest der Welt nach dem Stellenwert und der Geltung deutscher Rechte und Ansprüche zu begutachten. Die Vorstellung einer Prägung läuft darauf hinaus, beides müsste identisch sein – ja, das hätten sie gern. Daher kommt übrigens auch die Forderung an Migranten, die müssten sich die Sprache des jeweiligen Ziellandes aneignen. Da geht es nicht darum, denen die Verständigung und damit das Leben leichter zu machen, sondern um die Voraussetzung, um sich als Neuankömmling geistig in die Mentalität, in die „psychische Wesensart“ der neuen Nation einzuhausen, sich den alten Nationalismus ab- und einen neuen anzugewöhnen. Wirtschaftsraum Das ultimative Nachplappern bürgerlicher Gemeinplätze besteht im Weiteren darin, die „Konstitution und Entwicklung von Nationen durch die Entstehung kapitalistischer Staaten (Gemeinsamkeit des Territoriums und Wirtschaftslebens)“ (ebd.) nichtsdestotrotz und allen Ernstes als Herstellung von Gemeinschaft zu begrüßen. Der Reihe nach: Wenn Leute irgendwo wohnen, dann konstituieren sie, diese Leute, sicher keine Gemeinsamkeit des Territoriums – es sei denn, es handelt sich um einen Verband von Großgrundbesitzern. Das Territorium ist ein Werk der zaristischen oder realsozialistischen Herrschaft, die ihre Territorien von anderen politischen Subjekten abgrenzen. Und vom kapitalistischen Wirtschaftsleben auf einem Territorium durch die Entstehung kapitalistischer Staaten haben zumindest früher Marxisten mal gewusst, dass eine falsche Vorstellung von „Gemeinschaft“ mitten in kapitalistischen Staaten nur dann und dadurch zustande kommt, indem sich die Ausgebeuteten ihre Arbeit zum Nutzen der Kapitalisten als ihren Beitrag zu einem Gemeinschaftswerk, zu einer gemeinsamen nationalen Sache einbilden, oder einreden lassen oder wie auch immer zurechtlegen. Der vom Staat eingerichtete und betreute Kapitalismus als Gemeinschaft – das ist schon die Leistung des Narratives „Nation“, des national verstandenen „wir“. Die ganze Absurdität im Rahmen der erwähnten Interpretation nochmal zusammengefasst: Landschaft und Kultur „ Eine Sache ist die Unterordnung unter die Bourgeoisie und ihren Staat. Eine ganz andere ist es, ein positives emotionales Verhältnis zur eigenen (oder einer anderen) nationalen Kultur, Sprache, der Landschaft oder der Mentalität der ansässigen Bevölkerung zu haben. Teil einer solchen objektiv bestehenden Gemeinschaft zu sein oder sein zu wollen, ist an sich noch überhaupt nicht problematisch. Auch ergibt sich daraus keine ausschließende oder abwertende Haltung gegenüber anderen Gemeinschaften.“ (ebd.) Das sind halt nicht zwei verschiedene Sachen, sondern ein e und dieselbe – eben ein positives emotionales Verhältnis zur Unterordnung unter die Bourgeoisie und ihren Staat, womöglich festgemacht i m Namen von so peripheren Momenten wie Sprache, Kultur – und im Ernst sogar wegen der Landschaft ?! Wenn man sich gern in einer netten Gegend aufhält, soll sich daraus ein „positives emotionales Verhältnis“ zu den sonstigen Bestandteilen eines Staates als quasi naturwüchsige Folge aufdrängen? Nun, ich war auch mal im Ausland – da gibt es vielleicht Landschaften! Und deswegen soll man italienischer, spanischer Nationalist werden? Oder welcher „solchen objektiven Gemeinschaft“ soll man sich denn nun zuordnen, wenn man gern irgendwo baden geht, und warum denn überhaupt? Mit anderen Worten, welche Landschaften ein Individuum denn nun zum Parteigänger welcher Nation prädestinieren sollen, das muss schon vor jeder Rundreise feststehen – man wüsste doch gar nicht, für welche und wie viele Staaten man darüber freundliche Gefühle entwickeln soll. Das ist genau der Kern des nationalistischen Narratives: M an sei aus im Grunde ebenso unvermeidlichen wie unpolitischen Umständen, aus völlig unverdächtiger Sympathie für ganz reizende Phänomene – zum Parteigänger eines Staates unterwegs oder geprägt! Als Höhepunkt des Blödsinns auch noch die Versicherung, aus derart harmloser Sympathie folge doch „ keine ausschließende oder abwertende Haltung gegenüber anderen Gemeinschaften“. Doch, genau das ergibt sich daraus im Fall des Falles – das hängt eben am Verhältnis dieser „Gemeinschaften“ zueinander, wie freundlich oder feindlich die entsprechenden Staaten als die Subjekte ihrer „objektiv bestehenden Gemeinschaften“ miteinander verkehren . Nationalisten kriegen es deswegen fertig, die Feindschaften „ihres“ Staates höchstpersönlich zu nehmen, und die passenden Hassgefühle auszubilden, gegen die Freunde einer anderen Kultur, Sprache, Landschaft, Mentalität, ohne eines dieser Exemplare je persönlich kennengelernt zu haben. Wie kriegt es dieser Marxismus-Leninismus nun hin, sein trotziges Faible für die Nation mit seinen Vorstellungen von Klassengegensatz und Ausbeutung zu harmonisieren? Eine Variante geht so: Klassengesellschaft – bloß Ziel bzw. Forderung „ Natürlich sind die Interessen der Klassen innerhalb einer Nation gegensätzlich. Für die Arbeiter eines Landes sind die Kapitalisten desselben Landes nicht nur irgendwelche Gegner, sondern ihre unmittelbaren, größten Gegner. Ein Allgemeininteresse der Nation kann es deshalb nicht geben“, auch wenn „der bürgerliche Nationalismus genau dieses ‘Allgemeinwohl’ als reale Zielgröße der bürgerlichen Politik annimmt. Die Grenze zum Nationalismus liegt nämlich genau da, wo das imaginäre Allgemeinwohl der Nation, das in Wirklichkeit das Interesse der herrschenden Klasse ist, zum übergeordneten Ziel erklärt wird. … Denn der nationale Staat beruht auf der Kapitalakkumulation, weshalb die Unterordnung aller entgegengesetzten Klasseninteressen unter dieses Ziel tatsächlich eine naheliegende und häufige Forderung bürgerlicher Politik ist.“ (ebd.) Der nicht sehr gelungene Schmäh’, auf gut wienerisch, besteht in dem Fall darin, eine harte Tatsache, nämlich die Unterordnung aller Interessen unter die Erfordernisse der Kapitalakkumulation in einer kapitalistischen Nation, zu einer bloßen „Zielgröße“ , einem „Ziel“ zu relativieren, zu einer „häufigen Forderung bürgerlicher Politik“ herunterzubringen – also im Grunde zu einer offen en Frage zu verharmlosen! Unterordnung in einem „nationalen Staat, der auf der Kapitalakkumulation beruht“! Das müsste doch nicht sein! Eine andere Variante desselben: „ Denn für die Bourgeoisie sind die Gemeinsamkeit der Sprache, Kultur usw. natürlich letzten Endes nichts anderes als ein ideologisches Instrument, um die Unterordnung der gesamten Gesellschaft unter ein fiktives ‘Interesse der Nation’ zu bewirken, das nichts anderes sein kann als das Interesse des Staats als ideellem Gesamtkapitalisten, also das Interesse des Kapitals. Im Alltagsbewusstsein des Proletariats und anderer Volksschichten ist die Nation aber durchaus etwas anderes, nämlich eine diffuse Vermischung von verschiedenen Elementen, die keineswegs alle reaktionär sind. Die reaktionäre, weil exklusive und auf Burgfrieden zwischen den Klassen hinauslaufende Seite des Nationenbegriffs ist dabei oft, aber überhaupt nicht immer vorhanden oder gar vorherrschend.“ (ebd.) Gut, also die Bourgeoisie ist begeistert von der Vorstellung einer auf Sprache und Kultur beruhenden „Gemeinschaft“, weil in der real existierenden Gemeinschaft ihr Interesse das maßgebliche ist, das mit der Unterordnung gerade des Proletariats bedient wird. Das Alltagsbewusstsein des Proletariats von der Nation zeichnet sich hingegen durch ein unbestimmtes Durcheinander aus, in dem die Nation gar nicht vorkommt: Eine „diffuse Mischung“, nicht gänzlich reaktionär – also wieder mal eine offene Frage. Wieder: Die harmonisierende Vereinnahmung der Klassen in ein nationales „wir“ muss nicht sein! Und schon gar nicht muss die nationale Einheit reaktionär sein! Die Erörterung der „progressiven Elemente der Nation, wie z.B. den kollektiven Kampf gegen nationale Unterdrückung“, die schenke ich mir heute, das wäre ein anderes Thema; statt dessen ein anderes Beispiel für die progressive Seite des Nationalismus: Die Fußballparty: Wider die kapitalistische Verinzelung „ Auch die im Nationalgefühl enthaltene Gemeinsamkeit ist nicht nur reaktionär. Denn das Zusammenkommen von Menschen derselben Nationalität, wie es beispielsweise bei großen Sportereignissen geschieht, kann angesichts der kapitalistischen Vereinzelung und Individualisierung durchaus auch positiven Charakter haben – ob der Chef und die Bundeskanzlerin in die Fußballparty einbezogen werden und ob die Fans der gegnerischen Nationalmannschaft niedergemacht werden, das steht dabei ja noch nicht fest. Die kapitalistische Kultur bietet der reaktionären Tendenz hier zahlreiche Anhaltspunkte, trotzdem können auch hier klassenbewusste proletarische Kräfte ihren Einfluss geltend machen.“ (ebd.) Da wird es dann schon ein wenig verkrampft-kindisch. Welche Gemeinsamkeit da besteht, das ist egal, Hauptsache, eine – irgendeine – leistet auf alle Fälle die Überwindung der „kapitalistischen Vereinzelung“ und hat damit einen „positiven Charakter“, sogar die ausdrücklich von „oben“ organisierten Inszenierungen des nationalen Gemeinschaftsgefühls im Rahmen des sportlichen, des friedlichen Wettstreits der Völker: Dass das „Zusammenkommen von Menschen derselben Nationalität bei großen Sportereignissen“ diese Menschen in genau dieser nationalen, klassenübergreifenden Eigenschaft vereint, das müsste wieder nicht sein –warum nicht ? Weil – indem „ k lassenbewusste proletarische Kräfte ihren Einfluss geltend machen“! – ausgerechnet die deutsche Kanzlerin und der deutsche Chef aus der nationalistischen Party ausgeschlossen werden könnten? Sind wir noch ganz bei Trost? Dass die Fans der „ gegnerischen Nationalmannschaft“ gern niedergemacht werden, weil es doch die Fans der gegnerischen National(!)mannschaft sind, ist auch bekannt – und das müsste schon wieder nicht sein … Eine faszinierende Vision: Aus dem Fußballstadion werden unter kommunistischer Führung – weil doch „Kommunisten sich in der Regel an die Spitze des nationalen Befreiungskampfes stellen“ – die enttäuschten Fans nach einer krachenden Niederlage unter Überwindung ihrer Vereinzelung zum Kanzleramt geführt, um dort die Entlassung des Bundestrainers zu fordern!?…
 
Linke und andere Antworten auf die FPÖ (II) (Um diese und andere Fragen geht es auch in einer Diskussion am 22. Oktober an der Uni Wien, im NIG HS III: http://www.platypus.wien/index/ ) Wie sollten die FPÖ und ihre historische Entwicklung – etwa von Norbert Steger zu Haider, Strache und Kickl – politisch charakterisiert werden? Strache hat seinerzeit als FPÖ-Chef eine Historikerkommission mit der Aufarbeitung der Parteigeschichte beauftragt, um die damaligen sog. „Einzelfälle“ in den Griff zu kriegen und die Deutungshoheit über die Geschichte und Gegenwart zu erobern. An einer derartigen „Aufarbeitung“ interessiert (das Publikum) in der Regel ohnehin nicht, was drinnen steht, wichtig ist nur der Hinweis der Auftraggeber, dass immerhin eine solche vorliegt. Zum Zeitpunkt der Publikation war die türkis-blaue Koalition allerdings vorbei, deswegen hat sich damals kaum wer dafür interessiert, und das ist schade. Ich habe eine kleine Rezension dieses „Berichts der Historikerkommission“ zu einer Parteigeschichte ausgebaut, link ist unten beigefügt, einige Details daraus: Die ersten Jahrzehnte nach dem Krieg In der ersten Nachkriegszeit hat sich die Partei als moralische und materielle Interessenvertretung der alten Nazis profiliert, i n Sachen Entnazifizierung, Wiedergutmachung und Restitution. Das diesbezügliche Vehikel war vor allem ein „breite r Opferbegriff“, sodass durch die radikale freiheitliche Gleichmacherei nicht nur die Opfer des Nationalsozialismus, sondern auch Nationalsozialisten, als Opfer der Niederlage und der Entnazifizierung – in der freiheitlichen Diktion: Nazis als Opfer politischer Verfolgung – , mit Entschädigungen hätten bedacht werden müssen. Die vielen Opfer des Nationalsozialismus finden sich mit den Opfern der Niederlage des Nationalsozialismus vereint, im großen freiheitlichen Opfereinheitsbrei. D eswegen konnte die Partei nach dem Krieg einigen diesbezüglichen Gesetzen (Restitution, Wiedergutmachung … ) dann doch nicht zustimmen, wegen mangelnder „Rechtsgleichheit“ bei der Einstufung auch der Nationalsozialisten als Opfer politischer Verfolgung . D as liest sich noch im Jahr 1998 folgendermaßen : „ Da wäre zunächst der freiheitliche ‘Opferbegriff’, also die Definition jener Gruppen von Menschen, die in den verschiedensten historischen Zusammenhängen und aus den verschiedensten Gründen politischer Verfolgung ausgesetzt waren und dadurch Verluste an Gütern, Leben etc. erlitten haben. Aufgrund des Prinzips der Rechts g leichheit befürworten die Freiheitlichen den Grundsatz ‘Opfer ist Opfer’ (Harald Ofner, 5. November 1998), was allgemein einem breiten Opferbegriff entspricht.“ ( „BERICHT DER HISTORIKERKOMMISSION. Analysen und Materialien zur Geschichte des Dritten Lagers und der FPÖ“, herausgegeben vom Freiheitlichen Bildungsinstitut 2019. S. 275, https://www.fpoe.at/fileadmin/user_upload/www.fpoe.at/dokumente/2019/PDFs/Buch-Historikerkommission-Web.pdf ) Zwei Zeitzeugen haben die Geilheit der alten Nazis auf die Opferrolle 50 Jahre vorher nach einer Sitzung des Nationalrates folgendermaßen kommentiert: „ Rückblickend auf diese Debatte meinte Friedrich Hillegeist (SPÖ) am Tag darauf, dass ein neutraler Beobachter hier den Eindruck hätte gewinnen können, dass nur Nationalsozialisten jemals unschuldig Verfolgte gewesen wären … “ (BERICHT, S. 242) „Fritz Polcar von der ÖVP ‘… nach Ihnen, Herr Abgeordneter Pfeifer, wird es wahrscheinlich immer ein NS-Problem geben, solange die Nationalsozialisten in unserem Lande nicht eine nach Ihrem Willen geleistete Wiedergutmachung erhalten’“. (BERICHT S. 245) In seiner Zusammenfassung notiert nun einer der Autoren aus der freiheitlichen Historikerkommission: „ An diesem Punkt könnte man die ‘Henne oder Ei’ Frage stellen, ob nun die freiheitlichen Prinzipen von sich aus die Intervention zugunsten der unschuldigen Nazis bedingt hätten oder ob diese nur zum Schein aufgestellt worden wären, um aufgrund der ideologischen Nähe, aber auf ‘unverdächtige’ Weise, den Nazis helfen zu können.“ (BERICHT S. 276) Tja, geht es der prinzipienfesten FPÖ um die „freiheitlichen Prinzipien“ oder um deren gezielte Anwendung zugunsten der „Nazis“ aufgrund „ideologischer Nähe“? Dem Autor ist aufgefallen, dass die freiheitlichen Prinzipien dann gelten, wenn es dem materiellen oder moralischen Nutzen der „Nazis“ dient. Sie werden natürlich nicht „zum Schein“ aufgestellt, sie werden selektiv zur Geltung gebracht. Mit dem „oder“ – freiheitliche Prinzipien oder Hilfe für die Nazis – fällt der Autor hinter seine eigenen Ergebnisse zurück: Es ist kein entweder-oder, sondern ein um-zu; um den „Nazis“ zu helfen, gelten einmal freiheitliche Prinzipien, dann wieder nicht: Deswegen hat im Jahr 2009 die FPÖ folgerichtig im Nationalrat gegen die Rehabilitierung von Deserteuren der deutschen Wehrmacht gestimmt, die von NS-Sondermilitärgerichten verurteilt worden waren. Der für Nationalsozialisten gültige erhabene freiheitliche Grundsatz „Opfer ist Opfer“, der gilt für die Opfer der NS-Militärjustiz definitiv nicht, so „breit“ kann der freiheitliche „Opferbegriff“ gar nicht sein. Die nicht wenigen zum Tod verurteilten Deserteure sind also keine Opfer des Nationalsozialismus im breiten Sinn der FPÖ, ihre Richter aus der NS-Militärjustiz hingegen schon, sollten die womöglich nach dem Krieg Opfer eines Karriereknicks geworden sein, qua Entnazifizierung. Soweit die Positionen der Partei zu den Themen Entnazifizierung, Wiedergutmachung, Restitution. Link zur vollständigen Rezension des Historikerberichts: „Anmerkungen zum FPÖ-Bericht“ (pdf) https://cba.media/571983 Ebenso: https://forvm.contextxxi.org/fpo-damals-die-nazi-partei.html Haiders Beitrag zum Erfolg der Partei Die Übergangsfiguren Alexander Götz und Norbert Steger (nach Friedrich Peter) kann man überspringen; die Leistung Stegers in der Parteigeschichte besteht darin, für die freiheitliche Parallelgesellschaft die Bezeichnung „Kellernazis“ erfunden zu haben. Erwähnenswert ist der nächste Parteichef Jörg Haider, der hat zwar an die Figur des Nationalsozialisten als verfolgte Unschuld angeknüpft, er hat seine Erzählung allerdings deutlich offensiver angelegt; er wollte die Leistungen der Kriegsgeneration gewürdigt wissen; das war sein Beitrag. Darüber hinaus ist gerade durch die Auseinandersetzung mit ihm die Durchsetzung der ursprünglich deutschen Variante der Vergangenheitsbewältigung – „Bekennen“ ist gleich „Bewältigen“! – in Österreich vorangekommen. (Vgl. einige Podcasts zur „Vergangenheitsbewältigung“) Und Haider hat die FPÖ ohne Zweifel durch ihr nächsten großes Thema profiliert, nämlich durch die „Ausländerfrage“. Seine diesbezüglichen Leistungen sind zu Recht legendär; hab’ ich bei Gelegenheit ausführlich besprochen – in diesem Kontext erwähnenswert ist eventuell die Kunstfertigkeit, mit der Haider die Ausländerhetze aus der Würdigung der Nationalsozialismusgeneration abgeleitet hat. Durch einen Vergleich der Qualitäten der Nationalsozialismusgeneration mit denen der damaligen Migranten aus Osteuropa konnte er mühelos die moralische Minderwertigkeit dieser Osteuropäer herausarbeiten: „ Und man muss ja auch ganz ehrlich sagen, es hat sich ja auch als richtig herausgestellt, dass es nicht immer die Besten sind, die zuerst von zu Hause weglaufen. Dadurch haben wir eine riesige Kriminalität in diesen Einwanderungsbereichen bekommen. … Es gilt letztlich das sicherzustellen, was man auch unseren Eltern und Großeltern im Jahre 1945 nach dem Krieg gesagt hat. Als die vor dem Trümmerhaufen dieser Republik gestanden sind, hat man ihnen auch gesagt: Nicht abhauen von Österreich heißt die Devise, sondern die Ärmel aufkrempeln, fleißig arbeiten und dieses Land aufbauen. Und sie haben dieses Österreich hervorragend aufgebaut, aber das gilt auch für die Osteuropäer: Nicht abhauen von daheim, sondern selbst fest arbeiten und das Land aufbauen, und die reichen Länder werden euch ein bisschen behilflich sein.“ (Jörg Haider, Wahlkampfrede in St. Filippen am 24.9.1990, zitiert nach Goldmann / Krall / Ottomeyer, Jörg Haider und sein Publikum. Klagenfurt/Celovec 1992, S. 139) So hat sich Haider anlässlich der Migrationswelle nach der Auflösung des Ostblocks verbreitet. Die damaligen Minderwertigen stammten durch die Bank aus dem christlichen osteuropäischen Abendland, damals war der Islam noch kein Thema. Jedenfalls, die Wertvollen zeichnen sich dadurch aus, dass sie alles mitmachen, sich alles gefallen lassen, im Krieg wie im Frieden, im Faschismus wie in der Demokratie. Sie sind die bedingungslos Zuverlässigen, die fraglos für alles zu Verfügung stehen, was das Land – das sie für „ihr“ Land halten – gerade verlangt. Unverwüstlich jedenfalls, sogar wenn das Land, dem sie ergeben sind, eine kriegsbedingte Transsubstantiation durchmacht, vom faschistischen Dritten deutschen Reich zur demokratischen Zweiten österreichischen Republik. Die Wertvollen fragen nicht, was ihr Land für sie tun kann und was sie davon haben, sie tun alles für ihr Land, sie sind unverbrüchlich dabei und bis zum Exzess dafür. Sie sind treu – in schlechten Tagen, in Armut und Krankheit, bis dass der Tod usw. Darauf dürfen die angesprochenen „Eltern und Großeltern“ dann richtig stolz sein, weil sie tun, was „MAN ihnen gesagt hat“, nach Meinung einer Figur, die sich zu den Machthabern gezählt hat, die den normalen Leuten sagen, was sie in Krieg und Frieden alles zu tun haben. Von zu Hause wegzugehen und im Ausland kriminell zu werden, das ist komplementär eine schlüssige, naheliegende Laufbahn; aus völkischer Sicht. Weil schon das Fortgehen den Charakter demaskiert: Da geht welchen glatt der Eigennutz vor dem Gemeinnutz ’.Wer an sich denkt, wem seine Interessen wichtiger sind als das Vaterland, der hat sich quasi als „Deserteur“ betätigt. Ein wirklich anständiger Mensch geht mit und für die Heimat durch dick und dünn, macht unbeirrbar alle guten und schlechten Zeiten mit, wie die Politik sie ihm auferlegt. Wer hingegen die Frage nach seinem Nutzen oder Schaden stellt , wer berechnend für den persönlichen Vorteil sogar ins Ausland unterwegs ist, der wird vermutlich in Österreich zum Verbrecher, denn alle ökonomischen Mechanismen und Momente der Lohnarbeit für Kapital, so wie nicht nur die FPÖ sie schätzt, die zeitigen sachzwanghaft das Ergebnis, nicht für sich zu schuften, sondern für Kapital und Staat, um „das Land aufzubauen“. Wer keine praktische Selbstlosigkeit gegenüber der Heimat aufbringt, weil er an sich denkt , wird auch im Ausland mit dieser Form der Arbeit Probleme kriegen, weil er damit garantiert nicht reich und glücklich wird, er ist daher ein potenzieller Krimineller. Eine interessante Auskunft über Lohnarbeit. [ Der nächste Parteichef Strache steht für den „Großen Austausch“ der Bevölkerung durch Migration; den deswegen womöglich fälligen „Bürgerkrieg“ hat sein früherer Parteifreund Waldhäusl auf seine „Enkel“ projiziert, die vielleicht „mit der Waffe“ gegen Migranten vorgehen müssten. Andere Leute sind der Meinung, der sei schon längst fällig, etwa u.a. Anders Behring Breivik aus Norwegen oder Brenton Tarrant damals in Christchurch, in Österreich bekannt durch eine Spende an einen bekannten Identitären, der sich dafür auch artig bedankt hat. Die Alternative zum Bürgerkrieg wäre dann die „Remigration“, die Deportation von Migranten unter dem aktuellen Parteichef Kickl. Welche „Lösung“ der Volkskanzler parat hat, falls die Deportation nicht klappt, weil die Herkunftsländer ihre Leute auch nicht haben wollen, darüber hat er sich noch nicht verbreitet – zumindest „konzentriert gehalten“ müssten sie wohl werden. Das Thema ist im Podcast besprochen worden, es wird sich wohl weiter nicht vermeiden lassen. ] Heute weiter mit der nächsten Frage: „ Wie hat sich die Linke in der Vergangenheit gegenüber rechten bzw. faschistischen politischen Strömungen verhalten und ist daraus etwas für heute zu lernen?“ Da möchte ich in der Tat ein Stück zurückgehen in die Vergangenheit, nämlich in die 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Womit wurden denn damals die Angehörigen der späteren Kriegsgeneration von den damaligen kommunistischen Parteien konfrontiert? „ Wo liegt die Quelle des Einflusses des Faschismus auf die Massen? Dem Faschismus gelingt es, die Massen zu gewinnen, weil er in demagogischer Weise an ihre brennendsten Nöte und Bedürfnisse appelliert. Der Faschismus entfacht nicht nur die in den Massen tief verwurzelten Vorurteile, sondern er spekuliert auch auf die besten Gefühle der Massen, auf ihr Gerechtigkeitsgefühl und mitunter sogar auf ihre revolutionären Traditionen.“ (Georgi Dimitroff auf dem VII. Kongress der Kommunistischen Internationale 1935, nach „Referate und Resolutionen“ Dietz-Verlag 1975, S. 95) Gut oder nicht gut, der Faschismus appelliert an brennende Nöte ebenso wie an beste Gefühle , als da wäre erst mal das Gerechtigkeitsgefühl . Was noch? „ Der Faschismus handelt im Interesse der extremen Imperialisten, aber vor den Massen tritt er unter der Maske des Beschützers der erniedrigten Nation auf und appelliert an das verletzte Nationalgefühl, wie zum Beispiel der deutsche Faschismus, der mit der Losung ‘Gegen Versailles’ die kleinbürgerlichen Massen mitriss.“ (ebd.) Da hätten wir also auch das verletzte Nationalgefühl im Reigen der besten Gefühle oder der brennendsten Nöte. „Extremer Imperialismus“ ist bloß eine „Maske“, wenn eine „erniedrigte Nation“ an ihrer Erniedrigung leidet? Dass der Faschismus nur die „kleinbürgerlichen Massen“ durch die Losung „Gegen Versailles“ mitgerissen hätte, ist eine kleine Heuchelei, weswegen die Relativierung „kleinbürgerlich“ in der folgenden Formulierung fehlt, die auch gleich die positive Konsequenz formuliert: „ In Deutschland haben unsere Genossen lange Zeit das verletzte Nationalgefühl und die Empörung der Massen gegen den Versailler Friedensvertrag nicht genügend berücksichtigt … Sie sind mit dem Programm der sozialen und nationalen Befreiung zu spät hervorgetreten.“ (ebd. S. 104) Man hat also als Kommunist auch die nationale Befreiung ins Programm aufzunehmen, und die Massen gegen „Versailles“ zu mobilisieren, denn: „ Wir Kommunisten sind unversöhnliche, grundsätzliche Gegner des bürgerlichen Nationalismus in allen seinen Spielarten. Aber wir sind nicht Anhänger des nationalen Nihilismus und dürfen niemals als solche auftreten. Die Aufgabe, die Arbeiter und alle Werktätigen im Geiste des proletarischen Internationalismus zu erziehen, ist eine der grundlegenden Aufgaben jeder kommunistischen Partei. Aber derjenige, der glaubt, dass ihm dies gestatte oder ihn gar veranlassen dürfe, auf alle nationalen Gefühle der breiten werktätigen Massen zu pfeifen, der ist vom wirklichen Bolschewismus weit entfernt und hat von der Lehre Lenins und Stalins über die nationale Frage nichts verstanden.“ (ebd. S. 151) Der letzte Einschub stimmt, die peinlichen Lehren Lenins und Stalins zur nationalen Frage sind auch nicht besser als dieses Elaborat. Diese Positionierung enthält natürlich schon einige – höflich formuliert – Unklarheiten, und wirft mal die Frage auf, warum das „verletzte Nationalgefühl der Massen“ denn nicht zu deren „tief verwurzelten Vorurteilen“ zählt, bzw. welche Abgrenzungen da unterstellt sind?! Vor allem aber ist die hier angeführte Unterscheidung zwischen dem „bürgerlichen Nationalismus“ und den „nationalen Gefühlen der breiten werktätigen Massen“ – die diese für genau den abgelehnten bürgerlichen Nationalismus so empfänglich machen! – völlig haltlos. Diese „besten Gefühle“ bestehen schließlich in genau der parteiischen Stellung zur Nation, die auch den bürgerlichen Nationalismus kennzeichnen: Man ist positiv voreingenommen eingestellt gegenüber dem „eigenen“ Staat, eine Voreingenommenheit, die man womöglich sogar mit dem Bild von der „Liebe“ ausschmückt, und deswegen schon mal mental negativ aufgestellt gegenüber allen heimischen und auswärtigen Hindernissen, auf die das geliebte „eigene“ Gemeinwesen trifft. Nationalismus einerseits pfui – es sei denn, das Proletariat ist davon ergriffen? Kein Verdacht dagegen, dass sich der „proletarische Internationalismus“, von dem da die Rede war – Arbeiter aller Länder , vereinigt euch! – vielleicht weder mit dem bürgerlichen noch mit dem proletarischen Nationalismus verträgt, spätestens wenn die Proletarier als Soldaten antreten sollen? Das der „extreme Imperialismus“, von dem Dimitroff spricht, die durchaus adäquate Antwort einer „erniedrigten Nation“ ist, die sich auf die Revision einer Niederlage folgerichtig durch den nächsten Krieg hinarbeitet – wofür die Faschisten leider auch die Arbeiterklasse gewinnen konnten?! Schon diesem peinlichen Durcheinander von einerseits – andererseits, sowohl – als auch, zwar – aber, dem kann man entnehmen, dass die damaligen Kommunisten der faschistischen Agitation wenig entgegen zusetzen hatten. Den Nationalismus schon als den Hebel der Faschisten zu identifizieren, und dann opportunistisch um den proletarischen Nationalismus herum eiern? Zum Nationalismus allgemein: Nationale Identität im richtigen Leben Nationale Identität im Zeitalter der Globalisierung…
 
Brennende Fragen nach dem österreichischen Wahlergebnis! Nach dem Wahlergebnis und seit dem sich Kickl aufführt, als hätte seine Partei die absolute Mehrheit, obwohl das Volk den Volkskanzler mit einer Mehrheit von 70% abgewählt hat, seither zirkulieren einige Fragen. Einige will ich mir vornehmen, auch wenn sie etwas schräg daherkommen: „ Wodurch unterscheiden sich linke Antworten auf die FPÖ von denen anderer politischer Strömungen? Welche politischen Konsequenzen folgen daraus?“ Antworten auf die FPÖ: Doof oder verlogen! Die linken Antworten bestechen durch ihre Unverbesserlichkeit. Die Linken sind in der Regel die Doofen, sie glauben geradezu unbelehrbar an das Märchen – im Sinn von „Erzählung, Narrativ“ – an das Märchen von der Unvereinbarkeit von Demokratie und Faschismus. Oder sie tun zumindest so. Sie glauben an einen sog. „antifaschistischen Grundkonsens“ der Zweiten Republik, und deswegen glauben sie, für die FPÖ oder wenigstens für etliches freiheitliches Personal und für etliche ihrer Positionen sei „eigentlich“ „kein Platz“ in Österreich, wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung. Oder sie tun so, als ob sie das glauben.Von Unbelehrbarkeit muss man deswegen sprechen, weil die freiheitlichen Regierungsbeteiligungen nicht dazu gereicht haben, diese Sicht zu erschüttern. Die angesprochenen „anderen politischen Strömungen“ hingegen instrumentalisieren die etwas abweichende Stellung der FPÖ zur sog. „Vergangenheitsbewältigung“, sie hantieren berechnend und aus niederen Motiven mit der sog. „Faschismuskeule“, um die FPÖ ins rechte Eck zu rücken, und geben sich deswegen auch wieder zufrieden mit den üblichen Distanzierungen, den jämmerlichen Ausreden und Relativierungen, es handle sich um Entgleisungen von „Einzelfällen“. Dazu Beispiele aus der Vergangenheit und aus der Gegenwart: Ein prominenter „Einzelfall“ … Ein Klassiker im Sinne der Linken ist der Spruch des damaligen Landeshauptmannes Jörg Haider von der „ordentlichen Beschäftigungspolitik“ im Dritten Reich. Es macht nämlich für die politisch korrekte Öffentlichkeit einen Unterschied, ob man die se Beschäftigungspolitik im Dritten Reich unter dem Gesichtspunkt erwähnt, dass es dem Führer leider auch damit gelang, die Massen zu verführen, obwohl die ihm nie hätten nachlaufen dürfen, so wie Haider seinen Spruch im manchmal im Nachhinein gemeint haben wollte – oder ob man als Vertreter einer „unbefangenen“ Nachkriegsgeneration sowohl dieser vorbildlichen Beschäftigungspolitik als auch den von ihr beeindruckten Volksgenossen die Anerkennung nicht versagen kann, wo sich doch die österreichische Republik davon eine Scheibe abschneiden könne, wie seinerzeit im Kärntner Landtag ausgeführt: „ Na, das hat’s im Dritten Reich nicht gegeben, weil im Dritten Reich haben sie ordentliche Beschäftigungspolitik gemacht, was nicht einmal Ihre Regierung in Wien zusammenbringt. Das muss man auch einmal sagen.“ (Haider, im Kärntner Landtag 13.6.91) Die triviale Gemeinsamkeit des sowohl demokratisch als auch faschistisch organisierten Kapitalismus samt der Not der Volksgenossen und ihrem Bedürfnis nach „Arbeit“ ist zwar unterstellt, darf aber so, völlig ohne Distanz jedenfalls nicht formuliert werden, schon gar nicht mit einer besseren Note für das Dritte Reich. Nach seinem Bekenntnis wurde Haider 1991 als Landeshauptmann abgewählt; und dadurch wurde er gewissermaßen zum letzten Opfer der „Entnazifizierung“ in Österreich. Sogar diese Sternstunde des staatsoffiziellen „Antifaschismus“ basierte allerdings auf gewissen Begleitumständen; der damalige ÖVP-Obmann (Riegler) war nach einer Wahlniederlage schon weg, der Nachfolger (Busek) noch nicht richtig da, und in dieses „Interregnum“ in der ÖVP ist der damalige SPÖ-Kanzler Vranitzky gestoßen, hat in Wien eine Resolution beschließen lassen und dadurch die ÖVP auch in Kärnten unter Druck gesetzt. … und seine Rehabilitierung Derselbe Haider und seine Partei wurden acht Jahre später aber dringend gebraucht, von der ÖVP, als Koalitionspartner. Am 12. November 1999, in einer „Rede zur Lage der Republik und zur Situation der FPÖ“, da formulierte Haider nicht nur eine ihm abverlangte Art von „Entschuldigung“ für seine sog. „Ausritte“, sondern auch eine historische Einordnung: „ Die Nationalratswahlen am 3. Oktober haben … endgültig eine historische Epoche beendet, … und es ist dies jene Phase des Übergangs vom Ende der Diktatur 1945 zur Demokratie von heute. … Österreich war nach Jahren einer blutigen und grausamen Diktatur ein zerstörtes Land gewesen, in dem der Hass der Mehrheit gegen die Minderheit mehr Unheil angerichtet hatte, als alle kriegerischen Ereignisse zuvor.“ (Haider, Rede am 12.11.1999) Noch einmal, und langsam: Der Übergang vom „Ende der Diktatur“ zur „Demokratie“ dauerte lang, bis zur Regierungsbeteiligung der FPÖ. Nach „Jahren einer blutigen und grausamen Diktatur“ war Österreich ab 1945 ein Land, „in dem der Hass der Mehrheit gegen die Minderheit mehr Unheil (sic!) angerichtet hatte, als alle kriegerischen Ereignisse zuvor (sic!)“! Der Hass der Mehrheit gegen die Minderheit, der mehr Unheil angerichtet hatte als der Krieg – damit war die Entnazifizierung gemeint. Eine Bewertung, die sicherlich zutrifft – nur vom Standpunkt des überzeugten Nationalsozialisten, aber aus dessen Sicht ganz bestimmt. Immerhin konzedierte Haider damals, die alten Nazis seien eine „Minderheit“ gewesen! Diese Auskunft war aber 1999 kein Skandal, wie die zur „Beschäftigungspolitik“ einige Jahre vorher; Haiders Partei wurde schließlich von der ÖVP als Mehrheitsbeschaffer gebraucht. Wenn dieser Begebenheit wieder einmal etwas zu entnehmen ist, dann der berechnende Umgang der Parteien SPÖ und ÖVP mit der FPÖ. Anders ausgedrückt: Der offizielle „Antifaschismus“ dieser Parteien ist nichts wert. Mit der FPÖ wird, seit der Gründung des Vorgängers VdU, taktisch verkehrt – wenn es opportun ist, wirft man ihr die „braunen Flecken“ oder „Einzelfälle“ vor. Wenn die FPÖ als Mehrheitsbeschaffer gebraucht wird, ist eine Koalition oder eine Absprache allemal drinnen. Das gehorcht dem konstruktiven, dem kalkulierenden innen- und außenpolitischen Umgang von Demokraten mit Faschisten, vor und nach dem Krieg. Keine Rede von einer Unvereinbarkeit. Die Einzelfälle sind repräsentativ – laut FPÖ! Spätestens seit dem Bericht der freiheitlichen Historikerkommission aus dem Jahr 2019 gibt es eine parteioffizielle Einordnung dieser sog. Einzelfälle – schon der Plural von „Fälle“ widerspricht übrigens dem Singular des Attributs „Einzel“. Dort findet sich eine Dokumentation von „ Stellungnahmen, die den offiziellen Umgang der Partei mit Vorwürfen von Wiederbetätigung, Rechtsextremismus, Rassismus etc. gegenüber einzelnen Mitarbeitern seit 2017 belegen. Aus dieser Dokumentation geht hervor, dass es sich dabei in der Regel tatsächlich um bedauerliche, aber insignifikante ‘Einzelfälle’ handelt, die zwar von Medien und Gegnern aufgeblasen werden, aber nicht auf die Haltung der gesamten FPÖ übertragen werden können bzw. dass die Partei in substantiellen Fällen immer entschlossen durchgegriffen hat.“ ( Historikerbericht S. 651) https://www.fpoe.at/fileadmin/user_upload/www.fpoe.at/dokumente/2019/PDFs/Buch-Historikerkommission-Web.pdf „ In der Regel“ gegen eine ganze „Sammlung“ von „ Einzelfällen “ „entschlossen durchzugreifen“ , und das sogar „immer“ – Respekt! Der Hinweis auf die „Gegner“ und die „Medien“ bekräftigt, dass der „Einzelfall“ innerhalb der FPÖ „in der Regel“ eben nicht auffällt, zumindest nicht unangenehm. Erst wenn der Einzelfall von „Gegnern“ außerhalb aufgeblasen wird, wird er zu einem solchen! Die Auflistung im „Bericht“ beginnt im Jahr 2017, wegen der freiheitliche n Regierungsbeteiligung unter Sebastian Kurz, weil die ÖVP beim „Aufblasen“ der Vorwürfe beteiligt war, und die Gelegenheiten nutzte, um die FPÖ in ihr übliches Eck zu stellen, aber ohne sich als Partner der Einzelfallpartei selbst kompromittieren zu wollen! Nach dem Ende der Koalition hat Generalsekretär Schnedlitz das Ende der berechnenden, geheuchelten bisherigen Distanziererei ausgerufen: „ Man habe während der Regierungszeit den Fehler gemacht zu glauben, ‘wir müssen in ein Rückzugsgefecht gehen und uns auf Zuruf von (ÖVP-Bundeskanzler, Anm.) Sebastian Kurz distanzieren’, sagte er in einem Interview … ‘Mit dieser Distanziererei ist es jetzt aber definitiv vorbei.’“ (Standard 30.11.2020) Es ist schon wieder was passiert! Oder doch nicht? Es gibt nämlich schon wieder einen Einzelfall. Er geht so, samt eigenhändiger, authentischer Distanzierung: „ Die FPÖ hat die Teilnahme von Mitgliedern an einem Begräbnis gerechtfertigt, bei dem auch ein von der Schutzstaffel SS der Nationalsozialisten verwendetes Lied gesungen worden war. ‘Jegliche Unterstellung einer nationalsozialistischen Gesinnung’ weise man ‘entschieden und auf das Schärfste zurück’, hieß es in einer Aussendung am Dienstag. Das Lied ‘Wenn alle untreu werden’ sei in der 1814 getexteten Form gesungen worden, die auch bei anderen Verbindungen verbreitet sei. … Das Lied mit dem verwendeten ursprünglichen Text befinde sich im ‘Allgemeinen Deutschen Kommersbuch’, dem im deutschen Sprachraum am häufigsten aufgelegten Liederbuch. Im Gegensatz zu der ‘von der SS missbrauchten Version’ beinhalte das bei dem Begräbnis gesungene nicht drei, sondern vier Strophen, die allesamt gesungen worden seien. ‘Die Behauptung, man habe nicht die Version von Max von Schenkendorf gesungen beziehungsweise die gesungene Version sei eine (bewusst) von der SS abgewandelte Version, ist eine ebenso infame wie falsche Behauptung.’ Vor Ort sei explizit angekündigt worden, man singe ‘auf ausdrücklichen Wunsch des Verstorbenen’ das Lied von 1814. … Was in der FPÖ-Aussendung unerwähnt bleibt, ist das Wesentliche: Auf der Beerdigung wurde eine Strophe gesungen, die in der SS-Version des Liedes steht, jene die das ‘heil’ge deutsche Reich’ besingt.“ (Standard 1.10.2024) Also, liebe Kinder, es war keine besoffene Geschichte. Es war alles von langer Hand vorbereitet; man hat nicht nur – hoffentlich? – das Singen geprobt, die Kameraden haben sorgfältiges Quellenstudium betrieben, das war auch bitter nötig angesichts dessen, dass diese grausliche SS sogar echtes deutsches Liedgut missbraucht hat! Aber d adurch konnten sich die singenden Recken eine nach Jahreszahl und Strophenzahl einwandfreie, geradezu antifaschistische Version erarbeiten, die in diesen Kreisen gern gesungen wird . Was will man mehr? Oder hat man sich doch trotz aller Sorgfalt in der Strophe vertan, wie der Standard herausgefunden hat ?! So sieht sie nämlich aus, die Grenze zur nationalsozialistischen Wiederbetätigung: „ Auf der Beerdigung wurde eine Strophe gesungen, die in der SS-Version des Liedes steht, jene die das ‘heil’ge deutsche Reich’ besingt.“ Ist der „Standard“ noch ganz bei Trost? Ist diese Selbstverarschung wirklich ernst und womöglich antifaschistisch gemeint ?! In einer Hinsicht haben die singenden Jammerlappen von der „Olympia“ recht: Nazis sind das keine, jeder echte Nazi würde sich für die kühnen Sänger höchstens genieren. „Unsere Ehre heißt Treue“ – na, bei denen sicher nicht, da trifft die Zeile „ Wenn alle untreu werden“ eher den Charakter. Wozu aber diese jämmerliche Selbstentblößung? Nun, es stehen bekanntlich Koalitionsverhandlungen bevor, die ÖVP könnte das, wenn es ihr aus ganz anderen Gründen in den Kram passt, wieder mal zu einem Skandälchen aufblasen und irgendwelche demütigenden Distanzierungen verlangen – und da demütigt man sich in vorauseilendem Gehorsam lieber selbst. Es geht doch um die „Futtertröge“ … Immerhin gibt es das zähe Gerücht, seinerzeit im Jahr 1995 hätte ein Video von Jörg Haider, in denen er anlässlich des Ballermann am Kärntner Ulrichsberg die Kameraden der Waffen-SS abgefeiert hat – das hätte damals schon eine mögliche ÖVP-FPÖ-Koalition hintertrieben oder wenigstens den Skeptikern in der ÖVP Material geliefert … B etroffenheit ist ein schlechter Ratgeber D ie schärfste diesbezügliche Absage stammt, auch aus persönlicher Betroffenheit, von Paul Lendvai: „ Die Kellernazis feiern die Schergen der Schutzstaffel Hitlers, die auch mich, den 15-Jährigen auf dem Todesmarsch vor 80 Jahren von Budapest zur Grenze bewacht haben. Der Begräbnisskandal ist die Krönung der hunderten ‘NS-Einzelfälle’, die nur den Aufstieg der FPÖ begleitet haben. Er erschüttert mich persönlich mehr als der von manchen Journalisten als ‘historischer Sieg’ gefeierte Wahlerfolg der Freiheitlichen. Wie kann man überhaupt von ‘weitgehend ähnlichen’ Programmen der ÖVP und der FPÖ fabulieren? Ist das überhaupt denkbar, dass sich die christdemokratische Gründungspartei der Zweiten Republik als Erfüllungshilfe einer Partei von Putin-Freunden und Hitler-Nostalgikern, EU-Zerstörern und Orbán-Bewunderern zugrunde richten würde? Das Geheimnis der Erfolgsgeschichte der Zweiten Republik war die Lern- und Kompromissfähigkeit der Volkspartei und der Sozialdemokraten.“ (Standard 30.9.2024) Wie kann man von „weitgehend ähnlichen“ Programmen der ÖVP und der FPÖ fabulieren, nur weil die Programme weitgehend ähnlich sind? Ist es denkbar, dass sich die christdemokratische Gründungspartei der Zweiten Republik usw. – das ist nicht nur denkbar, das hat sich in zwei Koalitionen bewährt. Wenn man schon auf die Geschichte und deren Lehren rekurrieren will, dann zählt vielleicht auch die Erinnerung, dass die bürgerlichen Christ-Parteien nicht die Feinde, sondern die Steigbügelhalter der Faschisten waren; und einen Austrofaschismus – meinetwegen: Ständestaat, ändert ja nichts an der Sache – haben sie in österreichischer Eigenregie auch hingekriegt. Tut mir leid für den Herrn Lendvai, aber solche Einwände sind nicht kritisch, sondern ignorant. Wenn die „Kellernazis“, übrigens nicht zufällig aus Anlass von Begräbnissen, aus ihren Löchern kriechen und ihrem kulturellen Erbe nicht nur auf ihren Buden, sondern auch am Friedhof huldigen, dann ist das eine Sache – das ist in der Tat „Nostalgie“ und abseitige Folklore und Nazi-Kitsch , nichts weiter. Was Lendvai noch erwähnt, nämlich die Stellung der FPÖ zum Krieg in der Ukraine, zur Europäischen Union und zu Orbán , das alles hat mit NS-Nostalgie nichts zu tun, das kommt ausdrücklich und ausschließlich aus der Gegenwart. (Wird vielleicht wieder ein Thema, oder war schon früher.) Die l inken Radikalinskis der Ignoranz Exemplarisch dafür ist etwa eine Initiative „Stoppt die Rechten“ : „ So verbietet beispielsweise das Verbotsgesetz u.a. jede Form der NS-Wiederbetätigung, der Verhetzungsparagraf die „Beeinträchtigung“ bestimmter Personen in ihrer Menschenwürde und das Abzeichengesetz das öffentliche Zurschaustellen von Abzeichen, Uniformen oder Uniformteilen verbotener Organisationen.“ ( https://www.stopptdierechten.at/ ) Die radikale Zusammenfassung dieses Standpunktes ist bekanntlich die Meinung, Faschismus sei keine Meinung, sondern ein Verbrechen – das stimmt aber nicht. Faschisten, Rechtsextremisten etc. haben schon auch Meinungen in dem Sinn, dass auch die sich an den politischen Auseinandersetzungen um die Lage der Nation, um Probleme und Lösungen beteiligen, und dadurch die „Grenzen des Sagbaren“ schon gehörig verschoben haben. Sich da hinter der Vorstellung zu verschanzen, das gehöre sich nicht oder gehöre sogar verboten, drückt sich um den politischen Streit in der Sache oder hält den gar nicht für möglich, weil die Rechten eh’ bloß an grundlose Ängste appellieren oder grundlose Vorurteile ausbeuten würden. Diese Linken können die Rechten nicht kritisieren und wollen sie daher verbieten (lassen). Der Hinweis auf das Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung ignoriert, was da längst ausjudiziert ist: Man darf sich als Rassist, als Rechtsextremist, als Neofaschist halt nicht dezidiert in die Tradition der NSDAP stellen; das ist alles: Keine Symbole und Hitlerbilder! Wer glauben will, die Rechten, die Freiheitlichen passen eigentlich nicht nach Österreich – nun, ihre Parolen tun das schon. Auch da ist die eine oder andere Bemerkung fällig, oder schon gefallen:…
 
Eine Vorbemerkung in anderer Sache: Auf 99 ZU EINS, das ist ein linker Kanal auf YouTube, hatte ich eine kleine Debatte über den bürgerlichen Staat, mit Thanasis Spanidis, damals KO, für „ Kommunistische Organisation“ , inzwischen vermutlich KP, für „ Kommunistische Partei“ . Ich habe meine Einwände nachträglich schriftlich deponiert, und auch begründet, warum ich das für sinnvoll halte . D er link zum Blog von 99 ZU EINS: https://blog.99zueins.de/2024/09/12/herbert-auinger-nachtrag-zu-meiner-diskussion-mit-thanasis-spanidis-auf-99-zu-eins-ueber-den-buergerlichen-staat/ Dort ist auch die ursprüngliche Diskussion nachzuhören. ========================================= Zweite Vorbemerkung, eine Ankündigung von Diskussionsveranstaltungen anlässlich der Nationalratswahl mit dem plakativen Titel „Wählen ist verkehrt“. Orte und Zeiten sind in der Mitschrift auf cba.media, Podcast „Kein Kommentar“ nachzulesen. Am Ende der Sendung wiederhole ich die Vorbemerkungen. Wien: Mittwoch, 25.09.2024 um 19 Uhr Galerie im Amerlinghaus Stiftgasse 8, 1070 Wien Graz : Freitag, 27.09.2024 um 19 Uhr schubertNEST Elisabethstraße 27, Kellergeschoß, 8010 Graz (Eingang über Beethovenstraße) https://gegenpositionen.at/aktuell/waehlen-ist-verkehrt ========================================= Zum prognostizierten Erfolg der FPÖ Thema des heutigen Beitrags ist folgende Fragestellung: Angenommen es kommt ein Besucher aus dem Ausland nach Österreich, mit der hiesigen Polit-Szene nicht sehr vertraut, und will wissen, warum die FPÖ in den meisten Meinungsumfragen führt und schon als Wahlsieger gilt, also ähnlich erfolgreich ist wie neulich die AfD in Deutschland, aber ohne „Brandmauer“. Die für die Antwort zur Verfügung stehende Zeit beträgt, sagen wir, 15 – 20 Minuten. Dafür sind wenigstens drei Stichworte abzuarbeiten: Die Asyllage, die Energiewende, und der Krieg. Die Asyllage Zuerst eine sachliche Klarstellung: Das Asyl- und Flüchtlingswesen ist ein Moment imperialistischer Außenpolitik . In der Aufnahme von Leuten, die „politisch verfolgt“ werden, die also Opfer auswärtiger Umstände und Umtriebe sind, kritisieren Staaten diese Umstände und Umtriebe. Zwei Beispiele: In Spanien erhält ein Oppositionspolitiker aus Venezuela Asyl, er darf hier also als das leibhaftige Beispiel für dortiges Unrecht amtieren; und die Gattin eines weißrussischen Politikers, der dort im Gefängnis sitzt, wird in Europa ebenfalls je nach Bedarf zum eigentlich legitimen Staatsoberhaupt von Belarus hochgejubelt, und wieder schubladisiert, bis zum nächsten Anlass. Ebenso wertvoll, für die Beglaubigung europäischer Ansprüche nämlich, sind die Flüchtlinge aus der Ukraine: Sie beweisen, die Ukraine gehört „uns“, deswegen werden sie gegenüber anderen Flüchtlingen privilegiert. Ihnen bleibt u.a. auch erspart, einen individuellen Antrag zur Anerkennung als Flüchtling stellen zu müssen, sie werden schlicht per politischem Beschluss zu Flüchtlingen ernannt. Das könnte ein zukunftsweisendes Verfahren werden, der Schein, Asyl wäre ein Angebot an Notleidende, würde entfallen. Betroffen davon sind die weniger wertvollen Flüchtlinge, die in Europa Gestrandeten aus dem Nahen und Mittleren Osten nämlich. Dort wollen „wir“ im Moment nichts Bestimmtes – dass dort Unrechts- Regimes ihr Unwesen treiben, steht ohnehin fest, auch wenn „wir“ derzeit Flüchtlinge mitten ins afghanische Unrecht zurückschieben wollen. Dass hierzulande die unerwünschte n Flüchtlinge illegale Migranten sind, d arüber herrscht in Europa mittlerweile Konsens. Das war früher ein exklusiver Standpunkt der FPÖ. Europa laboriert diesbezüglich an einer selbstgeschaffenen, inzwischen dysfunktionalen Rechtslage. Das Recht, immerhin einen zu prüfenden Antrag auf Anerkennung als Flüchtling zu stellen, ist immer noch ein Individualrecht , das jeder nach einem Grenzübertritt in Anspruch nehmen kann. Das passt nicht mehr in die Landschaft. Dieses Recht wurde aber über Jahrzehnte immer detaillierter ausjudiziert , auf Basis der Genfer Flüchtlingskonvention , das ist ein internationales Übereinkommen, und der ebenso supranationalen Europäischen Menschenrechtskonvention . Soll heißen, diese Konventionen sind nicht so einfach wie nationales Recht durch Reformen zu beseitigen. Wie generell im Rechtsstaat vorgesehen, wäre ev. die Ausrufung eines Notstandes ein Hebel – aber welcher amtierende Machthaber will schon zugeben, dass er es soweit hat kommen lassen? Ein Eindruck bleibt zwangsläufig beim Publikum hängen, weil von den Machthabern selber in vielen Varianten verkündet: Die Rechtslage wird zum Hindernis für die eigenen ehrenwerten Anliegen. Eigentlich gehören die ankommenden Interessenten abgewiesen, aber sog „pushbacks“, also Zurückschiebungen, sind nicht zulässig – derjenige, der sich nicht daran hält und das auch verkündet, ist das freiheitliche Vorbild Orban. Griechenland handelt ebenso, aber dort verleugnet sich die Politik, noch. Und ebenso eigentlich gehören abgelehnte Asylwerber rausgeschmissen, was öfter daran scheitert, dass die Herkunftsländer sie auch nicht haben wollen; was wieder den schlechten Eindruck mangelnder imperialistischer Durchsetzungsfähigkeit Europas erzeugt; nicht einmal gegenüber subalternen Gebilden, die ihre Angehörigen nicht an der Flucht hindern wollen, kann man auftrumpfen. Kommt dazu, dass die gültigen Sprachregelungen nach wie vor darauf beharren, das Flüchtlingswesen sei keine imperialistische Machenschaft, sondern eine moralische, humanistische Verpflichtung gegenüber armen Leuten außerhalb, also von der Politik praktiziertes Gutmenschentum. Weniger nobel gestimmte Leute entdecken darin eine völlig weltfremde und schädliche Haltung, weswegen „uns“ der klassische Merkel-Spruch – „Wir schaffen das!“ – bzw. dessen Folgen schön langsam über den Kopf wachsen. Die FPÖ schmarotzt nun ohne große eigene Leistungen an dieser Gemengelage, sie steht mittlerweile als die Avantgarde der Flüchtlingspolitik da, die immer schon Positionen vertreten hat, zu denen sich mittlerweile alle bekennen – die aber als Regierungen noch immer „nichts weiterbringen“. Dazu auch: https://cba.media/635433 Die Energiewende Zuerst eine sachliche Klarstellung: Der „green deal“ zur „Klimarettung“ ist eine imperialistische Energieoffensive. Klimapolitik ist Energiepolitik. Energie geht in alle kapitalistischen Produktionsprozesse stofflich und preislich ein, sie ist die materielle Basis jeder ökonomischen Betätigung, jeder staatlichen Herrschaftstätigkeit und der Reproduktion der Menschen – damit enthält sie einen sehr großen politischen Anspruch . Gerade weil der deutsche Staat – der sich mit Fug und Recht als Motor der jetzigen europäischen Energiewende versteht – seit jeher konsistent darauf besteht, dass Energie sicher, ausreichend verfügbar, billig und zugleich Geschäftsmittel für weltweit aktive Energieversorger und Kraftwerksbauer zu sein hat, hat er im Laufe der Jahrzehnte eine energetische Wende nach der anderen folgen lassen: eine umfassende staatliche Subventionierung der Kohleförderung sowie deren Zurückfahren, den Aufbau einer Atomkraftwerkssparte und deren anvisierte Beendigung, den Import von Erdöl, den Bau umstrittener Pipelines aus Sowjetzeiten wie dem modernen Russland, seit gut 20 Jahren die Windkraft und die Pflasterung der Dächer mit Solarpaneelen. In Österreich war man ohne Atomkraft und mit dem Ausbau der Wasserkraft und dem Anzapfen von russischem Öl und Gas ebenfalls gut unterwegs. Der Inhalt der neuen Energiepolitik besteht, den ganzen europäischen Kapitalismus auf eine neue Energieversorgung und -nutzung umzustellen , auf Basis von Strom aus erneuerbaren Quellen . Damit will die Energiepolitik ihrem Ideal ein großes Stück näher kommen, wahrhaft souverän über die eigene Energieversorgung zu bestimmen. Das Hauptproblem europäischer Energiepolitiker liegt dabei im Westen: in der amerikanischen Supermacht, die den Weltenergiemarkt nach wie vor dominiert und eine Energieordnung garantiert, die Europa negativ tangiert. Da wären etwa die Folgen der freizügigen amerikanischen Zerstörung der angestammten Quellen „unseres Öls“ im Nahen und Mittleren Osten. Schon seit Jahren und vor dem Krieg stellen die USA mit ihrer eskalierenden Feindschaft gegen Russland die Sicherheit der europäischen Energieversorgung faktisch infrage: Schon vor dem aktuellen Krieg in der Ukraine haben die USA Europa bzw. Deutschland als Instrument verplant, durch die Stornierung der Pipeline „Nord Stream 2“ und durch den Konsum von Flüssiggas aus den USA. Damit wurden frühere Ambitionen untergraben, sich mit einer „strategischen Partnerschaft“, damals auch mit Russland, der US-dominierten Weltenergieordnung zu entziehen und ein Stück eigener Weltenergieordnung zu etablieren. Ebenso in der Kritik waren schon lange die russischen Gaslieferungen nach Österreich. Durch den Krieg in der Ukraine hat sich die Lage insofern geklärt, als die Unabhängigkeit der Energieversorgung von russischem Gas und Öl ein übergeordnetes europäisches Ziel ist, das die Notwendigkeit der Wende zu erneuerbaren Energien radikalisiert, die mit gigantischem Aufwand an Staatskredit und penibel planwirtschaftlich vorangetrieben wird. (Dass staatliche Eingriffe in die Marktwirtschaft eine Art Todsünde sein sollen, das gilt bekanntlich nur, wenn irgendwelche abhängigen Armen in ihrem Interesse darauf dringen wollen.) Und nun das: Nach einigen Jahren europäischer Energiewende stellt sich heraus, dass aus dem mit der Wende angepeilten Konkurrenzvorteil für die europäische Industrie sowohl durch die Herstellung als auch durch die Nutzung der erneuerbare n Energien – nichts geworden ist: Das Bedürfnis des europäischen Publikums nach Batterieautos hält sich in Grenzen, und dann erweist sich ausgerechnet die chinesische Autoindustrie als überlegen, bei der Herstellung von solchen Autos und ebenso bei Solarpaneelen. Das Auto-Flaggschiff VW ist in der Krise, die lang aufgebaute österreichische Auto-Zulieferindustrie in Schwierigkeiten. Durch den europäischen Wirtschaftskrieg gegen Russland hat sich die europäische Energiebewirtschaftung zusätzlich schlagartig verschlechtert, also verteuert, auch der elektrische Strom – so wurde die Konkurrenzfähigkeit der europäischen Industrie insgesamt untergraben. Kommt dazu, dass die Sprachregelungen, wonach es sich nicht um eine imperialistische Energiewende , sondern um eine vor allem von grünen Parteien und deren Gutmenschen-Ethos vorangetriebene Initiative zur Rettung des globalen Klimas handeln soll – wo der Globus doch hauptsächlich von Ausländern bewohnt wird! An der aktuellen Blamage der europäischen Energiewende, am aktuellen Zurückrudern und der Revision diverser „illusionärer“ Ziele bei der Reduktion von CO 2 und der Gefahr, angeblich ausgerechnet durch Klimarettung „unsere“ Wirtschaft zu ruinieren, vorgetragen nicht zuletzt durch den bekennenden Benzinbruder-Kanzler Nehammer – auch daran schmarotzt die FPÖ mit ihrem Faible für Benzin und Diesel und der Selbstverwirklichung durch Autofahren, mit ihren Anwürfen gegen den als „Klimahysterie“ geleugneten Klimawandel, und den als „Terroristen“ beschimpften Klimaklebern. Kleine Ironie am Rande: Vielleicht kostet das Überschwemmungskatastrophenwochenende 14 Tage vor der Wahl die ÖVP und FPÖ sogar einige Stimmen. Dazu auch: https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/deutschlands-energieimperialismus-wird-klimaneutral Der Krieg Zuerst eine sachliche Klarstellung: Da stehen einander die imperialistische n Ansprüche des Westens bzw. von Russland an die Ukraine im Weg. Wem gehört die Ukraine? Dass der ukrainische Präsident eine Marionette des Westens ist, das ist keine russische Propaganda; das berichten momentan die westliche Medien jeden Tag: Selenskyj bettelt um Waffen, und um die Erlaubnis, sie in Russland einsetzen zu dürfen. Die Entscheidungen fallen woanders. Es handelt sich um einen Stellvertreterkrieg in dem Sinn, dass die westlichen Staaten die Waffen liefern und den ukrainischen Staat zahlungsfähig halten, damit die Ukraine weiter das menschliche Kanonenfutter zur Verfügung stellen kann. Die europäischen Vormächte bestehen darauf, die Ukraine gehört „uns“, bekräftigt durch eine Beitrittsperspektive zur EU. Deswegen hat die EU ihren Wirtschaftskrieg eskaliert, mit dem erklärten Ziel, die russische Wirtschaft zu ruinieren. Es liegt in der Natur der Sache, dass so ein Wirtschaftskrieg auch diejenigen schädigt, die ihn anzetteln. Die Energiepreise in Europa sind gestiegen, die Medien verwenden gern die Bezeichnung „explodiert“, und weil Energie und damit deren Preis in jedes Produkt und in jede Dienstleistung eingeht, hat sich die Teuerung verallgemeinert, was einer Entwertung des Euro-Zahlungsmittels gleichkommt. Dazu kommt das Verbot von Geschäften aller Art durch das Sanktionsregime , und der weitgehende Abbruch des Zahlungsverkehrs . Das alles ist es den europäischen Vormächten wert, Imperialismus war immer schon etwas kostspielig. Die europäische Zentralbank waltet obendrein ihres Amtes, erhöht die Zinsen zur Inflationsdämpfung und leitet dadurch eine kleine Rezession ein, dazu gesellt sich die gewaltige amerikanische Standortoffensive von Joe Biden unter dem Titel „Inflationsbekämpfung“, die sich von der Wirkung her nicht von einem Wirtschaftskrieg gegen Europa unterscheidet. Wenn man nun die Kosten und den Nutzen des Stellvertreter- und des Wirtschaftskrieges national durchkalkuliert, dann resultiert für Österreich daraus ein einziger Schaden . Zwar ist das Land als Teil der EU schon an den ausgreifenden europäischen Ansprüchen beteiligt, es hat aber gerade in Sachen Krieg nichts zu melden, schon mangels militärischer Potenzen; Österreich kann ja nicht einmal gescheite Waffen liefern. Bleibt als Ertrag das reine ökonomische Desaster; man hat sich hierzulande immer als der große Nutznießer der EU-Osterweiterung gefeiert, hat Putin noch nach der Besetzung der Krim akklamiert und einen Gas-Liefervertrag verlängert, der nun kostspielig storniert werden soll. Das Russland-Geschäft ist weitgehend weggebrochen, um die Einzelheiten kümmern sich regelmäßig Overlooker aus den USA. Raiffeisen etwa kann seine Investitionen in Russland weder verkaufen noch nutzen; das Geschäft in und mit der Ukraine läuft schon, aber nur, weil das Land durch die europäischen Subventionen zahlungsfähig bleibt – eine Zahlungsfähigkeit, die auch den österreichischen Staatshaushalt durch seine Beiträge zur europäischen Ukraine-Finanzierung belastet. Österreich befindet sich in der längsten Rezession seit – bitte die Wirtschaftsforscher fragen. In dieser Situation bekräftigt die FPÖ ihre Liebe zur österreichischen Neutralität und ihre Sehnsucht nach Frieden. Das ist übrigens ihre einzige handfeste Differenz zu den anderen Parteien – zumindest derzeit im Wahlkampf ; aber wer weiß, Österreich liefert ohnehin keine Waffen … (Und in der Tat, die Partei polemisiert gegen jede feministische Anspruchshaltung als „Gender-Wahnsinn“, ebenso wie gegen Masken und Impfungen zur Pandemie-Bekämpfung.) Dazu auch: https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/fuenfte-halbjahr-ukraine-krieges Das war es. Das ist übrigens auch der Bezug zu den angekündigten Diskussionsveranstaltungen, sowohl bei der Asylpolitik , als auch bei der Energiewende vulgo Klimarettung, und bei der Stellung Österreichs zum Krieg sowieso – in all diesen Fragen entscheidet oder ändert sich durch die Wahl gar nichts. Deswegen wird ja gewählt: Damit die Gewählten dann alles entscheiden, einschließlich Krieg oder Friede. ========================================= Noch einmal die Ankündigung von Diskussionsveranstaltungen anlässlich der Nationalratswahl, mit dem plakativen Titel „Wählen ist verkehrt“. Orte und Zeiten sind in der Mitschrift auf cba.media, Podcast „Kein Kommentar“ nachzulesen. Am Ende der Sendung wiederhole ich die Vorbemerkungen. Wien: Mittwoch, 25.09.2024 um 19 Uhr Galerie im Amerlinghaus Stiftgasse 8, 1070 Wien Graz : Freitag, 27.09.2024 um 19 Uhr schubertNEST Elisabethstraße 27, Kellergeschoß, 8010 Graz (Eingang über Beethovenstraße) https://gegenpositionen.at/aktuell/waehlen-ist-verkehrt…
 
Die Nationale Identität im richtigen Leben Was macht denn einen Österreicher oder eine Österreicherin tatsächlich aus? Was sind die unterstellten positiven, schätzens- und schützenswerten Eigenschaften der österreichischen Art, der österreichischen Menschensorte? Deren Eigenschaften, Verhaltensweisen, oder Werte? Zur Abgrenzung eine Erinnerung: Die triviale Grundlegung der existierenden Republik Österreich ist da in der Regel nicht angesprochen. Die besteht darin, dass mit der Aufteilung der Welt unter die diversen Staaten nicht nur die Territorien gegeneinander abgegrenzt sind, auch die Menschen sind den jeweiligen Staaten zugeordnet und in verschiedene Sorten aufgeteilt: Österreicher, Deutsche, Italiener etc. Natürlich „muss“ es ein Österreich in diesem Konzert nicht unbedingt geben. Da besteht keinerlei höhere Notwendigkeit, das ist schlicht und einfach eine Gewaltfrage. Genauer: Es ist die Kombination aus Gewalt von oben und Opportunismus – oder „Realismus“ – von unten . Ein seit 1945 wieder österreichischer Bürger konnte, so er es altersmäßig geschafft und die großen Kriege überlebt hat, in die ihn „sein“ jeweiliger Staat geschickt hat – der konnte unter Umständen vier Staatsangehörigkeiten und die damit einhergehenden Metamorphosen seiner nationalen Identität absolvieren: Bis 1918 bestand die damalige Großmacht Österreich-Ungarn, die sich als Vielvölkerstaat verstanden hat; danach war deren ehemaliger Bürger in den von den Siegern gezogenen Grenzen eventuell ein Österreicher in der Ersten Republik mit dem weitverbreiteten Bedürfnis nach dem Anschluss an Deutschland; das Bedürfnis wurde 1938 erfüllt und der ordentliche Bürger war Deutscher; nach 1945 war er wieder Österreicher in der Zweiten Republik – nichts als Gewaltfragen . Ein unverwüstliches Exemplar hatte also die Gelegenheit, seiner Pflicht zum Dienst am Staat gegenüber nicht weniger als vier verschiedenen Vaterländern zu gehorchen – und der gute Bürger hatte in aller Regel noch immer nicht „die Schnauze voll davon“, wie er es während seiner Zeit als ostmärkischer Reichsdeutscher formuliert haben könnte! Die „Vielvölker“ im Habsburgerreich haben übrigens in der einen und entscheidenden Hinsicht allemal als ein einiges Volk funktioniert – sie haben sich auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs verheizen lassen. Nach der Enttäuschung durch die Niederlage durften sie sich nach de n Vorstellungen der Siegermächte prompt „selbst“ bestimmen, worauf einige mit der nationalen Unabhängigkeit sofort wieder unzufrieden wurden und sich zusammenschlossen, zum Staat der Slowenen, Kroaten und Serben, bzw. zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen. Nicht, weil sie so viele Gemeinsamkeiten entdeckt hatten, sondern weil ihnen klar war, dass die Kleinstaate n am Balkan nach den Maßstäben der modernen Welt des Imperialismus nicht wirklich handlungsfähig war en , nicht souverän sein konnte, woran sich bis heute übrigens nichts geändert hat. Ein ähnliches Motiv hatte das frischgebackene Parlament des restlichen „Österreich“, das am 12. November 1918 den Beitritt zur Deutschen Republik beschloss, der von den Siegern untersagt wurde. Das Bedürfnis nach dem Anschluss war sicher nicht einem Faible gegenüber der deutschen Sprache oder der Geschichte geschuldet – sondern weil in Ansehung der Niederlage der vorigen relativen Großmacht Österreich-Ungarn die Zweifel an der „Existenzfähigkeit“ des „Rest“-Kleinstaats überall gegeben waren. Die Völker sind das Werk der staatlichen Mächte, die sich eine solche Menschensammlung zuordnen. Was „die Österreicher“ zu Österreichern macht, das sind nicht gemeinsame Eigenschaften oder Haltungen, die vorhanden sein mögen oder auch nicht, das Gemeinsame liegt außerhalb von ihnen bzw. über ihnen: Die österreichische Herrschaft . Ironischerweise wird diese Tatsache gerade dann handfest und sinnfällig, wenn sich ein Kollektiv selbst als ein völkisches definiert, es sich darüber in einem real existierenden Staat nicht gut aufgehoben fühlt, und sein „Recht auf Selbstbestimmung“ verlangt. Es beharrt dann auf einem „eigenen“ Staat, weil es instinktiv weis , dass es „ein Volk“ – von mir aus ein katalanisches etwa oder ein schottisches oder ein palästinensisches – nur sein kann, indem es sich einer „eigenen“ souveränen Macht unterwirft . Sogar und erst recht dann, wenn es sich mit seiner neuen Freiheit zur Selbstbestimmung stante pede gern anderen Staaten in einer Europäischen Union etwa anschließen würde! Da kann es in Sachen „Sprache, Religion, Kultur, Geschichte“ vielerlei geben oder auch nicht – aber solche Gemeinsamkeiten bedeuten gar nichts, es sei denn, es wird sich von politischen Interessenten darauf berufen. Katalanisch etwa daherreden dürfen die Beteiligten ja ohnehin, „ihre“ „gemeinsame“ Geschichte, die ist längst gelaufen, die kann ihnen also ohnehin niemand wegnehmen – wenn sich durch solche Scherze tatsächlich ein „Volk“ konstituieren würde, dann wäre diese s Volk längst fix und fertig und unantastbar obendrein … Es mag zwischen 1938 und 1945 schon Leute gegeben haben, die gern in einem österreichischen Staat gelebt hätten, die wurden mit der kommenden Niederlage auch immer zahlreicher – aber wer dieses Bedürfnis seinerzeit durch die Auskunft vertreten hat: „Ich bin doch Österreicher!“, der liegt sachlich völlig verkehrt, aber national-ideologisch völlig richtig. Ideologisch erwünscht ist die ausdrücklich unpolitische Vorstellung, man sei ein österreichischer Mensch unabhängig davon, ob das österreichische Gewaltmonopol überhaupt existiert und einen zum Österreicher macht; mehr noch, man habe gerade als diese Österreicher-Figur ohne Staat ein Recht auf einen solchen und sei ohne einen solchen ziemlich schlimm dran, womöglich unterdrückt. Weil nämlich in die Beziehung zwischen den regierenden „Oberen“ und den regierten „Unteren“ nur dadurch eine Sicherung gegen Unterdrückung eingebaut sei n kann , indem beide Beteiligten, die Herrscher und die Beherrschten, vom selben Menschenschlag, Angehörige einer einzigen Menschensorte sein müssen, damit aus der Herrschaft garantiert keine Fremdherrschaft wird – von den Prinzipien, nach denen regiert wird, ist in dem Gemälde erst einmal nicht die Rede. Nachdem diese nationalen Faxen – die gemeinsame „Sprache, Religion, Kultur, Geschichte“ – bürgerliches Allgemeingut sind, vielleicht nicht in jeder einzelnen Ausprägung, aber ganz bestimmt in der abstrakten Vorstellung einer irgendwie beschaffenen, auf alle Fälle vorhanden sein sollenden österreichischen „Identität“, war den Parteien SPÖ und ÖVP diese nationale Frage unmittelbar nach 1945 immer etwas unangenehm. Weil diese traditionellen Versatzstücke halt nun einmal keinen halbwegs abgegrenzten, identifizierbaren österreichischen Menschen hergeben. Dem von der FPÖ seinerzeit vorgetragenen Vorwurf, „wir“ Österreicher seien „eigentlich“ Deutsche, dem ist man eher ausgewichen, hat aber jedes Jahr um den Nationalfeiertag in Meinungsumfragen penibel nachzählen lassen, wie viele Österreicher denn nun das Land für eine Nation zu halten belieben, und hat zufrieden die wachsende Zustimmung bilanziert. Immer mehr Bewohner sind sicher, dass Österreich „ihr“ Staat ist. Die gewohnheits- und darauf aufbauend sogar die gefühlsmäßige Unterwerfung unter ein und dieselbe Herrschaft, die gemeinsame Betroffenheit der Untertanen von einer Politik, die keine Probleme mit der Eigenstaatlichkeit hat und die daher auch keine diesbezügliche Skepsis im Volk verbreitet, die hat ein österreichisches Volk und dadurch eine österreichische Identität erzeugt; ein Volk , das sich selbstbewusst als ein solches empfindet . So verlief das österreichische „nation-building“! Das hat schließlich auch der FPÖ eingeleuchtet. Das „nation-building“ ist komplett, wenn der österreichische Mensch auf eine sehr eigenartige Weise von sich und vom Staat spricht, nämlich in der ersten Person Plural, in der „wir“-Form, in der diese community, die vom Staat hergestellt wird, wie ein eigenständiges handelndes Subjekt gedacht ist; oder wenn sogar ein Possessivpronomen missbraucht wird, indem Leute von „ihrem“ Land sprechen, auch wenn sie keine Großgrundbesitzer sind. Dabei ist das Besitzverhältnis, wenn schon, dann ein genau umgekehrtes. Momentan wird einem das unübersehbar vorgeführt von der Ukraine, die auf die einzig senkrechte Art ihr „nation-building“ betreibt: Mit Gewalt, indem der ukrainische Mensch , auf den sich die Regierung beruft, von eben dieser Regierung hergestellt wird, durch Ent-Russifizierung. Indem also die weit verbreitete russische Sprache, die russisch-orthodoxe Religion, die russische Kultur unterdrückt wird. Das tatsächliche Besitzverhältnis von ukrainischem Staat und ukrainischem Menschen wird sinnfällig: Der Mensch gehört dem Staat, der ihn zwangsweise für das Militär rekrutiert und ihn zum Dienst an den diversen Fronten abkommandiert, mit guten Chancen, dabei kaputt zugehen. Das alles im Namen seiner Freiheit , die in der Freiheit „seines“ Staates besteht, ihn zu benutzen. (Vgl. etwa eine Publikation des öst. Verteidigungsministeriums aus dem Jahr 2007: https://www.bmlv.gv.at/pdf_pool/publikationen/ukraine_zerissen_zw_ost_u_west_m_malek_gemeinsam_zerissen_k_buescher.pdf) Die v ölkischen Requisiten fingieren die vorpolitische Gemeinschaft Die völkischen Versatzstücke dieser Vorstellung von Nation – Sprache, Geschichte, Kultur, manchmal auch die Abstammung, eventuell die Religion, ganz bestimmt die nationalen „Werte“ – bedeuten für sich genommen und sachlich gar nichts. Die Entdeckung, dass die real existierenden nationalen Kollektive innerhalb ihrer jeweiligen Staatsgrenzen, und die regionale Verbreitung dieser Versatzstücke oft ganz schön auseinanderfallen – nun, die ist leicht zu haben. Ihre Kritik geht anders. Beispiel Sprache Was soll politisch daraus folgen, wenn Leute ein und dieselbe Sprache sprechen? Es gibt kein gemeinsames politisches oder ökonomisches Interesse, das bloß wegen einer gemeinsamen Sprache zwischen denen aufkommt, die sie sprechen. Die Sprache steht ihnen allen zur Verfügung, um Anschauungen, Interessen, Ziele und Anliegen zu formulieren – diese selbst ergeben sich aber nicht aus der Sprache, und schon gar nicht ergibt sich daraus ein von allen Sprachkundigen zwangsläufig geteilter nationaler Standpunkt. Dass umgekehrt vor der Gemeinsamkeit der Sprache alle politischen Differenzen und ökonomischen Gegensätze bedeutungslos seien, ist ein aufgelegter Unsinn und höchstens eine komische Übersetzung des Postulates, dass vor der Nation und den Dienstpflichten ihr gegenüber alle divergierenden Standpunkte zurückzustehen hätten. Eine und dieselbe Sprache zu sprechen begründet keine politische Gemeinsamkeit und gibt keinen Grund dafür ab, in irgendeiner Hinsicht gemeinsame Sache zu machen, auch nicht beim Staatenbilden. Die Vorstellung ist zwar bürgerliches Allgemeingut; der FPÖ kommt das Verdienst zu, es ausformuliert zu haben: „ Die Sprache ist die wichtigste Trägerin des kulturellen Ausdruckes. Die Muttersprache ist das Ergebnis einer biographischen und familiären Prägung. Sie ist daher die Sprache, in der man denkt, fühlt und träumt. Die jeweilige Muttersprache ist daher als Trägerin des kulturellen Ausdrucks das bestimmende Kriterium der Zuordnung zu einer gr ößeren Kulturgemeinschaft. Sprache ist nicht nur ein Verständigungsmittel, sondern auch ein Hort der geistigen Überlieferung – ein geistiger und ideeller Schatz, der von Generation zu Generation weitergegeben wird.“ (Handbuch freiheitlicher Politik. Ein Leitfaden für Führungsfunktionäre und Mandatsträger der Freiheitlichen Partei Österreichs. Wien 4. Auflage/2013, S. 259. Im Folgenden zitiert als HANDBUCH) Wer eine Sprache spricht, ist damit und deswegen und völlig unfrei und ungefragt bereits als Mitglied einer „Gemeinschaft“ „zugeordnet“, behauptet zumindest die FPÖ; zumindest in Bezug auf die Muttersprache , und nicht generell auf Sprachkenntnisse allgemein . So banal es ist, dass man sich die „Muttersprache“ nicht aussucht, so falsch ist, dass man dadurch unrettbar geprägt ist, also bestimmt ist in seinem Denken und Fühlen und Träumen, nämlich national determiniert ist. Da steht die Welt auf dem Kopf: Nicht der Mensch beherrscht eine Sprache, sondern diese ist ein Vehikel, das ihn einordnet . Hier soll die doppelte Bedeutung von „deutsch“ ausgeschlachtet werden. Wer einerseits deutsch denkt , bedient sich der deutschen Sprache als Mittel seiner Urteile; damit steht nicht fest, zu welchen kritischen oder affirmativen Urteilen über Deutschland oder Österreich er gelangt. Wer andererseits deutsch denkt, betrachtet die Welt von einem deutschen nationalen Standpunkt aus, er kennt deutsche Interessen und Rechte, und beurteilt den Rest der Welt nach deren Geltung. Nach Meinung der FPÖ fällt beides zusammen – eine Sprache zu beherrschen bedeutet, als Teil einer nationalen Gemeinschaft zugeordnet zu sein und zwangsläufig einen nationalen Standpunkt einzunehmen. Das ist übrigens der Grund für die Forderung an Migranten, sich durch Sprachkurse nicht nur besser verständigen zu können, sondern sich zu integrieren: Die Newcomer sollen sich ihren früheren Nationalismus im Wege einer durch Sprachkenntnisse ermöglichen Teilhabe am hiesigen Geistesleben, am hiesigen „geistigen und ideellen Schatz“ abgewöhnen. Ein „Schatz“, der übrigens gleichgültig gegen seine Bestandteile nur dadurch wertvoll ist, dass er der eigene ist. Die tatsächliche Gemeinsamkeit der Sprache kommt übrigens in der Regel umgekehrt in die Welt, nämlich durch die Politik, die einen Dialekt oder ein Idiom in ihrem Herrschaftsgebiet heraushebt, als Amtssprache oder Hochsprache definiert, sie im Schulwesen und im Umgang mit Behörden obligatorisch macht und dadurch andere Varianten diskriminiert. Auf dem Feld der Sprache werden politische Standpunkte durchgesetzt, das ist nicht nur in der Ukraine eine Form der Pflege des Nationalismus . Eine der ersten Leistungen der frischgebackenen österreichischen Wissenschaft nach 1945 bestand in der Herausgabe eines Österreichischen Wörterbuches; und um der Anschauung zu begegnen, die Österreicher seien Deutsche, wurde damals das traditionelle Schulfach „Deutsch“ in „Unterrichtssprache“ umbenannt und prompt vom Volksmund als „Hurdistanisch“ verspottet, nach dem damaligen Unterrichtsminister Felix Hurdes. Mitmachen-Müssen in der „Gemeinschaft“ als persönliche Eigenschaft Was alle diese völkischen Versatzstücke leisten sollen, ist die Vereinnahmung der Bürger zur Untertanenmannschaft, die sich nicht in dieser tristen Rolle, sondern als Auftraggeber „ihrer“ Herrschaft sieht, und die deswegen von vornherein parteilich ist, dabei und dafür ist. Und zwar jenseits jeder willentlichen Entscheidung zum Staat – diese Parteilichkeit soll eben eine eingeprägte Eigenschaft des Individuums sein, wg. Sprache, Kultur etc., früher mal wegen des Blutes bzw. heute öfter wieder wegen der Biologie oder der DNA. Die relevante Frage, warum ein Vereinnahmter denn bei Österreich mitmachen soll, vielleicht noch entlang des Kriteriums, was denn hier verlangt und was geboten wird, ob es sich also halbwegs lohnt – die kann sich in diesem Verständnis gar nicht stellen. Man ist durch Faktoren, die sich nicht vermeiden lassen – Sprechen, Lebensgewohnheiten innerhalb des nationalen „way of life“ ausbilden, die Vergangenheit, die Gene etc. – immer schon national dabei, jenseits jeder gut oder schlecht begründeten individuellen Entscheidung. Und man ist nicht nur dabei , man ist – was ja nicht identisch sein muss – zwangsläufig auch noch dafür , weil man diese Versatzstücke als „eigene“ individuelle Ausprägungen zu begreifen hat, weswegen man immer schon für das gleich gestrickte Kollektiv eintritt! Die Idee der nationalen Identität steht für das bombenfeste, alternativlose, verbindliche Mitmachen des Individuums, aber ohne äußerlichen Zwang oder Befehl, sondern als individuelle Determination; also noch verlässlicher als jede erzwungene Teilnahme, wo Auflehnung immerhin möglich wäre, und insofern bedingungslos strapazierfähig. Dass ein Deutscher von vornherein parteiisch für Deutschland ist, das muss der Staat nicht verlangen, weil dem nun einmal so ist, und das ist dem Deutschen auch nicht vorzuwerfen, eben weil dem einfach so ist, als politischer Naturzustand. Jede allfällige Kritik und jede Missbilligung hat daran ihren Maßstab und ihren Bezugspunkt: Vom Erfolg der Nation her darf und soll – zumindest in der Demokratie – schon problematisiert und kritisiert werden, für die Nation und in deren Interesse darf und soll auch allerlei Verbesserungsbedarf angemeldet werden, aber eben dafür. „Wir“ sind also keinesfalls Leute, die sich eine Qualitätskontrolle vorbehalten; die zuerst überprüfen , was sie denn in der Republik Österreich realiter vor sich haben, welches System der politischen Ökonomie hier eingerichtet ist und verwaltet wird, nach welchen Gesichts-punkten sich Arbeit und Reichtum so eindeutig verteilen – und zwar, bevor „wir“ „uns“ ans Weltverbessern machen. „Wir“ sind je schon dabei und dafür . Aus der Zugehörigkeit zur Heimat folgt – zwar nur im Rassenwahn, dort aber konsequent – dass die sprachlich und kulturell etc. homogene Volksgemeinschaft aus Individuen besteht, die einander ideell gleichen und deswegen mental und moralisch verbunden sind, was vielleicht sogar optisch an der Hautfarbe und am Gewand kenntlich sein mag, die daher jedenfalls „alle an einem Strang ziehend“ eine „Gemeinschaft“ bilden. Diese Vorstellung passt zwar nicht wirklich gut zur kapitalistischen Konkurrenz- oder „Ellenbogengesellschaft“, sie besteht aber auf dem Imperativ, dass die Volksgenossen von ihrer Identität her gar nicht anders können, als zwangsläufig und ganz generell ein umfassendes positives soziales Miteinander auszuleben. Übergriffe, Gemeinheiten, Vergewaltigungen bis zu Mord und Totschlag müssen daher irgendwie „von außen“ kommen; aus diesem Weltbild kommt sie nämlich, die „Ausländerkriminalität“. Eine damalige Staatssekretärin im Innenministerium hat während der türkis-blauen Koalition in diesem Sinn mit der rassistischen Konstruktion des „Nachahmungstäters“ aufgewartet – es ging angesichts einer Häufung einschlägiger Ereignisse um die einfach nicht zu leugnende Tatsache, dass waschechte österreichische (Ehe)Männer ihre (Ex)Partnerinnen umbringen: Staatssekretärin Edtstadler „musste der verblüfften Moderatorin Claudia Reiterer auch erklären, ob sie folgende Aussage tatsächlich ernst meint: ‘Man gewinnt den Eindruck, dass hier Nachahmungstäter am Wort (sic) sind, Menschen, die sich in dieser schrecklichen Wertehaltung wohl bestätigt fühlen. Offensichtlich ist die Hemmung, gegen Frauen vorzugehen, bis hin zum Mord, gesunken.’ Reiterer fragte nach: ‘Meinen Sie das ernst, dass ein Österreicher eine Frau ermordet, weil Flüchtlinge hier sind?’ Edtstadler meint es ernst. Sie schwurbelte über Erkenntnisse der Kriminologie und über den Werther-Effekt. Was hängenblieb: In Österreich gibt es keine patri-archalen Strukturen, alles ist importiert.“ (Der Standard 21.1.2019) Man wundert sich ein wenig, und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn ausgerechnet der „Verfassungsschutzbericht 2018“ des zum Innenministerium ressortierenden damaligen „Bundesamts für Verfassungsschutz“ das positive rassistische Ideal seines damaligen Dienstherrn Kickl und der damaligen Staatssekretärin in ebendiesem Ministerium zusammenfasst, im Kapitel „Rechtsextremismus“: „ Von Teilen rechtsextremer Szenen, Bewegungen und Gruppierungen wird u.a. die Position vertreten, dass das ‘eigene Volk’ zu keinen Verbrechen fähig ist. Dagegen werden Gewalt- oder Sexualverbrechen, die beispielsweise von Migranten oder Personen mit Asylstatus begangen werden, in einschlägigen (Online-)Publikationen bzw. in sozialen Medien soweit instrumentalisiert, dass strafrechtsrelevante Tathandlungen ausnahmslos von diesen verübt werden können.“ (BM für Inneres, Verfassungsschutzbericht 2018. Wien 2019, S. 31) Mit diesen „positiven“ Ansprüchen an die „eigenen“ Volksgenossen steht auch schon das Wesentliche über Leute fest, die nicht zu diesem feinen Kollektiv gehören: Sie gehören eben nicht dazu, sie verfügen nicht über die bedingungslose mache-alles-mit-Identität des echten Österreichers, kenntlich durch Sprache, Religion, Sitten etc. Schlimmer noch: Ausländer gehören schon dazu, aber eben zu einem anderen Volkskörper, zu einem anderen Kollektiv, dem sie ebenso unerschütterlich verpflichtet sind, wie sich die „nationale Identität“ das bei den „Eigenen“ plausibel macht. „Du bist nichts, dein Volk ist alles“ – aber negativ. Jedes Individuum ist durch die Zugehörigkeit zum Kollektiv, zum Menschenschlag – zur Rasse hätte man früher gesagt – determiniert. Sie sind eben Teil eines anderen Volkes, und damit irgendwo zwischen „verdächtig“ und „feindlich“ einzustufen; alle individuellen Interessen, Bedürfnisse, Anschauungen sind demgegenüber unbedeutend und nichtig.…
 
Vorbemerkung: Gedenkfeiern in Mauthausen 2017: „Aba Lewit, ein Überlebender, der sich Fragen der Journalisten stellte, gab der Jugend als Rat mit, zwischen den Zeilen zu lesen, ‘nicht reinfallen auf Lockungen’. ‘Es ist komischerweise immer das Gleiche, die Menschen lernen nicht’, sie würden Versprechungen glauben, dabei sei ein Populist nur ein besserer Faschist.“ (Standard 7.5.2017, https://www.derstandard.at/story/2000057128433/7-000-gedenken-in-mauthausen ) Also „die Menschen“ lernen nicht. Aber offenbar lernen sie doch etwas, nämlich „immer das Gleiche“, indem sie „Versprechungen glauben“ und auf „Lockungen reinfallen“! Vor allem: Welche „Versprechungen“ und „Lockungen“ sind da unterwegs, die den „Populisten“ womöglich als den „besseren Faschisten“ entlarven? Populismus – die Synthese von Demokratie und Faschismus? Populismus – also „das Beste aus zwei Welten“? Es geht also weiter mit Überlegungen zu den Themen Demokratie – Faschismus – Populismus. * Nationale Identität im Zeitalter der Globalisierung Das Volk ist in einer modernen Demokratie eine ziemlich heterogene Bande, zusammengesetzt aus den Charakteren einer kapitalistischen Konkurrenzgesellschaft mit ihren voneinander abhängigen, gegensätzlichen Interessen und einer differenzierten ‚sozialen Hierarchie‘, in die ein ethnisch, sittlich und weltanschaulich zunehmend durchmischtes Volk sich hineinsortiert bzw. hineinsortiert wird. Dieses Kollektiv konkurrierender Interessen für die Sache der Nation in Anspruch zu nehmen, also für die Belange der Macht, die aus ihnen überhaupt eine Nation macht – das ist das Anliegen von Populisten ebenso wie ihrer Opponenten. Nation auf pluralistisch: Wie geht das?! Der demokratische Rechtsstaat mit seinem Parteienpluralismus und seiner Selbstüberprüfung auf verfassungsgemäßes Handeln zeichnet sich dadurch aus, dass er die gegensätzlichen Eigeninteressen seiner konkurrierenden Bürger anerkennt , um sie in Beiträge zur gemeinsamen nationalen Sache zu überführen . Das geht los mit der Verkündung der frohen Botschaft, dass die Regierten als gleiche, freie Personen anerkannt sind. Ihre biologischen Eigenschaften, ethnischen Merkmale und auch ihre Herkunft sind Privatsache, aus der keine Benachteiligung und kein Privileg hervorgeht. Gleiches gilt für die Frage, wie die Bürger die Welt ‚anschauen‘: Die religiösen oder sonstigen Lehren, Tugenden, Gebote und Identitäten, sind alle gleichermaßen willkommen. Sie müssen nur einsehen, dass auch das ihre Privatsache ist, bloß ihr ganz persönlicher die Reim auf die gesellschaftlichen Verhältnisse, die durch die offiziellen Instanzen bestimmt werden. Auch ihre ökonomischen Unterschiede erklärt der Staat zur Privatsache: Ob arm oder reich, ob Unternehmer, Arbeitnehmer oder was Gemischtes – alle genießen gleichermaßen den staatlichen Schutz ihres Privateigentums. Was der Staat damit anerkennt, ist nicht wenig; also haben auch seine Bürger anzuerkennen, dass die einen das Geld brauchen, das die anderen schon haben und vermehren wollen; dass die einen mit ihrer Arbeit als Mittel für die Geldvermehrung der anderen taugen und fungieren müssen, um selbst davon zu leben; dass der Lebensunterhalt der einen ein Abzug von dem Reichtum der anderen ist, für dessen Vermehrung sie arbeiten; dass die Resultate ihres gegensätzlichen Zusammenwirkens entsprechend unterschiedlich ausfallen. So, nämlich gerade durch die hoheitliche Anerkennung der Gleichheit und Freiheit seiner Bürger, drückt der demokratische Staat der kapitalistischen Konkurrenz- und Klassengesellschaft sein Gütesiegel auf. Im Erfolg des kapitalistischen Geschäfts hat das Allgemeinwohl seine ökonomische Substanz; aus dessen Erträgen bezieht er die Mittel seiner Macht. Dabei verlangt der demokratische Rechtsstaat gar nicht, dass seine Bürger zufrieden sein müssen. Die Anerkennung ihrer Interessen geht einher mit der Anerkennung ihrer allseitigen Unzufriedenheit ; daraus dürfen auch Anträge an die Politik folgen. Der demokratische Politikbetrieb, das Wechselspiel von Regierung und Opposition, das lebt von der interessierten Pflege ihrer Unzufriedenheit durch die Konkurrenten um die Macht. Das wieder verlangt den Unzufriedenen manche Einsicht ab: etwas anderes als ein Antrag, besser regiert zu werden, darf nicht folgen; die demokratischen Regenten, die sich ihrer Unzufriedenheit annehmen, sind für ein Allgemeinwohl verantwortlich, das ihre jeweiligen Interessen als bloß partikulare anerkennt; und dieses Allgemeinwohl verlangt von den unterschiedlichen Interessen Unterschiedliches: Die Kapitalisten müssen akzeptieren, dass die politische Absicherung ihrer privaten Macht über die anderen in die Zuständigkeit einer von ihnen getrennten Instanz fällt. Die Proletarier müssen respektieren, dass ihre Unterordnung unter ‚die Wirtschaft‘ ihre Berechnungen regelmäßig durchkreuzt, dennoch die Bedingung für alles ist, was sie von der Herrschaft zu erwarten haben. Der demokratische Rechtsstaat weist den konkurrierenden Interessen ihren Stellenwert dadurch zu, dass er sie gemäß den Regeln der Konkurrenz und den Erfordernissen Gemeinwohls zum Zuge kommen lässt. Alle partikularen Bedürfnisse, Bauern, Frauen, Klimakleber etc. dürfen und sollen sich bemerkbar machen, und werden von der Obrigkeit aneinander relativiert und auf ihren Beitrag zum Allgemeinwohl reduziert. Die nationale Identität eines solchen Volkes ist eine eigenartige Sache. Dass die Volksmitglieder eine tiefere Verbundenheit jenseits der Realität der Konkurrenzgesellschaft und ihrer staatlichen Bewirtschaftung haben, steht fest. Aber worin genau sie besteht: auch da herrscht der liberale Pluralismus, nämlich eine Reihe von nationalen ‚Narrativen‘ – von der Geschichte der Nation mit ihren Höhen, Tiefen und Zivilisationsbrüchen bis hin zur nationalen Kultur oder Religion, bei denen es auf Eindeutigkeit oder Widerspruchsfreiheit nicht ankommt. Schließlich steht die Gemeinschaft des Volkes, um deren Versinnbildlichung es dabei geht, nicht zur Debatte, sondern als deren Prämisse schon fest. Demokraten legen Wert darauf, dass die Zusammengehörigkeit des Volkes seinen Mitgliedern nicht mehr wie früher im Blut liegt; entscheidend sind weitgehend die gemeinsamen Werte . Diese Werte spiegeln die Prinzipien wider, die der demokratische Rechtsstaat für sich und sein Volk beim Herrschen festlegt: Die staatliche Anerkennung der Freiheit der Person und des Privateigentums wird gepredigt als die Toleranz, die die Bürger einander schulden; das staatliche Absehen von allen ökonomischen, ethnischen und weltanschaulichen Unterschieden beim Herrschen sollen die Bürger selbst in Gestalt des Respekts quittieren, den sie einander als gleich freien Menschen schulden. In dem Sinne wird die Demokratie zum Wert erklärt, dem huldigen die Bürger, indem sie die Resultate des demokratischen Regierens anerkennen, egal wie sich Nutzen und Schaden verteilen. Ein demokratisches Volk feiert also seine Zusammengehörigkeit in einer gemeinsamen Abstraktionsleistung. Zu ihr gehört einerseits das Absehen vom gegensätzlichen Dasein als konkurrierende Privateigentümer, die im Geld und der Konkurrenz darum ihr ‚reelles Gemeinwesen‘ erleben, andererseits das Hinsehen auf eine Gemeinsamkeit, die in der Idealisierung bürgerlicher Herrschaftsprinzipien besteht. Die Zugehörigkeit zur demokratischen Wertegemeinschaft schließt auch einen gewissen Dünkel ein, hebt jedenfalls ein demokratisches Volk aus der Masse der minderen Weltvölker heraus. Der Dünkel gibt sogar ein Sendungsbewusstsein her, das manche Nation durch ihre Kriege trägt. Nation auf populistisch: Durch ethnische Homogenisierung! Der bekennende Populist, der die Durchsetzung des Willens der vom Volk gewählten Obrigkeit über das dafür etablierte Procedere und gegen dessen Formalitäten stellt, weil er den Herrschaftswillen dadurch mehr behindert als in Kraft gesetzt findet, stellt darüber allerdings seinen eigenen Anspruch an das Kollektiv. Auch für ihn ist klar, dass die marktwirtschaftliche Demokratie allen Bürgern zugesteht, Privatpersonen und Privateigentümer zu sein, die sich individuell um ihr eigenes Fortkommen kümmern; ebenso, dass sie dabei sehr unterschiedliche Ränge in der ‚sozialen Hierarchie‘ besetzen. Auch der Populist setzt auf die Produktivkraft der Klassengesellschaft für die Stärke der Nation. In der unvermeidlichen Unzufriedenheit der freien und gleichen Bürger jedoch, in den gegensätzlichen politischen Forderungen, die sie aus ihren partikularen, konkurrierenden Interessen folgen lassen, sieht der Populist regelmäßig die Anmaßung, mehr sein zu wollen als ein bloßes Partikularinteresse. Er gesteht diesen Interessen kein Eigenrecht neben und schon gar nicht gegen den Willen der Staatsspitze zu, die ausweislich ihres Wahlsiegs den Herrschaftswillen des Gesamtvolkes verkörpert. Er negiert nicht die konkurrierenden ökonomischen Interessen seiner freien Bürger, besteht aber unbedingt auf der politischen Missachtung der vielfältigen Konkurrenzkämpfe, die das Leben seiner Gesellschaft bestimmen. In dem Sinn, dass er auf dem absoluten Vorrang der Entscheidungsfreiheit der gewählten Herrschaft besteht, in der der sich Volkswille realisiert, vor allen klassengesellschaftlichen und sonstigen Unterabteilungen des Volkes und vor den Ansprüchen, die sich daraus ergeben und die in den Körperschaften des demokratischen Rechtsstaats ihre Vertretung finden. Der Populist besteht auf der unmittelbaren Identität zwischen Volk und Führung; die hat sich nicht erst dadurch herzustellen , wie das Volk als Basis der Macht funktioniert – also nicht durch die ständige Einsortierung anerkannter Sonderinteressen in ein Gemeinwohl. Die Identität, die der Populist meint, lässt am Volk nur gelten, dass es eben Basis eines souveränen politischen Willens ist: Regiert wird von oben, und nicht in Gestalt von Tauschgeschäften zwischen den Ansprüchen von Interessengruppen. Daher rührt auch die Abneigung des Populisten gegen den Meinungs- und Parteienpluralismus, durch den sich die Interessen geltend machen wollen, die sich benachteiligt vorkommen. Nur in der Souveränität der Herrschaft, der es als Manövriermasse dient, verwirklicht sich die Fiktion eines Willens des Volkes . Diese praktisch in Anspruch genommene leere Identität des Volkes im politischen Willen seiner Führung, formt das Volk zur Kampfgemeinschaft – für die Sache, die die Führung in deren Namen als deren Ziel definiert. Die Verpflichtung auf diese Qualität bedient sich ideologischer Bilder, die für die Dazugehörigen weit mehr als bloße Staatsangehörigkeit bedeutet, nämlich die Absolutheit einer Naturbestimmung besitzt: eine Zugehörigkeit, die jeder rechtlichen Bestimmung, jedem Interesse, jedem privaten Kalkül vorgegeben ist. Für Populisten muss die völkische Zusammengehörigkeit nicht unbedingt durch ‚Blut und Boden‘ verbürgt sein, auch wenn sie einiges dafür tun, diese Vorstellung in Gestalt einer Bio-Volkes wieder ‚sagbar‘ zu machen. Die relevante Idee, Nationalität wäre eine unkritisierbare Determination, geht in ihrer Metaphorik mit der Zeit. Diese Identität des Volkes gilt auf alle Fälle nicht als Werk staatlicher Gewalt – und eben deswegen als die absolute Rechtfertigung der Benutzung des Volkes durch die staatliche Gewalt. Diese Inanspruchnahme präsentieren Populisten als Schutz der Volksidentität vor drohender Verfremdung: vor den Angriffen des grassierenden ‚Liberalismus‘ und ‚Pluralismus‘ der westlichen Demokratien, und insbesondere vor dem allgemeinen Willkommensgruß, den etablierte Demokraten angeblich für alle Fremden zeigen. Weitere Ausführungen sind nachzulesen in den Podcast-Beiträgen „Was macht so ein Volkskanzler im Unterschied zu einem Bundeskanzler“ und „Die Ansprüche eines Volkskanzlers an sein geliebtes Volk“: https://cba.media/666546 https://cba.media/671024 Das einige Volk: Immer mit der Durchsetzung gegen seinesgleichen befasst! Wofür Populisten ihr derart definiertes Volk in die Pflicht nehmen, ist ein Anspruch, der sich gegen mehr als bloß das heimische ‚Establishment‘ richtet. Der Populismus steht für eine nach außen gerichtete Ambition, die nach der Mobilisierung im Innern verlangt: für die Rückeroberung der nationalen Souveränität. Deren Verlust lasten Populisten, auch ‚Souveränisten‘ genannt, den Machenschaften einer internationalen, volksvergessenen Elite von ‚Globalisten‘ an. Die haben die Nation unter die Vormundschaft lauter supranationaler, also fremder Autoritäten gestellt: UNO, EU, NATO, WTO, WHO etc., sie dadurch einem ‚Weltstaat‘ oder, näher, einer ‚Brüsseler Diktatur‘ ausgeliefert – in der Diktion der FPÖ sind dafür alle Zusammensetzungen mit „Wahnsinn“ in Umlauf. So opfern sie das Recht des eigenen Volkes auf Selbstbestimmung. Für diesen Verlust steht auch der ‚soziale Statusverlust‘, die Armut mancher Volksmitglieder in der globalisierten Welt – dafür nämlich, dass die Staatsgewalt ihre Machtgrundlagen nicht mehr im Griff hat, also sich nicht durchsetzen kann, um ihren Mitgliedern deren Ansprüche zu sichern. Wogegen Populisten dabei polemisieren, das sind die Instanzen einer – imperialistisch gesehen – einmaligen Erfolgsstory: des globalen Siegeszugs des kapitalistischen Systems, das inzwischen alle modernen Staaten und Staatenlenker als ihr System haben wollen, auch die Populisten. Was die verhassten ‚Globalisten‘ mit ihrer „regelbasierten Weltordnung“ zustande gebracht haben, ist die Erschließung der gesamten Welt für die freie Konkurrenz der Unternehmer um die eigene Bereicherung – dazu die Beseitigung von allerlei ‚protektionistischen‘ Beschränkungen des grenzüberschreitenden Geschäfts. Sie haben so einen wahrhaften ‚Weltmarkt‘, also die Vollendung der Freiheit bewerkstelligt, von der freie Völker leben, weil ihre Obrigkeiten sie auf die freie Konkurrenz der Kapitale verpflichten, um daraus die Mittel ihrer Macht zu schöpfen. Was die Populisten an dieser ‚Globalisierung‘ nicht gut verkraften, ist die institutionelle Kehrseite. Das heißt nämlich umgekehrt, dass diese Quellen ihrer Macht nicht mehr der alleinigen, souveränen Verfügung der Nationen unterliegen; ihr Zugriff darauf hängt ab von multilateralen Vereinbarungen, Partnerschaften und Institutionen, von lauter mehr oder weniger verfestigten Einigungen mit den Konkurrenten, gegen die sie zugleich antreten. Dieses Verhältnis gilt für alle Staaten in der modernen Weltordnung, auch und gerade für deren große Macher. Für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gilt es bekanntlich in besonderer und zugespitzter Form, haben sie sich doch einen gemeinsamen Binnenmarkt und für die meisten sogar ein gemeinsames Geld geschaffen – immerhin die Existenzform und das Mittel ihres nationalen Reichtums. Zwar verteilen sich die Erträge aus dieser weltweit freigesetzten und supranational geregelten Konkurrenz unübersehbar unterschiedlich auf die konkurrierenden Nationen – doch die populistische Unzufriedenheit mit dieser Weltordnung fällt auffällig gleichartig für die Gewinner wie für die Verlierer aus. (Trump und Orbán!) Dass die Institutionen der sogenannten ‚regelbasierten Ordnung‘ einen Quasi-Rechtszustand festschreiben, der über ihrer Souveränität thront, sie ihrer Handlungsfreiheit beraubt – das halten die Populisten nicht aus. Und daher entdecken sie auch Schurken, die sich heuchlerisch auf die überstaatlichen Rechte berufen, um ihren Nutzen auf Kosten anderer Nationen zu ergaunern und zu verteidigen. Ihre Absage ist nicht die Ankündigung, die nationalen Interessen auf die Landesgrenzen beschränken zu wollen, sondern eine Kampfansage. Sie denken gar nicht daran, ihre imperialistischen Ambitionen zu beschränken. Sie sagen den Konkurrenten vielmehr an, dass sie sich dabei an keinen supranationalen Vereinbarungen und Regeln, sondern ausschließlich am eigenen Volk und seinen Interessen orientieren werden. Alles andere ist eine nicht hinzunehmende Relativierung eben dieser Souveränität. Gegen die ‚Fesseln‘ der inkriminierten Ordnung bestehen sie darauf, sich frei und selbstbestimmt zu dieser Konkurrenz zu stellen, sich also rücksichtslos als nur ihrem Interesse verpflichtete Konkurrenten in ihr zu bewähren. „ Ungarns Premier Viktor Orbán formuliert es griffig: ‘Unser Plan ist nicht, die EU zu verlassen. Unser Plan ist, sie zu erobern.’“ (Standard 8.5.2024) * (Der obige Text ist eine gekürzte Zusammenfassung eines Teils von: Der Populismus https://de.gegenstandpunkt.com/kapitel/demokratie/populismus enthalten in: https://de.gegenstandpunkt.com/publikationen/buecher/demokratie) Aus aktuellem Anlass zum Nachlesen, aus dem Jahr 2005, über „Israels Rückzug aus Gaza“: https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/israels-rueckzug-gaza…
 
Die Ansprüche eines Volkskanzlers an sein geliebtes Volk Aus aktuellem Anlass wieder mal die Frage nach der Besonderheit der FPÖ, gewissermaßen ihrem Alleinstellungsmerkmal. Denn dass die FPÖ abweicht und abweichen will von dem, was sie „das System“ nennt, das bedarf keiner Entlarvung, das beteuert sie selbst unermüdlich. Was ist da dran, oder handelt es sich bloß um Rhetorik zwecks Wählerbetörung? Der bislang letzte Hinweis stammt wieder mal von der „Freiheitlichen Jugend“, die parteiintern geradezu den Auftrag hat, die Grenzen des „Sagbaren“ zu verschieben, und sich dafür ab und an eine wohlwollende Nicht-Distanzierung etablierter Funktionäre einhandelt. Im aktuellen Video: „ Du bist patriotisch während der EM. Ich auch. Aber wir von der Freiheitlichen Jugend, wir arbeiten das ganze Jahr für Österreich und nicht nur alle vier Jahre. Wir sorgen dafür, dass die österreichische Nationalmannschaft nicht aussieht wie die französische, in wenigen Jahren.“ https://www.derstandard.at/story/3000000227728/video-der-freiheitlichen-jugend-zum-nationalteam-sorgt-fuer-empoerung „FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker räumte auf STANDARD-Nachfrage ein, dass die ‘gewählte Form der Kritik ungeschickt und unglücklich’ sei.“ https://www.derstandard.at/story/3000000227819/hafenecker-sieht-video-der-fpoe-jugend-zur-nationalelf-als-ungeschickt-und-ungluecklich?ref=rss Gut, so sieht also eine freiheitliche „Kritik“ aus; eine „glückliche“ und „geschickte“ Formulierung derselben Position hat der Generalsekretär nicht nachgereicht – wozu auch. Es wäre nun verkehrt, den freiheitlichen Rotzbuben darauf hinzuweisen, er solle wohl weniger Videos drehen und mehr trainieren, um bald einmal samt Ariernachweis beim ÖFB und Teamchef Rangnick anzuklopfen – denn der freiheitlichen Jugend geht es doch nicht um die Leistung , sondern um die Frage, wer ist wirklich qualifiziert, das Österreichertum, den österreichischen Menschen, bei internationalen Wettkämpfen zu repräsentieren. Und da liegt für den FPÖ-Nachwuchs auf der Hand, dass jeder autochthone, in der Heimat fest verwurzelte Antikicker dafür besser geeignet ist als ein Fussballgott mit der verkehrten Hautfarbe. Einerseits. (Übrigens: Die Legislaturperiode dauert in Österreich fünf Jahre.) Andererseits geht es bei den diversen „friedlichen Wettbewerben der Völker “ schon um den Erfolg . Bei solchen Gelegenheiten renommieren die Nationen schließlich mit den physischen Qualitäten des nationalen Menschenmaterials – eben im friedlichen Wettstreit mit anderen: „Wir“ haben die Höheren, die Schnelleren und die Weiteren, die Magersüchtigen wie die Anabolika-Monster, je nach Disziplin. Internationale Großereignisse wie Europameisterschaften oder Olympische Spiele sind bekanntlich wochenlange Trainingslager für die Zuschauer daheim. Die werden in der Sicht, die ihnen eh’ schon in Fleisch und Blut übergegangen ist, noch einmal gehörig gedrillt: Sie üben bis zum Abwinken die wichtigste Frage samt Antwort auf der großen weiten Welt – nämlich erstens, gehört ein Athlet oder eine Mannschaft zu „uns“, oder zu irgendwelchen „anderen“. Und zweitens, „wir“ zuhause haben schon ein natürliches Recht auf den Erfolg unserer Burschen und Madeln, vielleicht nicht immer und überall, aber bei ausgewählten Ereignissen und bestimmten Sportarten schon; „wir“ wollen schließlich endlich auch im Sommer so ausgelassen randalieren, wie „wir“ das von den naturbelassenen Völkern aus dem Balkan so herrlich demonstriert kriegen, was „wir“ aber ansonsten höchstens aus dem winterlichen „Kitzbühel“ kennen: „Immer wieder“ … Falls der sportliche Erfolg ausbleibt, stellen sich dementsprechend sehr ernste Fragen, bzw. werden sie von den Sittenwächtern in den Medien gestellt: Waren die „anderen“ womöglich unfair, hat „uns“ der Schiedsrichter benachteiligt, oder, das wäre der schlimmste Fall – haben „unsere“ Aushängeschilder womöglich versagt, leistungsmäßig und von der Kampfmoral her, und dadurch Schande über „uns“ gebracht und uns die nationale Berauschung vermiest. Das übersetzen die publizistischen Erfolgsfanatiker in den staatstragenden Medien nicht selten in ebenso bescheuerte wie bierernste Problematisierungen der Lage der Nation insgesamt: Verweist das Versagen auf dem Sportplatz nicht auf ein Versagen der Verantwortlichen bei der moralischen Führung wie bei der sachlichen Ausstattung der nationalen Wettbewerbsfähigkeit, überhaupt? Aber wie dem auch im Anlassfall sei, um des schnöden Erfolges willen akzeptiert der normale Fan inzwischen auch Sportskanonen als Österreicher, denen er den Migrationshintergrund von weitem ansieht … Mit der Waffe für die Heimat gegen Migranten Die FPÖ sieht das eher nicht so. Warum? Ja weil gewisse Leute einfach nicht hierher gehören. Da werden Erinnerungen wach: „ Waldhäusl-Sager: Entsetzen nach rechtsextremer Aktion bei Schule. Der niederösterreichische Landesrat Gottfried Waldhäusl hatte eine Schulklasse vor laufenden Kameras rassistisch beleidigt. Nun verteilten die rechtsextremen Identitären dort Flugzettel mit Parolen vor der Schule. … Anlass für die massive Kritik an Waldhäusl sind Aussagen, die er am Dienstagabend in der Puls 4-Sendung ‘Pro und Contra’ getätigt hat. Eine Schülerin hatte auf den Migrationshintergrund von sich und Personen aus ihrer Klasse verwiesen und betont, dass sie nicht in Wien wären, wenn Waldhäusls Vorstellungen zum Thema Asyl umgesetzt worden wären. Die Antwort des Freiheitlichen: ‘Auf die Frage, wenn das schon geschehen wäre, dass hier sehr viele nicht in der Schule wären: Dann wäre Wien noch Wien.‘“ https://www.tt.com/artikel/30845084/waldhaeusl-sager-entsetzen-nach-rechtsextremer-aktion-bei-schule Gemeint ist, dann wäre „Wien“ – wer immer das sein mag – besser dran. Nun, Waldhäusl hat damals nachgelegt, und die Ansage eines – kommenden – Bürgerkriegs gegen Migranten wurde bemerkenswerterweise nicht als skandalös empfunden: „ Nach dem Wirbel … betonte er am Donnerstag: ‘Ich stehe zu 100 Prozent zu dieser Aussage, denn die Wahrheit ist verträglich.’ Wenn die FPÖ-Asylpolitik vor 20 bis 30 Jahren umgesetzt worden wäre, ‘wäre Wien noch Wien’. Weiters äußerte er im Gespräch mit der APA erneut die ‘Angst, dass meine Enkelkinder einmal unsere Heimat Österreich mit der Waffe verteidigen müssen’. Waldhäusl sprach sich gegen ‘illegale Massenzuwanderung’ etwa aus der Türkei, aus Syrien und Afghanistan aus. ‘Wir werden um unsere Heimat kämpfen müssen, wenn wir dem nicht Einhalt gebieten’, meinte der Freiheitliche. Er sprach von einem ‘Anschlag auf unser christliches Abendland’. Hätte die FPÖ unter Jörg Haider ihre Asylpolitik tatsächlich umgesetzt, ‘hätten wir viele Straftaten im Ausländerbereich nicht’ und einen geringeren Anteil an ausländischen Häftlingen in den Strafanstalten.“ (Standard 02.02.2023) Die völkische Weltanschauung Für diesen eindeutigen Befund braucht der routinierte völkische Beobachter keine nähere Erhebung, ob denn die Eltern der angesprochenen Schüler tatsächlich „illegal“ nach Österreich eingereist wären, auch keine Informationen über allfällige „Straftaten“ aus diesem Personenkreis, und auch nicht über allfällige religiöse Bekenntnisse; er weiß es einfach, denn es ist „die Wahrheit“ – völkisch gesehen: Zuwanderer sind nun einmal kriminelle Sozialschädlinge und potentielle Feinde, und zwar völlig unabhängig davon, wie die angesprochenen Individuen beieinander sind, was sie in Österreich wollen und wie sie sich betätigen. Mit ihrer Herkunft ist alles wesentliche entschieden, und das gilt auch für die Kinder – ja, die gute alte Sippenhaftung ist da am Werk. Zuwanderer sind feindliche Eroberer, sogar wenn sie aufgrund einer volksfeindlichen Politik legal nach Österreich gekommen sind, und nach Meinung des völkischen Prognostikers sind spätestens seine Enkel gezwungen, den bewaffneten Kampf aufzunehmen, wenn Zuwanderung – die per se illegal ist, unabhängig von der Rechtslage – weiter geht. In einer Publikation, in der man solche Auskünfte nicht unbedingt vermutet hätte, nämlich im österreichischen Verfassungsschutzbericht des Jahres 2018, findet sich dazu folgender Hinweis: „ Von Teilen rechtsextremer Szenen, Bewegungen und Gruppierungen wird u.a. die Position vertreten, dass das ‘eigene Volk’ zu keinen Verbrechen fähig ist. Dagegen werden Gewalt- oder Sexualverbrechen, die beispielsweise von Migranten oder Personen mit Asylstatus begangen werden, in einschlägigen (Online-)Publikationen bzw. in sozialen Medien soweit instrumentalisiert, dass strafrechtsrelevante Tathandlungen ausnahmslos von diesen verübt werden können.“ (BM für Inneres, Verfassungsschutzbericht 2018. Wien 2019, S. 31) Wie kommen diese rechtsextremen Szenen, Bewegungen und Gruppierungen bloß auf ihre Idee? Die ist im rassistischen Weltbild eingeschlossen: Aus der Zugehörigkeit zur Heimat über ein paar Generationen folgt – zwar nur im Rassenwahn, dort aber konsequent – dass die homogene Volksgemeinschaft aus Individuen besteht, die einander kulturell gleichen und die deswegen mental und moralisch verbunden sind, was vielleicht sogar optisch an der Hautfarbe und am Gewand kenntlich sein mag, die daher jedenfalls „alle an einem Strang ziehend“ eine „Gemeinschaft“ bilden. Diese Vorstellung passt zwar nicht wirklich gut zur kapitalistischen Konkurrenz- oder „Ellenbogengesellschaft“, sie besteht aber auf dem Imperativ, dass die Volksgenossen von ihrer Identität her gar nicht anders können, als zwangsläufig und ganz generell ein umfassendes positives soziales Miteinander auszuleben – das ist das Dogma von der sozialen, harmonischen Volksgemeinschaft, auch ohne „Klassenspaltung“, übrigens. Übergriffe, Gemeinheiten, Vergewaltigungen bis zu Mord und Totschlag müssen daher irgendwie „von außen“ kommen; aus diesem Weltbild kommt sie nämlich, die „Ausländerkriminalität“. Eine damalige Staatssekretärin im Innenministerium hat in diesem Sinn mit der rassistischen Konstruktion des „Nachahmungstäters“ assistiert – es ging angesichts einer Häufung einschlägiger Ereignisse um die nicht zu leugnende Tatsache, dass waschechte österreichische (Ehe)Männer ihre Partnerinnen umbringen. Gemeint war, mit „Nachahmungstäter“: Brave Einheimische bringen „ihre“ Frauen um, weil sie sich ein schlechtes, nämlich „kulturfremdes“ Beispiel nehmen – das rassistische Weltbild ist wasserdicht. Das Szenario, in dem Waldhäusl seine Enkel zur Waffe greifen sieht, ist keine originelle Kreation des damaligen Landesrates oder der Identitären oder freiheitlicher Jugendlicher, die vom aktuellen FPÖ-Chef bei mancher Gelegenheit ausdrücklich gelobt werden. Mr. Branton Tarrant, der als Terrorist in Christchurch 51 wehrlose Leute umbrachte; der mutmaßliche Terrorist Franco A., der sich eine gefakte Identität als Flüchtling beschaffte und am Wiener Flughafen beim Ausheben einer Waffe erwischt wurde; der oder die Mörder des deutschen Politikers Lübcke; die Terroristen des „National-sozialistischen Untergrunds“; Teile der AfD; viele andere, darunter signifikant Mitglieder bewaffneter Staatsorgane; auch Terrorzellen, die Todeslisten anlegen – sie alle verbindet ein und dasselbe „Narrativ“, wie das heutzutage heißt, nämlich die Erzählung vom „großen Austausch“ der Bevölkerung, und vom deswegen anstehenden „Bürgerkrieg“. Der Terrorist von Halle – dessen Angriff auf die dortige Synagoge gescheitert ist; und der ersatzweise zwei Zufallsopfer getötet hat: „‘ Nach 2015 habe ich entschieden, nichts mehr für diese Gesellschaft zu tun, die mich mit Muslimen und Schwarzen ersetzt’, sagte er beim Prozessauftakt …“ (Kurier 22.7.2020) Dieser „Austausch“ wäre bekanntlich gerade noch durch einen anderen „Austausch“ zu verhindern, nämlich durch „Remigration“, also durch die Deportation von Migranten. Zum rechten Bürgerkrieg noch ein Literaturhinweis: https://www.magazin-auswege.de/data/2019/09/Bernhardt_El-Paso_Gewalt_die_einer_Liebe_entspringt.pdf Die Wertvollen und die Minderwertigen Da sind wesentliche weltanschauliche Fortschritte zu verzeichnen. Ein Jörg Haider hat es vor mittlerweile über 30 Jahren noch für notwendig gehalten, die Minderwertigkeit von Migranten ausführlich zu erläutern, inzwischen ist der Standpunkt wohl vielerorts ein fixer Bestandteil des Gefühlslebens, des nationalen „Wir-Gefühls“ , das sich u.a. bei sportlichen Höhepunkten austobt. „ Und man muss ja auch ganz ehrlich sagen, es hat sich ja auch als richtig herausgestellt, dass es nicht immer die Besten sind, die zuerst von zu Hause weglaufen. Dadurch haben wir eine riesige Kriminalität in diesen Einwanderungsbereichen bekommen. … Es gilt letztlich das sicherzustellen, was man auch unseren Eltern und Großeltern im Jahre 1945 nach dem Krieg gesagt hat. Als die vor dem Trümmerhaufen dieser Republik gestanden sind, hat man ihnen auch gesagt: Nicht abhauen von Österreich heißt die Devise, sondern die Ärmel aufkrempeln, fleißig arbeiten und dieses Land aufbauen. Und sie haben dieses Österreich hervorragend aufgebaut, aber das gilt auch für die Osteuropäer: Nicht abhauen von daheim, sondern selbst fest arbeiten und das Land aufbauen, und die reichen Länder werden euch ein bisschen behilflich sein.“ (Jörg Haider, Wahlkampfrede in St. Filippen am 24.9.1990, zitiert nach Goldmann / Krall / Ottomeyer, Jörg Haider und sein Publikum. Kla-genfurt/Celovec 1992, S. 139) So hat sich der Altmeister anlässlich der Migrationswelle nach der Auflösung des Ostblocks verbreitet. Die damaligen Minderwertigen stammten durch die Bank aus dem christlichen osteuropäischen Abendland, damals war der Islam noch kein Thema. Dem kann man immerhin entnehmen, dass die nationsbildenden Momente wie die Sprache oder auch die Religion oder auch die Hautfarbe als Index der Einstellung zur Nation relevant sind: Die Wertvollen zeichnen sich praktisch dadurch aus, dass sie alles mitmachen, sich alles gefallen lassen, im Krieg wie im Frieden. Sie sind die bedingungslos Zuverlässigen, die fraglos für alles zu Verfügung stehen, was das Land – das ihnen als „ihr“ Land gilt – gerade verlangt. Unverwüstlich jedenfalls, sogar wenn das Land, dem sie ergeben sind, eine kriegsbedingte Transsubstantiation durchmacht, vom faschistischen Dritten deutschen Reich zur demokratischen Zweiten österreichischen Republik. Die Wertvollen fragen nicht, was ihr Land für sie tun kann und was sie davon haben, sie tun alles für ihr Land, sie sind unverbrüchlich dabei und bis zum Exzess dafür. Sie sind treu – in schlechten Tagen, in Armut und Krankheit, bis dass der Tod usw. Darauf dürfen die „Eltern und Großeltern“ dann richtig stolz sein, weil sie tun, was „man ihnen gesagt hat“, nach Meinung der Machthaber, die ihnen sagen, was sie in Krieg und Frieden, in Faschismus und Demokratie alles zu tun haben. Von zu Hause wegzugehen und im Ausland kriminell zu werden, das ist komplementär eine schlüssige, naheliegende Laufbahn; aus völkischer Sicht. Nicht etwa, weil öfter der legale Erwerb in Österreich diskriminiert oder verboten wird – sondern weil schon das Fortgehen den Charakter demaskiert. Wer an sich denkt, wem seine Interessen wichtiger sind als das Vaterland, der hat sich quasi als „Deserteur“ betätigt. Ein wirklich anständiger Mensch geht mit und für die Heimat durch dick und dünn, macht unbeirrbar alle guten und schlechten Zeiten mit, wie die Politik sie ihm auferlegt. Wer hingegen die Frage nach seinem Nutzen oder Schaden stellt , wer berechnend für den persönlichen Vorteil ins Ausland unterwegs ist, der wird vermutlich in Österreich zum Verbrecher, denn alle ökonomischen Mechanismen und Momente der Lohnarbeit für Kapital, so wie nicht nur Haider sie ge schätz t hat , die zeitigen nach Art eines Sachzwangs das Ergebnis, nicht f ür sich zu schuften, sondern für Kapital und Staat, um „das Land aufzubauen“. Und d er Respekt vor dem Gesetz kommt in d ies em Weltbild aus der Heimatliebe, ein eher kärgliches Leben lässt sich der Patriot naturgemäß einleuchten, weil er so seinem Land dient. Wer diese praktische Selbstlosigkeit gegenüber der Heimat nicht aufbringt, weil er an sich denkt , wird auch im Ausland mit dieser Form der Arbeit Probleme kriegen, weil er damit garantiert nicht reich und glücklich wird, er ist daher ein potenzieller Krimineller. „ Wir sind das Volk! Die Ansprüche an das Volk, die Haider damals formuliert hat, die gibt es übrigens auch als Echo oder gleich als Forderung von „unten“, sie lautet: Wir sind das Volk! Das ist im Klartext die Aufforderung an die Machthaber: „Macht mit uns alles, was notwendig ist, für die Nation, aber eben mit uns, und nicht mit den Fremden!“ Woran ein Volkskanzler diese einzig wahre Gesinnung der Volksgenossen festmacht – Hautfarbe, Religion, Abstammung … – das bleibt ihm überlassen. Die österreichische Staatsbürgerschaft schützt übrigens nicht unbedingt vor dem obrigkeitlichen Befund, nicht hierher zu gehören. Was Anfang des Jahres auf einer zum Skandal aufgeblasenen Konferenz in Potsdam als „Remigration“ nur diskutiert wurde, dazu gab es in Österreich, unter der vorigen türkis-blauen Koalition, einen Probelauf. Ergänzung: Once upon a time in Österreich Die damalige österreichische R egierung – zur Erinnerung: türkis-blau, ÖVP und FPÖ, Kurz und Kickl – war 2017/ 2018 unzufrieden mit ihrem Volk , und wollte sich ein neues zurechtschustern, nach rassischen Kriterien, mit de m Entzug der Staatsbürgerschaft als Vorbedingung zur „Remigration“ : Die ( t ürkischen) Minderwertigen raus, die ( s üdtiroler) Wertvollen herein. So war er angedacht, so wurde er ein Stück weit umgesetzt, der gewünschte Austausch . Gescheitert, zumindest als ganz großer Wurf, ist das Vorhaben am österreichischen Verfassungsgerichtshof und an Italien. Das „Narrativ“, durch ordentliche Integration und sorgfältige Aneignung hiesiger Werte oder gar einer „Leitkultur“ könnten sich Ausländer die Existenzberechtigung in Österreich schon verdienen , hat sich wieder mal als erstunken und erlogen erwiesen – was in solchen Fällen zählt, ist die Rechtslage, und die kümmert sich nicht um die individuellen Anliegen, Interessen, Verhaltensweisen, politische Einstellungen etc., da wird der Mensch gnadenlos unter die für sein jeweiliges Kollektiv gültige Judikatur subsumiert. Woran man ebenfalls erinnert wird, das ist die Abneigung von Populisten aller Couleur gegen die Gewaltentrennung – dass also ein Verfassungsgericht einer Regierung gewisse Maßnahmen untersagt , und in der Position auch einem „Volkskanzler“ in die Parade fahren kann . Der Anlass bzw. Vorwand dieses „Austauschs“ war e in Verfassungsreferendum in der Türkei im Jahr 2017 über die Kompetenzen des Staatsp räsidenten; dieses hat, wie so oft bei türkischen Abstimmungen , ein grundverkehrtes Ergebnis gebracht, aus „unserer“ europäische r Sicht jedenfalls. Die w ahlberechtigte n Türken in Österreich haben ebenfalls grundverkehrt abgestimmt, aber „ u nsere“ Türken haben zu wählen, wie „wir“ wollen, und falls nicht, sind sie dran ! Nachdem sich das individuelle Wahlverhalten nicht kontrollieren lässt, sind mit dem Ergebnis die Türken in Österreich generell in der Ziehung . Staatsbürgerschaft hin oder her, w er falsch votet , muss wohl illegal hier sein ; der Verdacht gegen alle erreichbaren Betroffenen steht: „ Die Überprüfung illegaler österreichisch-türkischer Doppelstaatsbürgerschaften wird in Tirol nun zu einer ersten Aberkennung führen. In den nächsten Tagen soll der erste Aberkennungsbescheid ausgefertigt werden, bestätigte das Land einen entsprechenden Bericht der ‘Tiroler Tageszeitung’. Das Land möchte ein Musterverfahren durchführen, um Rechtssicherheit zu schaffen. Der Fall soll bis zu den Höchstgerichten durchgefochten werden, hieß es. Der Bescheid kann zunächst beim Landesverwaltungsgericht und danach beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden. … In dem aktuellen Fall soll es zwar deutliche Hinweise beziehungsweise Indizien auf eine illegale Doppelstaatsbürgerschaft geben, ein endgültiger Beweis fehle aber, berichtete die ‘TT’. Denn die türkischen Behörden würden jegliche Auskunft verweigern. Ob die vorliegenden Hinweise und Indizien für eine Aberkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft ausreichen, müssen letztendlich die Gerichte entscheiden. Nach dem türkischen Verfassungsreferendum im März hatte die FPÖ einen Datenstick mit rund 100.000 Namen von Türken in Österreich an das Innenministerium übermittelt. Anfang August sprach Parteichef Heinz-Christian Strache dann von 20.000 ‘Scheinstaatsbürgern’, die wegen der Teilnahme an dem Referendum die österreichische Staatsbürgerschaft verlieren müssten. In Tirol gibt es nach Sichtung der vom Innenministerium übermittelten Daten 1.838 Verdachtsfälle.“ ( Standard 2 3 . 11 .201 7 , https://www.derstandard.at/story/2000068333166/erste-tuerkisch-oesterreichische-doppelstaatsbuergerschaft-in-tirol-aberkannt) Die zuständigen Behörden begannen also mit ihren Amtshandlungen, das hat vielen Betroffenen schlaflose Nächte und etliche Anwaltskosten beschert, bis d as Verfassungsgericht die Daten der FPÖ – aus dubiose r Quelle unklarer Herkunft – als unzureichend e Grundlage für Ausbürgerungsverfahren befand . Wie um den gegen Türken unermüdlich wiederholten Stehsatz – In Österreich ist die doppelte Staatsbürgerschaft rechtlich nicht möglich! – zu dementieren, hat dieselbe Regierung nachgelegt, aber d er staats rechtlich anvisierte Import von Italienern war deren Vaterland gar nicht recht: „ Ein Zeitungsbericht über den Gesetzesentwurf zur Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler hat für Verwirrung gesorgt. … Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft würden ‘frühestens 2019/2020 gegeben sein’“… Ein Sprecher des Innenministeriums „ betonte hingegen erneut, dass Wien keine Schritte ohne die Zustimmung Roms und Bozens setzen wird. … Die italienische Regierung reagierte empört auf den Bericht.“ (Standard 23. 0 7.2018, https://www.derstandard.at/story/2000083992394/doppelstaatsbuergerschaft-regierung-dementiert-gesetzesentwurf) Komisch? Unter türkis-blau wird 2017/ 2018 so ein „ großer Austausch“ ein paar Monate lang angegangen, und alles ist ruhig auf Österreichs Straßen. Anfang 2024 gibt es kurzzeitig Aufregung in Deutschland , und schon wird auch in der Ostmark aus Demokratieverliebtheit das Bedürfnis nach einem geistigen Anschluss ans Altreich auf die Straße getragen – weswegen nochmal? Dazu der link: https://cba.media/651055…
 
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